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Raser-Unfall in Heilbronn
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Tödlicher Unfall in der Wollhausstraße: Das Ende einer fröhlichen Familie

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Die Staatsanwaltschaft Heilbronn hat Anklage gegen den Raser aus der Wollhausstraße erhoben. Die Witwe des Unfallopfers ist Nebenklägerin. Wie es der Familie heute geht.

In der Wollhausstraße ereignete sich im Februar ein schrecklicher Unfall, bei dem ein Familienvater ums Leben kam. Die Witwe ist mit ihren Kindern inzwischen weggezogen.
In der Wollhausstraße ereignete sich im Februar ein schrecklicher Unfall, bei dem ein Familienvater ums Leben kam. Die Witwe ist mit ihren Kindern inzwischen weggezogen.  Foto: Veigel, Andreas

An einem Sonntag im Februar steigt Aniko S. mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern ins Auto. Am Tag zuvor hatten die Eltern noch gearbeitet, deshalb wollten sie am Sonntag etwas mit ihren Kindern unternehmen. Als sie in der Wollhausstraße losfahren, kommt ein Auto angerast. "Die Straße war leer", erinnert sich Aniko S.. "Wir sind nicht mal richtig gefahren." Trotzdem kracht der BMW in das Auto der Familie - mit fatalen Folgen.

Ermittlungen gegen Unfallverursacher sind soweit abgeschlossen

Der 42-jährige Vater stirbt bei dem Unfall. Seine Frau, seine Kinder und die Beifahrerin des mutmaßlichen Unfallverursachers werden verletzt. Der 20-Jährige sitzt seitdem in Untersuchungshaft,  die Staatsanwaltschaft hat nach Informationen der Heilbronner Stimme jetzt Anklage erhoben. „Die Ermittlungen sind soweit abgeschlossen“, teilt Staatsanwältin Mareike Hafendörfer mit, ohne die Anklageerhebung zu bestätigen. Über den genauen Abschluss könne sie noch keine Auskunft geben.


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Parallel wird laut dem Heilbronner Rechtsanwalt Christoph Troßbach eine zivilrechtliche Klage vorbereitet. In dem Strafrechtsverfahren wird Aniko S. als Nebenklägerin im Gerichtssaal sitzen, auch wenn es ihr schwerfallen wird. "Es ist mir wichtig, gehört zu werden", sagt sie. Sie will dem Angeklagten ins Gesicht sehen. "Ich möchte, dass laut ausgesprochen wird, was er getan hat." Auch stellvertretend für ihren Mann wolle sie die Stimme erheben.

Verteidigung des mutmaßlichen Unfallverursachers äußert sich vorerst nicht

Rechtsanwältin Elisabeth Unger-Schnell vertritt die Familie im Strafverfahren. Aus ihrer Sicht sollte das Erwachsenenstrafrecht angewandt werden. Im Jugendstrafrecht stehe die Erziehungsfrage im Vordergrund, es wird bei 14- bis 17-Jährigen angewendet, bis zu einem Alter von 20 Jahren ist das nach individueller Prüfung im Einzelfall ebenfalls möglich. "Das sehe ich nicht", erklärt Unger-Schnell. Die Verteidigung des BMW-Fahrers hingegen verweist auf die Anklageerhebung vor der Jugendkammer.

Unger-Schnell will außerdem prüfen, ob Mordmerkmale vorliegen. Das Urteil werde wegweisend sein, ist sie überzeugt. Ihr Kollege Rechtsanwalt Troßbach wird deutlich: "Das war kein Unfall, sondern ein Kapitalverbrechen." Anke Stiefel-Bechdolf, Verteidigerin des mutmaßlichen Unfallverursachers, will sich "außerhalb des Verfahrens weder zum Unfallhergang noch zur rechtlichen Bewertung" äußern.

Die Hinterbliebenen leiden unter den Folgen

Aniko S. erinnert sich nicht an den Aufprall, sie wacht im Krankenhaus wieder auf, fragt mehrfach nach ihrem Mann: "Ich konnte das gar nicht glauben", sagt die 42-Jährige. "Er war mein bester Freund", erzählt sie. 24 Jahre haben sie zusammen verbracht, neun davon waren beide verheiratet.


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Bei dem tödlichen Unfall trägt sie eine Verletzung am linken Auge davon, die ihre Sehkraft bis heute beeinträchtigt. Ihre siebenjährige Tochter hat eine Platzwunde an der Stirn, die noch immer nicht verheilt ist. Der vierjährige Sohn bricht sich das Schlüsselbein und steht unter Schock. Er sei die ganze Zeit bei Bewusstsein gewesen, sagt seine Mama. Noch immer wecke der Kleine sie nachts, um sicherzugehen, dass sie am Leben ist. "Es geht uns nicht gut", sagt Aniko S.. So sehr sie ihre Kinder auch auffange, alles drehe sich um Tod und Traurigkeit. "Wir sehen jeden Tag, was kaputtgegangen ist." Für die Familie hat sich im Bruchteil einer Sekunde alles verändert: "Hoffnungen, Träume - alles weg", sagt die Witwe. Plötzlich drehe sich alles nur noch um die Frage, wie man den nächsten Tag übersteht.

Ehefrau: Der Verstorbene sei ein toller Vater gewesen

Dabei sei ihre Familie gerade an einem Punkt gewesen, "an dem alles gepasst hat". Vor zweieinhalb Jahren ziehen sie aus Niedersachsen nach Heilbronn. Hier sollen es die Kinder besser haben, erzählt die 42-Jährige. Ihr Mann findet eine Arbeit in Lauffen, mit der er glücklich ist. Sie arbeitet ebenfalls. "Wir waren eine fröhliche Familie", sagt Aniko S.. Sie hätten viel gemeinsam mit den Kindern unternommen. Ihr Mann sei ein toller Vater gewesen. Jetzt muss sie ihre Kinder ohne ihn großziehen.

Die Witwe wird unterstützt von Familie und Freunden: "Wir stützen uns gegenseitig." Die große Anteilnahme habe sie sehr berührt, viele Menschen bieten immer wieder Hilfe an. "Dafür bin ich sehr dankbar", sagt sie. Selbst Fremde hätten an ihrer Tür geklingelt, um sie zu umarmen. Trotzdem ist das Leben schwer auszuhalten, auch wirtschaftlich. Ihr Mann war der Hauptverdiener. Immerhin habe die Pflichtversicherung des Täters, nachdem sie zunächst eine Zahlung abgelehnt hatte, inzwischen einen Vorschuss gezahlt. Alles Weitere hänge vom Ausgang der Verfahren ab, sagt Troßbach.

Witwe kehrt fast täglich an Unfallstelle zurück

Die Familie ist inzwischen umgezogen, weg aus der Wollhausstraße. Trotzdem kehrt die Witwe fast jeden Tag wieder zurück: "Ich kann den Ort nicht loslassen", sagt Aniko S.. So wie eines der Kinder, das sich nicht von Papas Lieblingspulli trennen kann. "Wir brauchen viel Kraft", weiß die Mutter.

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