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"Schön ist die Nacht": Journalist und Autor Christian Baron liest im Literaturhaus Heilbronn

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Ins Kaiserslautern der 70er führt der zweite Teil seiner autofiktionalen Trilogie. Nach "Ein Mann seiner Klasse" erzählt Christian Baron die Geschichte seiner beiden Großväter. Die Lesung im Trappenseeschlösschen geriet zum unterhaltsamen wie anregenden Abend.

"Es hat lange gebraucht, bis ich die Sprache gefunden habe": Christian Baron erzählt die autofiktionale Geschichte seiner Großväter Willy und Horst.
Foto: Mario Berger
"Es hat lange gebraucht, bis ich die Sprache gefunden habe": Christian Baron erzählt die autofiktionale Geschichte seiner Großväter Willy und Horst. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Manchmal kommt der beste Ratschlag für einen Autor nicht von seinem professionellen Lektor. Im Falle von Christian Baron ist es dessen Bruder gewesen - ein Jahr älter, kein Abitur, kein Studium - der ihm empfahl, doch die ganzen "Klugheitsbeweise" im literarischen Debüt "Ein Mann seiner Klasse" (2020) weg zu lassen. Also, raus mit den Zitaten von Franz Kafka und Édouard Louis. Dass die Autobiografie dadurch gewonnen hat, davon ist der Schriftsteller und Journalist aus Kaiserslautern überzeugt.

Mit "Schön ist die Nacht", erschienen im Claassen Verlag, hat Christian Baron im vergangenen Jahr seine Familienchronik fortgesponnen und eine Art autofiktionales Prequel geliefert zu seiner Herkunftserzählung - vom soziale Aufsteiger als Sohn eines gewalttätigen, alkoholabhängigen Vaters und einer depressiven Mutter. Am Donnerstagabend ist der 37-Jährige damit zu Gast im Heilbronner Literaturhaus und erklärt im Gespräch mit TV-Moderatorin Ariane Binder ("Kunscht"), was ihn dazu bewogen hat, sich die Geschichte seiner Großväter Willy und Horst auszumalen: "Ich wollte von der Rush Hour ihres Lebens erzählen." Und zeigen, dass das Wohlstandversprechen der sogenannten Wirtschaftswunderjahre nicht für alle galt.

 


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Den Großvater hat Christian Baron noch um Erlaubnis gefragt

In "Freundfeindschaft" verbunden können die beiden Männer im Kaiserslauterner Arbeitermilieu der 70er nicht ohne einander, wobei der schelmenhafte Horst den schicksalsergebenen Willy in dieser toxischen Beziehung immer wieder mit ins Verderben zieht.

"Es hat lange gebraucht, bis ich die Sprache gefunden habe", berichtet Christian Baron, der auch als Vorleser eine gute Figur macht und mit weichem Pfälzer Zungenschlag die Figuren lebendig werden lässt. Vom Großvater holte er sich vor dessen Tod die Erlaubnis, aus dessen Perspektive zu erzählen. Für Einblicke in den Alltag der einstigen Gastarbeiter sprach er mit deren Nachfahren. "Die Perspektive musste ich mir aus erster Hand holen."

Vom Schreiben "mit offenem Visier" und als heilsamen Prozess spricht Baron sowie von der Demut, die er im Leben gelernt hat. Nicht weil er schlau und ehrgeizig ist, ist ihm der soziale Aufstieg (mit gelegentlichen "Arroganzanfällen") geglückt, "sondern weil Menschen mir geholfen haben". Nach dem frühen Tod der Mutter kam der Zehnjährige einst bei einer Tante unter. "Das war meine Rettung."

 


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"Ein Mann seiner Klasse" soll in diesem Jahr verfilmt werden

Humorvoll, selbstreflektiert und mit klarer politischer Haltung präsentiert sich der Autor im gut besuchten Trappenseeschlösschen, berichtet vom Einstieg ins Schreiben als Lokalreporter bei der "Rheinpfalz" und von der Lektüre von Karl Marx" "Kapital" an der Uni in Trier: "Mir hat noch niemand unser heutiges Wirtschaftssystem besser erklärt als dieser Text."

Wie es mit der geplanten Lauterer Trilogie weitergeht? "Je nachdem, ob es der kleine Racker erlaubt", möchte er in seiner Elternzeit weiterschreiben, erzählt der werdende Vater und, dass Teil eins in diesem Jahr unter Federführung des SWR verfilmt werden soll. Regisseur der Fernsehadaption ist Marc Brummund ("Freistatt"). "Ich wünsche mir, dass es kein Sozial- oder Gewaltporno wird", so Baron.

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