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Die Nummer eins der Charts: "Layla"-Sänger stammt aus der Region

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Dass Partyschlager auf Platz eins der offiziellen deutschen Single-Charts landen, das ist sehr ungewöhnlich. "Layla" von Schürze und DJ Robin hat es geschafft - und gleich mal für einen Eklat gesorgt.

Michael Müller als Schürze bei einem Auftritt im Bierkönig.
Michael Müller als Schürze bei einem Auftritt im Bierkönig.  Foto: Inés Künstler und Events

Vor 50 Jahren, Ende Juni 1972, war es Daniel Boone mit "Beautiful Sunday", vor 25 Jahren Puff Daddy mit "I'll be missing you", vor zehn Jahren Die Toten Hosen mit "Tage wie diese" - und nun steht jemand an der Spitze der deutschen Single-Charts, der weder aus Birmingham, New York City noch aus Düsseldorf stammt, sondern aus Bühlertann im Landkreis Schwäbisch Hall. Und er macht auch keine Pop-/Rap- oder Rockmusik, sondern Schlager. Genauer: Partyschlager. Michael Müller heißt er, bekannter unter seinem Künstlernamen Schürze.  

Im Text geht es um eine - pardon - "Puffmama" und deren optische Vorzüge. Der erste Eklat ließ nicht lange auf sich warten: Die Junge Union Hessen veröffentlichte ein Video von ihrem Landestag auf Twitter, im Hintergrund lief "Layla", die Sexismus-Vorwürfe waren da. "Von jung bis alt singen die Leute gerade auf Mallorca und anderswo reihenweise mit, sogar 60- und 70-Jährige. Der eine findet es top, der andere lehnt es ab - das ist ok, jeder soll sein Ding machen", sagt Müller zu den Vorwürfen. Er betont: "Unsere Absicht ist auf keinen Fall, Prostitution zu verherrlichen."


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Dass die beiden Strophen und der Refrain nicht sonderlich tiefsinnig sind, weiß auch er. "Dieses Genre braucht lockere Lieder. Die Jungs und Mädels wollen mitsingen können, auch wenn sie schon ein paar Getränke intus haben. Ballernmann-Texte sollten lustig sein und zum Mitmachen verleiten." Einen Unterschied zu anderen Partyschlagern gebe es zudem. "Es geht bei 'Layla' nicht ums Saufen wie in 90 Prozent solcher Lieder, sondern es ist komplett ausgefallen." Auf in der modernen Musikwelt gängige, vulgäre Begriffe habe er verzichtet. 

Schlager findet man in den Single-Charts selten ganz vorne

Schlager sind nicht gerade Dauergäste auf Platz eins der Single-Charts. "Selbst eine Platzierung in den Top10 ist schon ungewöhnlich", sagt Hans Schmucker, Pressesprecher bei GFK Entertainment. Das Unternehmen wertet die offiziellen Charts für den deutschen Musikmarkt aus. Meist fänden sich Schlagerkünstler nicht einmal unter den Top100 - in den Album-Charts schon, nicht aber bei den Singles. Die vorherigen Top1-Platzierungen aus dem Genre laut Schmucker: Ramon Roselly hatte es 2020 mit "Eine Nacht" geschafft, davor war es 2013 Beatrice Egli mit "Mein Herz".

Eine weitere Sache verdeutlicht den Erfolg von Michael Müller. "Selbst Helene Fischer war mit 'Atemlos' nie auf Platz eins", sagt Hans Schmucker. "Dabei war sie 117 Wochen unter den Top100, hatte es als beste Platzierung aber nur auf Platz 3 geschafft." "Atemlos" schaffte es nicht, "Layla" schon. Wie kommt's? Bei GFK Entertainment tut man sich schwer damit, vollumfänglich zu erklären, warum es nun gerade dieses oder jenes Lied auf die Eins schafft.

Streaming spielt bei Musikverkäufen die Hauptrolle

"Es lässt sich ein bisschen dadurch erklären, dass bei den Corona-Einschränkungen Pause ist, die Leute rausgehen wollen, in den Urlaub fahren", sagt Schmucker. "Einen Sommerhit macht ja häufig aus, dass er von Urlaubern mit nach Deutschland gebracht wird." Auch Michael Müller sagt: "Die Leute freuen sich nun doppelt so arg, wieder feiern gehen zu dürfen." Dass es mit DJ Robin einen zweiten Interpreten gibt, spiele auch eine Rolle. Er ist DJ im Bierkönig, eines der Riesenlokale am Ballermann. "Das hilft bei der Vermarktung des Songs", sagt Müller. Auch DJ-Kollegen würden das Lied so eher abspielen. 

Was in den Charts heute anders als in früheren Zeiten ist: Mehr als 75 Prozent der Umsätze aus Musikverkäufen gehen nach Angaben des Bundesverband Musikindustrie inzwischen auf Streaming zurück, bei Singles spielen physische Verkäufe (CDs/Schallplatten) sogar praktisch keine Rolle mehr. Die Wochentrends deuten darauf hin, dass "Layla" bei Veröffentlichung der neuen Rangliste am Freitag noch Nummer eins sein wird. "Bis vor sechs Wochen hätte ich nicht gedacht, dass es so groß wird", sagt Müller, der drei Tage die Woche bei Recaro in Schwäbisch Hall schafft. Die restliche Zeit widmet er der Musik, tritt im Bierkönig auf Mallorca und auf anderen Feten auf. Lied und Melodie von "Layla" stammen aus seiner Mache, Produzenten und das Label Summerfield Records verpassten dem Ganzen den Feinschliff. 

Geselliger Typ und Faschingsfreunde

Und wie tickt dieser Michael Müller alias Schürze? "Ein Entertainer ist er schon lange, ein geselliger Typ wie die ganze Familie", sagt Sonja Gürth vom Fastnachtskomitee Bühlertann. Die Kommune liegt im Südosten des Landkreises Hall. Da, wo die Alteingesessenen nicht wie in weiten Teilen des Landkreises hohenlohisch-evangelisch, sondern schwäbisch und katholisch sind - der Nähe zum Wallfahrtsort Ellwangen wegen. Bühlertann bildet mit dem Nachbarort Bühlerzell die Hochburg des Faschingstreibens im Landkreis Hall. Klar, dass auch Michael Müller mitmischt - als Moderator der Prunksitzungen und bei den Feten im Anschluss an den Reglern.

Michael Müller mag den Bühlertanner Fasching.
Michael Müller mag den Bühlertanner Fasching.  Foto: Fastnachtskomitee Bühlertann

"Er war schon immer der, der für Stimmung gesorgt hat. Man hat schon früh gesehen, dass er für die Bühne gemacht ist. Dass es in so einem Erfolg mündet, konnte man natürlich nicht voraussehen", sagt Harald Pfitzer, Abteilungsleiter der Bühlertanner Fußballer. Nur am Trainingsfleiß auf dem Fußballplatz habe es - auch karrierebedingt - hin und wieder gefehlt. Für die Kreisliga-Reservemannschaft läuft Müller trotzdem auf. "Malle-Hits sind in der Kabine weit vorne", verrät Harald Pfitzer. "Fast noch besser ist es aber, wenn er selbst mit der Gitarre spielt." 

Beim Sport entstand übrigens der Künstlername des Musikers. "Ich war 18 oder 19 Jahre alt, zuvor immer schlank, und hatte über den Winter ein Bäuchle angelegt. Als ich dann in die Kabine kam, hieß es, 'du hast aber eine ordentliche Schürze bekommen'." Von ihr soll man, geht es nach Müller, künftig noch mehr sehen. "Die Marke Schürze will ich ganz groß haben." Der 31-Jährige weiß aber auch: "Das Partyvolk macht den Hit – nicht der Künstler, nicht der Produzent."

 

 

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