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Jahre vor ChatGPT: Dieses Trio etablierte KI an der Hochschule Heilbronn

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An der Hochschule Heilbronn beschäftigten sich Professoren schon mit Künstlicher Intelligenz, als vermutlich die wenigsten überhaupt etwas mit der Abkürzung "KI" anfangen konnten. Das Trio hat auch in Zukunft noch einiges vor.

Gilt für viele an der Hochschule als das Trio, das Künstliche Intelligenz nach Heilbronn gebracht hat: Wendelin Schramm (links), Alexandra Reichenbach und Nicolaj Stache.
Gilt für viele an der Hochschule als das Trio, das Künstliche Intelligenz nach Heilbronn gebracht hat: Wendelin Schramm (links), Alexandra Reichenbach und Nicolaj Stache.  Foto: Gajer, Simon

Künstliche Intelligenz (KI) hat in einer rasanten Geschwindigkeit in der Gesellschaft einen wichtigen Platz eingenommen. Mit Anwendungen wie ChatGPT wird der Einsatz für viele Menschen zum Alltag. Heilbronn soll bei KI ein entscheidendes Wort mitreden und die Zukunft mitgestalten: Den neuen Innovation Park Artificial Intelligence (IPAI) sollen Firmen mit Leben füllen. Dabei setzen die Verantwortlichen auch darauf, dass sich die zukünftigen Nutzer miteinander vernetzen.

Nur: In Heilbronn ist KI schon viel länger ein Thema. An der Hochschule Heilbronn haben sich damit schon Professoren beschäftigt, als niemand an einen KI-Park gedacht hat und vermutlich die wenigsten überhaupt etwas mit der Abkürzung "KI" anfangen konnten. Die drei Forscher gelten deshalb für viele an der Hochschule als die Menschen, die Künstliche Intelligenz nach Heilbronn gebracht haben. Alexandra Reichenbach, Wendelin Schramm und Nicolaj Stache stehen hinter dem Zentrum für Maschinelles Lernen (ZML). Und sie haben noch viel vor.

Künstliche Intelligenz an der Hochschule Heilbronn: Skepsis war groß

"Wir hatten den richtigen Riecher", sagt Nicolaj Stache. Er berichtet von den Anfangsjahren, die nicht einmal ein Jahrzehnt zurückliegen. Damals wollten sie Vorlesungen zum sogenannten Deep Learning etablieren – das als ein Teilgebiet von maschinellem Lernen gilt. Schon seit 2017 stünden diese Kurse allen Studierenden der Hochschule offen.

Nur: Ein Selbstläufer war das nicht. "Wir hatten Überzeugungsarbeit zu leisten", sagt er. Die Skepsis unter Kollegen sei groß gewesen: Steht dahinter tatsächlich etwas Etabliertes, für das sich eine eigene Vorlesung lohnt, oder geht es nur um einen kurzfristigen Hype, der bald schon wieder vergessen ist? Das Trio blieb hartnäckig.

Interdisziplinäres Trio etabliert KI an der Hochschule Heilbronn

Die drei Professoren fanden eher zufällig zusammen und bemerkten, dass sie alle in dieselbe Richtung wollen als Arzt (Wendelin Schramm), Ingenieur (Nicolaj Stache) und Informatikerin/Neurowissenschaftlerin (Alexandra Reichenbach). Darauf fußt die Zusammenarbeit: Sie verstehen KI so, dass man Themen interdisziplinär angehen muss, sagt Alexandra Reichenbach.


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In ihrem Fall heißt das, dass sie aus ihren Teilbereichen beispielsweise die Themen Autonomes Fahren, Gesundheitsökonomie und Gehirnerkrankungen zusammenbringen. Das scheint zunächst einmal wenig miteinander zu tun zu haben. Nur: Letztendlich geht es überall um die Verarbeitung großer Datenmengen. "KI braucht Daten", sagt Nicolaj Stache. Ein jüngstes Thema, bei dem Wendelin Schramm seine beiden Kollegen um Unterstützung bittet, verdeutlicht das: Er überlegt, digitale Rezepte auszuwerten, um Rückschlüsse über Krankheitsausbrüche ziehen zu können. "Wir profitieren vom Austausch untereinander", sagt Nicolaj Stache.

KI als Werkzeug, um Probleme zu lösen

Der Erfolg gleich zu Beginn gab ihnen Recht, vom Bund gab es eine erste Förderung, und daraus entstand das ZML als eigenes Institut an der Hochschule. "Wir waren früh daran", sagt Wendelin Schramm. Das habe vielleicht auch damit etwas zu tun, überlegt er, dass sie eine Hochschule für angewandte Wissenschaften sind. "Wir müssen immer versuchen, das Gras wachsen zu hören." Also stets rechtzeitig zukünftige Trends auszumachen. Bei KI, für sie ein Werkzeug, um Probleme zu lösen, lagen sie richtig.

Weite Teile der Gesellschaft sind von der Geschwindigkeit überrascht, mit der KI in wenigen Wochen zum großen Thema wurde – für Schulen, Betriebe und Arbeitnehmer. Die drei Experten haben einen anderen Blick darauf. Alexandra Reichenbach relativiert den aktuellen Stellenwert. Das Thema habe in den zurückliegenden Jahrzehnten schon mehrere "Schweinezyklen" durchlebt, erzählt sie. Mal rückte es mehr in den Fokus, mal interessierten sich weniger dafür. Vor gut einem Jahrzehnt, sagt sie, sei KI ein weiteres Mal aus der Talsohle herausgekommen. "Dann ist es ziemlich schnell abgegangen."

Für die Forscher kommt Chat-KI nicht überraschend, das Tempo aber schon

Anwendungen sind schon viel länger in Teilen der Gesellschaft angekommen, ohne dass es den Menschen bewusst wird. Die drei erinnern an die kleinen Lautsprecher- und Mikrofonboxen, die in vielen Haushalten stehen und über die Einkaufslisten verwaltet oder die Haustechnik gesteuert werden. "Das sind kleinen Funken von KI, die im Gedächtnis bleiben", sagt Alexandra Reichenbach. ChatGPT kam für die drei nicht überraschend, die Technik dahinter sei schon lange auf dem Markt. "Es war erwartbar, dass es ein großes Ding wird", sagt sie. Die Geschwindigkeit aber habe selbst ihn als Experten überrascht, ergänzt Nicolaj Stache.


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Für Wendelin Schramm bedeutet der jüngste Schritt eine "Demokratisierung von KI", weil Einstiegshürden bei der Nutzung sehr niedrig seien: Für ihn bedeutet es aber Fluch und Chance zugleich. "Es ist Vorsicht geboten", betont auch Nicolaj Stache - auch weil nur große Unternehmen überhaupt das Geld hätten, die Infrastruktur für diese Anwendungen vorzuhalten.

Das planen die Professoren noch in Heilbronn

Als Heilbronn die Zusage für den KI-Park erhielt, fühlten sich die drei in ihrer Arbeit bestätigt. Zumal die Hochschule Heilbronn an der Bewerbung mitgearbeitet hat. Alexandra Reichenbach erwartet, dass mit dem IPAI noch weitere Sichtweisen nach Heilbronn kommen und man gegenseitig voneinander profitiert. Dabei haben sie auch die Unternehmen in der Region im Blick. "Wir lösen die Herausforderungen der Firmen vor Ort", so Nicolaj Stache – mit Hilfe von KI.

Zugleich wolle man dann die Betriebe dazu befähigen, die Projekte eigenständig weiter zu betreiben. Beim Zentrum für Maschinelles Lernen bleibt es nicht. Sie arbeiten an der School of Applied Artificial Intelligence, die zur zentralen Einrichtung bei KI-bezogenen Bildungs- und Forschungsaktivitäten werden soll. Auch neue Studiengänge sind geplant. "Wir werden neue Studiengänge zu angewandter KI etablieren", sagt Nicolaj Stache. Die neue Richtung beschreibt er so: Während Studenten beispielsweise andernorts einen Ingenieur-Studiengang besuchen und etwas KI mitbekommen, soll es in Heilbronn KI geben mit Vertiefung in Ingenieurwissenschaften. Auch im Blick haben sie jeden, der darüber hinaus an der Technologie interessiert ist. Fragen sind ausdrücklich erwünscht, eine eigene Internetseite mit Erklärungen ist in Arbeit. "Es besteht der Bedarf an einem möglichst niederschwelligem Zugang", sagt Nicolaj Stache.

 
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