Kohlensäure wird knapp: Sorge bei Getränkeherstellern in der Region
Mineralwasserhersteller und Brauereien im Heilbronner Land beobachten Entwicklung von Mangel und Preisen mit großer Sorge.

Anfang der Woche machte ein unscheinbarer Stoff aufgrund seines Mangels Schlagzeilen: Kohlensäure. Für ihre Erzeugung wird CO2 benötigt. Das Kohlendioxid entsteht wiederum quasi als Abfallprodukt bei der Herstellung von Düngemitteln. Und deren Fabrikanten haben aufgrund der gestiegenen Gaspreise ihre energieintensive Produktion zurückgefahren. Das Problem ist schon in der Region angekommen.
Auch wenn die Gemminger Wüteria Mineralquellen GmbH ihre Sprudelwasser, Fruchtschorlen und Limonaden noch ohne Einschränkungen abfüllt, sieht Manuel Völkel die Lage mit Sorge: „Wir produzieren ganz normal, aber deutlich teurer“, sagt der Wüteria-Gesellschafter und Assistent der Geschäftsführung. Die Knappheit sei nicht nur am Preis spürbar. Kohlensäure würde auch rationiert. Einmal sei vor einigen Wochen sogar der Tank leer gegangen, „das kam vorher noch nie vor“.
Im Sommer wird es immer knapp
Preiserhöhungen und eine gewiss Knappheit über die Sommermonate sei man zwar gewöhnt. Denn auch wenn Wüteria die Kohlensäure über die in München ansässige Linde-Gas-AG bezieht: Produziert wird sie in der Regel bei BASF in Ludwigshafen. Und der Chemiekonzern, weiß Völkel, gehe schon seit sechs Jahren im Sommer in Revision und warte seine Anlagen. So werde schon lange gerade in der Zeit die Düngemittel- und damit die Kohlensäureproduktion zurückgefahren, wenn die Menschen am meisten zum Wasser greifen.
Brauer-Verbände warnen aktiv
Oder zum Bier. Immerhin, bei Palmbräu ist bisher noch alles im grünen Bereich. „Wir haben noch keine Probleme“, sagt Oliver Kohler. Der Prokurist der Eppinger Brauerei berichtet: „Vor kurzem haben wir noch eine Lieferung bekommen und auch noch keine Mitteilung gekriegt.“ Allerdings habe er von der Problematik gehört. Der Brauer-Bund und die Verbände seien bereits aktiv geworden und hätten ein Schreiben aufgesetzt. Kollegen aus der Rhein-Neckar-Region, mit denen er sich unterhalten habe, hätten schon Probleme. Daher fürchtet Kohler auch Einschränkungen bei der Palmbräu-Bierproduktion: „Das kann alles noch kommen.“
Preisanpassungen nicht möglich

Manuel Völkel von Wüteria macht hingegen der Preis zu schaffen: „Wir zahlen das Dreifache wie sonst“, und das schon seit Mai. Umzulegen sind die gestiegenen Produktionskosten, zu denen zusätzlich zum Kohlensäurepreis auch erhöhte Dieselpreise beitragen, erstmal nicht: „Wir müssten die Preise eigentlich anpassen, haben fürs laufende Jahr aber Preisgarantien abgegeben.“ Seine Sorge formuliert Völkel noch vorsichtig: „Sollten die Preise weiter steigen, wird das ein Problem.“
Zu keiner Stellungnahme bereit ist der Chef von Teusser Mineralbrunnen in Löwenstein. „Wir haben die gleichen Informationen wie alle anderen auch und die gleichen Probleme“ ist die einzige Aussage, die Rainer Rössle auf Anfrage tätigt.
Feuerwehr bleibt handlungsfähig
Wer an Kohlensäure denkt, hat zwar sprudelnde Getränke vor Augen. Doch wird der Stoff, beziehungsweise CO2, noch für viele andere Anwendungen benötigt. Etwa zum Feuerlöschen. Der Leitstellendisponent der Heilbronner Berufsfeuerwehr, Johannes Mentzen, gibt jedoch Entwarnung: „Das benötigen wir nur in großen Ausnahmesituationen.“ Die Kohlensäure in dem Behälter, der seit 15 Jahren noch nie benutzt wurde, habe aber keine Lebensmittelzulassung. Sie käme zum Einsatz, „wenn etwa große Mengen Flüssigkeiten brennen“.
Wie Lieferant Linde-Gas auf den Mangel reagiert, „ist regional unterschiedlich“, so ein Pressesprecher des Konzerns. Für das große Unternehmen sei Kohlensäure ein Produkt von vielen, daher gebe es dazu noch kein offizielles Statement. Der zuständige Regionalleiter war bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen.
Stichwort: Multitalent
H2CO3 ist die chemische Formel für Kohlensäure. Sprudel entsteht, wenn sich Kohlendioxid, also CO2, mit H2O, also Wasser, verbindet. Für die Produktion wird CO2 mit hohem Druck ins Wasser geleitet.
CO2 wird aber nicht nur für die Herstellung von kohlensäurehaltigen Getränken benötigt. Es spielt auch in anderen Wirtschaftszweigen eine Rolle, dient etwa in der Fleischindustrie zur Betäubung von Tieren vor dem Schlachten oder es sorgt in der (Lebensmittel-)Verpackungsindustrie für Schutz vor Keimen.




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