Nach "Layla"-Aus in Würzburg: Droht ein Verbot auch auf dem Heilbronner Volksfest?
Gefeiert und getadelt: Der Partyschlager "Layla" von DJ Robin und Schürze bewegt die Massen. Auf dem Würzburger Kiliani-Volksfest soll das Lied aufgrund von Sexismus-Vorwürfen nicht mehr gespielt werden, die Besucher interessiert das wenig.

"Die Antwort kam vom Publikum!" Für Michael Müller sind es turbulente Tage. Fast wie aus dem Nichts ist "Layla", das Lied von ihm und DJ Robin, im Juni auf Platz 1 der offiziellen deutschen Single-Charts gestürmt. Schon bald machen Sexismus-Vorwürfe die Runde, im Text geht es um eine "Puffmama" und deren optische Vorzüge ("schöner, jünger, geiler"). Neuerlicher Höhepunkt: Ein Verbot auf dem Würzburger Kiliani-Volksfest. Ein Sprecher der Stadt sagt, als Veranstalter habe man den Festzeltbetreiber gebeten, das Lied nicht mehr zu spielen. Doch Videos in sozialen Netzwerken zeigen: Die Festzeltbesucher haben etwas Anderes im Sinn − sie stimmen das Lied einfach ohne musikalische Unterstützung von der Bühne an.
Genau das macht Michael Müller (31) alias Schürze, der aus Bühlertann im Landkreis Schwäbisch Hall stammt, stolz. "Man hat gemerkt, dass sich das Publikum nichts verbieten lässt." Die Sexismus-Vorwürfe hält er für unbegründet. Im Gespräch mit der Stimme sagt er: "Ich sehe nicht, dass Layla ansatzweise sexistisch ist, so wie es wenige gerade hinstellen." Die überwiegende Mehrzahl der Kommentare in den sozialen Netzwerken sieht er auf seiner Seite. "Da stehen Leute hinter uns, die die Musik vielleicht nicht mögen, aber die hören keinen Sexismus heraus."
Die Einschätzung eines Musikfachmanns klingt anders. "Natürlich ist das Lied sexistisch", sagt Michael Fischer, Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik an der Uni Freiburg. In dem Lied werde eine Frau namens Layla beschrieben und "in sexistischer Weise besungen, und das Video unterstützt das natürlich auch in seiner Bildsprache". Musikwissenschaftler Markus Henrik sagt gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): Das Lied ist "toxische Männlichkeit in einen Prollohit gegossen". Er sieht darin eine "schräge, unterbewusste Antwort auf die MeToo-Debatten der letzten Jahre".
Schürze sieht die kritischen Stimmen "in der deutlichen Minderheit"
Michael Müller verweist indes auf andere, in Festzelten gängige Stimmungslieder. "Es gibt viel schlimmere. Da müsste man 'Skandal im Sperrbezirk' auch sperren." Die kritischen Stimmen sieht er "in der deutlichen Minderheit". In leichter Abwandlung der Redewendung mit der Mücke und dem Elefanten sagt Müller: "Heutzutage wird schnell aus einer Erbse eine Ananas gemacht. Es ist ein Statement, wenn ein Großteil der Bevölkerung sagt ´lasst mal die Kirche im Dorf´."
"Layla" wird derzeit in allen Bierzelten Deutschlands rauf und runtergespielt, weiß Festwirt Karl Maier, also auch von Bands wie Hautnah und Tollhaus in seinem Göckelesmaier-Zelt auf dem Heilbronner Volksfest. "Die Leute rufen danach, ein furchtbarer Ohrwurm. Meine Kassiererin findet den Song richtig dumm und doof."
Auf den Text habe er bisher gar nicht so genau geachtet, als er sich ihn auf Stimme-Anfrage im Internet genau anschaut, meint Maier. "Also in Heilbronn werde ich jetzt nicht mehr eingreifen, aber für meine nächsten Feste werde ich mal mit den Musikern darüber reden." Im Grunde aber, so meint Maier, gäbe es "Lieder mit viel schlimmeren, richtig sexistischen Texten".
Situation auf dem Heilbronner Volksfest

Auch die Heilbronn Marketing GmbH hat sich mit "Layla" befasst und das städtische Rechts- und Ordnungsamt eingebunden. "Man kann zu den Liedtexten sicherlich eine differenzierte Haltung haben. Mich selbst sprechen diese Texte nicht an", betont HMG-Geschäftsführer Steffen Schoch. Ein Verbot käme aus Sicht der Stadt Heilbronn aber nur dann in Betracht, wenn durch die musikalische Darbietung ein Straf- oder Bußgeldtatbestand (zum Beispiel §§ 118, 119 OWiG) verletzt würde oder die öffentliche Ordnung negativ tangiert wäre. "Dies sehen wir nicht", sagt Schoch, zumal in der Kunst in anderen Bereichen, etwa in Film, Malerei, Comedy und Satire, ebenfalls Grenzen in Sachen Sexismus "ausgelotet werden", was letztlich unter die Kunst- und Meinungsfreiheit falle.
Diskussionen hier, Erfolg in der Bestenliste da. „Aktuell sieht es danach aus, als würde ‚Layla‘ die vierte Woche nacheinander auf Platz eins landen“, sagt Hans Schmucker von GFK Entertainment. Das Unternehmen ist für die Auswertung der offiziellen deutschen Charts zuständig. Auch in Österreich (Stand: Dienstagnachmittag) liegen DJ Robin und Schürze ganz vorne, in der Schweiz ist es Rang fünf. Top-Platzierungen für Schlager-Singles sind in Deutschland unüblich. Nicht einmal „Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer landete in der Vergangenheit ganz vorne.
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