Duesmann geht, Döllner kommt: Chefwechsel an der Spitze von Audi
Markus Duesmann muss nach drei Jahren an der Spitze bei Audi seinen Hut nehmen. Gernot Döllner übernimmt am Freitag den Chefposten. Der 54-Jährige soll bei Audi vor allem für Ruhe sorgen.

Seinen ersten Arbeitstag verbringt Gernot Döllner an diesem Freitag (1. September) nicht in Ingolstadt. Der neue Audi-Chef ist wie Hunderte andere Topmanager des VW-Konzerns nach Barcelona gereist. Dort stimmt Konzernchef Oliver Blume seine wichtigsten Führungskräfte auf die Herausforderungen der nächsten Monate und Jahre ein. Davon gibt es gerade bei Audi viele. 20 Modelle sollen in den nächsten zwei Jahren in den Handel rollen. Der Absatz in China schwächelt, in den USA sollen künftig deutlich mehr Modelle mit den vier Ringen einen Käufer finden.
Die Liste von Döllner ist lang. Daher lässt der 54-Jährige auch keine Zeit verstreichen. Insider berichten, dass er parallel zu seinem bisherigen Job als Chefstratege des Konzerns in den vergangenen Wochen häufig am Stammsitz des Unternehmens in Ingolstadt gesichtet wurde. Während des Betriebsurlaubs hat sich der Neue auf dem Chefsessel von Audi dem Vernehmen nach auf dem firmeneigenen Testgelände in Neustadt an der Donau aktuelle und künftige Modelle für Testfahrten bereitstellen lassen.
Kein Kaltstart für Audis neuen Chef Gernot Döllner
Für Gernot Döllner wird es kein Kaltstart bei Audi wie für seinen Vorgänger Markus Duesmann, der seinerzeit von BMW zu Audi gekommen war. Döllner ist das, was man sich unter einem typischen Konzerngewächs vorstellt. Nach seinem Studium in Maschinenbau, Konstruktions- und Fahrzeugtechnik in Braunschweig kam er 1993 als Doktorand zu Volkswagen. 1998 wechselte er zu Porsche und bekleidete dort verschiedene Funktionen.
Einen Namen hat sich der neue Audi-Chef auch bei den Eigentümerfamilien Porsche und Piech vor allem in der Zeit von 2011 bis 2018 als Leiter der Baureihe Panamera gemacht. „Baureihenleiter bei Porsche, das ist wie eine Firma in der Firma. Da muss man alle zusammenbringen - vom Entwickler über den Einkäufer und Controller bis hin zu den Spezialisten aus der Produktion, sagt ein ehemaliger Topmanager im Gespräch mit unserer Zeitung.
Neuer Audi-Chef Döllner ist kein Einzelgänger wie Duesmann
Vor seinem Wechsel nach Wolfsburg war er Leiter Produkt und Konzept bei Porsche. In seiner Funktion als Konzernstratege von Volkswagen kümmerte sich der 54-Jährige zuletzt um die langfristige Modell- und Produktionsstrategie zukünftiger Modellreihen. Daher weiß der Audi-Boss ganz genau, was auf ihn zukommt und wo er ansetzen muss. „Es wird jetzt wieder viel detaillierter als bei Duesmann. Der Neue weiß ganz genau, welche Fragen er stellen muss und wo es hakt“, sagt ein Audi-Manager, der in den vergangenen Wochen bereits mit Döllner im Gespräch war.

Vorgänger Markus Duesmann hingegen galt vielen im Unternehmen in seinen drei Jahren als Phantom. Intern kaum präsent, dafür umso mehr nach außen mit für die Belegschaft teils verstörenden Aussagen zu Tempolimits und autofreien Sonntagen. Duesmann galt als Einzelgänger, der mitunter nicht einmal seine Vorstandskollegen rechtzeitig ins Boot geholt hatte. Und der Neue?
„Zunächst einmal bin ich ein Teamplayer, der erst zuhört und analysiert, bevor er entscheidet“, schreibt Gernot Döllner in einem Brief an die Belegschaft, der der Heilbronner Stimme vorliegt. „Ich bringe Einiges an automobiler Erfahrung mit, verbinde meine tiefe Produktkenntnis mit strategischer Planung. Dabei respektiere ich die Meinung und Kompetenz meines Teams. Ich fordere das sogar aktiv ein.“
Neuer Audi-Chef Döllner trifft auch knallharte Entscheidungen
Döllner sei aber auch einer, so berichten es Konzernmitarbeiter, die schon lange mit ihm zu tun haben, der knallharte Entscheidungen trifft, falls es nötig sein sollte. Die entsprechende Rückendeckung dürfte dem neuen Audi-Chef jedenfalls sicher sein. Schließlich ist er ein enger Vertrauter von Konzernchef Blume, mit dem er lange bei Porsche zusammengearbeitet hat.
Was Döllner mit seinem Vorgänger Duesmann eint, ist das Thema Elektromobilität. Auch Gernot Döllner ist schon lange ein Verfechter der lokal emissionslosen Antriebsform und fiebert den neuen E-Autos entgegen, die im neuen Jahr auf die Straße kommen sollen.
Gute Chancen für Audi Neckarsulm für zwei E-Autos
Hört man sich in der Belegschaft um, hört man zumeist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter froh sind, dass da nicht wieder einer von außen kommt, sondern einer mit Stallgeruch aus dem Konzern. In den oberen Etagen stellen sich einige allerdings die Frage, wie viel Porsche Audi und der gesamte Konzern verträgt. So gilt zum Beispiel als gesetzt, dass der elektrische Macan 2024 auf jeden Fall vor dem Audi Q6 E-Tron in den Handel kommen soll. Zum 75. Geburtstag haben die Zuffenhausener einen elektrifizierten Sportwagen für die Zukunft vorgestellt.
Was bedeutet das für einen möglichen Nachfolger des R8 aus Heilbronn, dessen aktuelle Generation im Frühjahr 2024 ausläuft. Fragen, auf die Gernot Döllner zeitnah eine Antwort finden muss. Gleiches gilt für die künftig Werkbelegung. Die soll nach Informationen unserer Zeitung bis Ende Oktober, Anfang November stehen. Insidern zufolge stehen die Chancen derzeit sehr gut, dass der Standort Neckarsulm die zwei vollelektrischen Luxus-Autos Landyacht und Landjet in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts produzieren wird.
Duesmann bleibt Berater
Der neue Audi-Chef hat viel vor sich. "Der Gernot ist der richtige Mann für den Job, der kriegt das hin", soll Konzernchef Oliver Blume relativ früh im kleinen Kreis gesagt haben. Im Mai, so erzählt man sich, habe die intensive Suche nach einem Nachfolger für Markus Duesmann begonnen. Der bleibt dem Unternehmen offiziell bis Ende 2025 als Berater erhalten. Grob geschätzt dürften dem Ingenieur noch etwa zehn Millionen Euro an Zahlungen zustehen.
Oft sehen wird man ihn im Unternehmen aber wohl nicht mehr. Vergangene Woche Dienstag hatte Volkswagens Personalvorstand zum Abschiedsessen für Duesmann in die Autostadt nach Wolfsburg geladen. Neben dem kompletten Audi-Vorstand waren dem Vernehmen nach auch einige Topmanager von VW dabei. So oder so ist die Zeit, in der Duesmann bei Audi mitentscheiden konnte, ab heute zu Ende.



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