Audi verkauft Ducati nun doch nicht
VW-Chef Matthias Müller wollte die Audi-Tochter Ducati zu Geld machen. Es wurde auch schon über Monate hinweg verhandelt. Doch nun ist das Geschäft abgeblasen. Was steckt dahinter?

Es hätte ein gutes Geschäft werden können − zumindest vordergründig. 860 Millionen Euro hat der Autobauer Audi 2012 für den italienischen Motorradhersteller Ducati ausgegeben. Mindestens 1,5 Milliarden Euro hätten die fünf Interessenten in der engeren Auswahl wohl für das Unternehmen bezahlt. Aber daraus wird nichts. "Ducati steht nicht zum Verkauf", sagte Audi-Vorstandsvorsitzender Rupert Stadler vor kurzem bei einem Hintergrundgespräch mit italienischen Journalisten während der Vorstellung des neuen A7.
Wie kam es zu dem überraschenden Umdenken? Offizielle Statements von Audi oder der Konzernmutter VW gibt es dazu nicht.
Bereits die Verkaufspläne waren vor einigen Monaten eher indirekt öffentlich geworden. Unter anderem deshalb, weil ein Sprecher des VW-Betriebsrates im Juni deutlich wurde. "Ducati ist ein Juwel, dessen Verkauf die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat von Volkswagen nicht unterstützen", wurde er vom "Handelsblatt" zitiert.
Audi wollte die Kassen wieder auffüllen
Nach Informationen der Heilbronner Stimme war der Impuls für die Verkaufsverhandlungen von VW-Konzernchef Matthias Müller ausgegangen. Der wollte im Zuge der Aufräummaßnahmen in der Folge des Dieselskandals nicht nur Ballast abwerfen, sondern auch die Kassen wieder etwas füllen. Schließlich wird der Skandal den Konzern alles in allem weit über 25 Milliarden Euro kosten. Davon muss die Tochter Audi einiges aufbringen, vor allem wegen des von ihr entwickelten, gelieferten und manipulierten Drei-Liter-Motors. Trotzdem wollte das Audi-Management Ducati nicht unbedingt loswerden.
VW hätte es jedenfalls ganz gut gepasst, wenn die 1,5 Milliarden Euro in der Audi-Kasse gelandet wären. Damit wäre der zusammengeschmolzene Gewinn wieder etwas hochgetrieben worden − und der landet wegen eines Gewinnabführungsvertrages weitgehend bei der Wolfsburger Mutter.
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Audi selbst hat zwar vom Ducati-Zukauf − der einst als eine Art Geburtstagsgeschenk für den damals allmächtigen VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch gedacht war − technisch wenig profitiert, doch Ducati schrieb immer schwarze Zahlen.
Die Gewerkschaften waren gegen einen Verkauf
Auch den Italienern scheint es unter dem Audi-Dach ganz gut gefallen zu haben. Sie haben vielleicht auch das Vorbild Lamborghini vor Augen − der Sportwagenbauer hat sich seit der Übernahme durch Audi gut entwickelt und profitierte dabei von der Beständigkeit und der Sicherheit der Jobs.
Jedenfalls berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg davon, dass die italienische Gewerkschaft gegen einen Verkauf war und dabei Unterstützung durch die Kollegen der IG Metall erfahren hat. Interessant dabei: Einige der fünf Interessenten für Ducati kamen aus Italien. Bloomberg nennt beispielsweise die Benetton-Familie und den früheren Eigner Investindustrial.
Letztlich soll aber ein anderer Aspekt den Ausschlag dafür gegeben haben, dass der eigentlich schon beschlossene Verkauf nun abgeblasen wurde. Denn auch die mächtigen Eigentümer-Familien Porsche und Piëch der Holding Porsche SE, die die Mehrheit an der VW AG hält, haben sich wohl gegen den Verkauf ausgesprochen. Das berichtet zumindest das "Manager-Magazin".
Dabei dürfte wohl der Respekt vor einem Wunschzukauf ihres Verwandten Ferdinand Piëch keine Rolle gespielt haben. Der hat sich mittlerweile mit den meisten Mitgliedern der Familie überworfen. Sein Cousin und Gegenspieler Wolfgang Porsche hatte ihn erst kürzlich in einer ZDF-Dokumentation scharf angegriffen. Es gibt in der Familie also keinen Grund mehr, auf die Gefühle des einstigen Patriarchen Rücksicht nehmen zu müssen.
Kein konkreter Verkaufsdruck
Wichtiger könnte vielmehr gewesen sein, dass die Zahlen bei VW wieder besser aussehen, Audi stabil unterwegs ist und die Tochter Porsche immer noch glänzend verdient. Die bisher bekannten Belastungen durch die Dieselaffäre können also gemeistert werden. Ein konkreter Verkaufsdruck, um die Kassen zu füllen besteht also nicht.
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Außerdem signalisiert ein Verzicht auf einen solchen Verkauf den Finanzanalysten und der Öffentlichkeit, dass der Konzern noch stark ist. Das gilt für den Moment. Denn gleichzeitig läuft auf Hochtouren ein Spar- und Effizienzprogramm. Und in diesem Zusammenhang ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, ob Ducati auf Dauer zu Audi und VW passt.
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