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Wirte ärgern sich über Gäste, die Tische reservieren und nicht kommen

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Nicht abgesagte Reservierungen tun Wirten in Krisenzeiten besonders weh. Manche verlangen Storno-Gebühren. Seit Corona zeigt die Schwänzer-Kurve nach oben.

Ratskeller-Chef Rainer Mosthaf freut sich über jeden Gast, der vorbestellt. Wenn jemand aber seine Reservierung nicht absagt, kann Mosthaf sauer werden.
Ratskeller-Chef Rainer Mosthaf freut sich über jeden Gast, der vorbestellt. Wenn jemand aber seine Reservierung nicht absagt, kann Mosthaf sauer werden.  Foto: Veigel, Andreas

Dass Gäste Tische oder gar ganze Räume reservieren und dann einfach nicht erscheinen, ist in der Gastronomie ein Dauerbrenner. Es gibt dafür sogar einen Fachbegriff: No-Shows, erklärt Daniel Ohl als Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Baden-Württemberg.

Ohl weiß von Gästegruppen, die für einen Abend in mehreren Lokalen buchen, um sich am Ende "spontan" für eines zu entscheiden. Wirte aus der Region berichten von ähnlichen Erfahrungen.

Krasse Fälle aus der Region

"Wenn jemand kurzfristig krank wird und vergisst abzusagen, gebongt! Aber mitunter ist"s besonders krass", sagt Rainer Mosthaf als Chef des Heilbronner Ratskeller. "Neulich hat eine Firma 20 Plätze im Nebenzimmer reserviert und am Ende ist keiner gekommen - ohne abzusagen, an einem Freitagabend, das tut in der Kasse richtig weh."


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Nicht abgesagte Reservierungen: Kein Gespür


Martin Kübler, der heute das Bad Rappenauer Golfclub-Restaurant 19 führt, erzählt vom Fall eines Praxis-Teams aus seiner Zeit in der Neckarsulmer Ballei. "Da ist uns eine ganze Gesellschaft weggebrochen. Ein rechtzeitiger Telefonanruf hätte gereicht. Wir hätten die Plätze dreimal vergeben können, so gingen uns 1800 Euro flöten." "Das ist nicht gerade die feine Art. Vor allem für die gehobene Gastronomie ist sowas natürlich bitter", erklärt Uwe Straub vom Landturm bei Lauffen. "Wenn zwei Gäste ausfallen, fehlen beim Umsatz gleich mindestens 150 Euro, umgerechnet der Tageslohn für einen Mitarbeiter."

Hierzulande keine gesicherten Zahlen

Verlässliche Zahlen über eine Zunahme, etwa vor dem Hintergrund des oft beklagten "Sittenverfalls" gibt es laut Dehoga-Sprecher Ohl nicht. In der Deutschschweiz sei die Quote laut Gastro-Onlineportal Lunchgate von 0,1 Prozent nach dem Corona-Lockdown auf 0,6 Prozent in die Höhe geschossen.

So oder so habe sich das Problem laut Ohl durch die Corona-Ausfälle, die Energiekrise und den akuten Mitarbeitermangel verschärft. Mit der Krise sei die Zahl der Dehoga-Mitglieder im Lande von 30 000 vor Corona auf 27 000 geschrumpft. Gleichzeitig hätten aus Kostengründen etliche die Öffnungszeiten reduziert. "Da müssen fixe Kosten statt in sieben oder sechs Tagen in vier oder drei Tagen erwirtschaftet werden. Wenn nur ein Tisch wegbricht, schmerzt das noch mehr als früher."

Was alles noch dazukommt

Weitere Punkte, warum solche No-Shows stärker zu Buche schlagen: "Die Leute gehen inzwischen viel früher nach Hause und essen später nichts mehr. Außerdem gibt es kaum noch Laufkundschaft, die spontan einkehrt", berichtet Rainer Mosthaf. Er führt dies vor allem auf die Corona-Zeit zurück, wo Reservierungen zur Regel wurden. "Früher hatte man einen freien Tisch schnell besetzt. Das ist vorbei." Möglicherweise trügen auch Online-Buchungen zu No-Shows bei, "weil das eher anonym ist".


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Storno-Gebühr oder Verrechnung

Uwe Straub und seine Frau Xenia indes haben den Eindruck, dass es im "Landturm" gerade durch die Pandemie "besser geworden" ist: "Die Leute haben gelernt anzurufen, Namen und Telefonnummern werden registriert, es läuft professioneller." Inzwischen arbeiten Straubs mit einem Reservierungssystem, über das der Gast mit zwei Häkchen die Geschäftsbedingungen akzeptiert und Kosten übernehmen muss, wenn er nicht rechtzeitig absagt. "Auf diese Weise kann man die Leute auch sensibilisieren, dass wir das nicht alles als Hobby betreiben, sondern davon leben müssen."

Andere Länder seien hier schon weiter. So berichten Straubs von ihrem Südafrika-Urlaub, für den sie bereits in der Heimat per Kreditkarte Tische reservieren konnten und die fällige Gebühr später beim Essen verrechnet wurde. Auf Sylt gebe es für alle Lokale sogar ein einheitliches System, über das No-Show-Gäste zur Kasse geben werden können. Ähnliches wünschen sich Straubs vom Dehoga.

Dehoga gibt Kollegen Tipps

Dehoga-Kreischef Kübler und Sprecher Ohl geben zu bedenken: Jedes Lokal hat andere Voraussetzungen, je nach Größe, Profil, Lage. Manche würden sich tatsächlich über Storno-Gebühren absichern, gerade bei Gesellschaften sei dies ratsam. Bei einzelnen Gästen sind sie vorsichtig. "Man will ja niemanden vor den Kopf stoßen. Und die meisten sind ja nett und anständig." Aufklärung sei deshalb das A und O. So stellt der Dehoga Mitgliedern ein Papier mit "Tipps und Arbeitshilfen zur Verhinderung von No-Show-Schäden" zur Verfügung und erklärt, wie man Gäste sensibilisiert und sich als Wirt absichert.

No-Show-Studie aus der Schweiz

Laut Schweizer Onlineportal Lunchgate lag die No-Show-Rate von 2013 bis 2020 relativ konstant bei 0,1 Prozent, also jeder 1000. reservierte Tisch blieb leer. 2020 ist sie auf 0,2, 2021 auf 0,4 und bis Januar 2023 auf 0,6 Prozent gestiegen. Sie hat sich also versechsfacht. Die Erhebung bezieht sich auf zehn Millionen Buchungen in der Deutschschweiz seit 2013. Die Verfasser sehen einen Zusammenhang mit dem Corona-Lockdown, weil die Rate nach der Öffnung rapide und kontinuierlich stieg. Besonders hoch sei die Quote bei Telefon-Reservierungen mit "internationaler Ländervorwahl" und in Tourismusregionen. Die meisten No-Shows gebe es am Wochenende und abends. Stammgäste würden kaum unentschuldigt fehlen.

 

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