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Ein Abend über Jean Asselborn, Radfahren und Weltpolitik in der Kilianskirche Heilbronn

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Zwei prominente Männer und viele brisante Themen: Der Theologe Heinrich Bedford-Strohm stellt in Heilbronn das neue Buch über den luxemburgischen Ex-Außenminister Jean Asselborn vor. 

"Jean Asselborn - Die Tour seines Lebens", so lautet der Titel des Buchs von Michael Merten (links). Heinrich Bedford-Strohm (rechts) stellte das Buch und seine Hauptperson (Mitte) in der Heilbronner Kilianskirche vor.
"Jean Asselborn - Die Tour seines Lebens", so lautet der Titel des Buchs von Michael Merten (links). Heinrich Bedford-Strohm (rechts) stellte das Buch und seine Hauptperson (Mitte) in der Heilbronner Kilianskirche vor.  Foto: Kunz, Christiana

Jean Asselborn, was wäre wohl aus ihm geworden ohne die EU? Das fragt Moderator Markus Becker vom „Spiegel“ den früheren luxemburgischen Außenminister zum Abschluss des eineinhalbstündigen Gesprächs in der Heilbronner Kilianskirche am Dienstagabend. Der 76-Jährige antwortet ohne zu zögern: „Radfahrer“.

Ein Buch über Jean Asselborn – und das Radfahren

So lag die Idee für das Buch von Michael Merten wohl auf der Hand: Im August 2024 begab sich der Journalist und Autor mit Asselborn auf eine zweiwöchige Rad- und Kennenlerntour – 1000 Kilometer legten die Männer auf ihren Rädern zurück, von Luxemburg bis zum Mont Ventoux, dem „Géant de Provence“ (Gigant der Provence), wie der Berg in Frankreich heißt. Er ist Sehnsuchtsort und Schicksalsberg für ambitionierte Radfahrer, auch Asselborn hat sich zig mal mit seinem Rennrad hinaufgekämpft, wie er den rund 700 gebannt lauschenden Zuhörern erzählt.

Die Abfahrt beim letzten Besuch vor wenigen Wochen blieb nicht folgenlos: Beim Versuch, einem Schaf auf der Strecke auszuweichen, verletzte er sich an der Achillessehne, saß deshalb in Heilbronn mit einem dicken orthopädischen Schuh auf der Bühne, um über das Buch mit dem Untertitel „Die Tour seines Lebens“ zu plaudern. In Heilbronn war der Auftakt zur Lesereise. 

Heinrich Bedford-Strohm ist nach Heilbronn gekommen, um das Buch vorzustellen

Dafür war auch ein weiterer Prominenter angereist: Heinrich Bedford-Strohm, der frühere Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland und aktuelle Vorsitzende des Ökomenischen Rats der Kirchen, eröffnete den Abend mit seinen persönlichen Anmerkungen zum Buch und dem Menschen, der darin porträtiert wird.

„Jean Asselborn ist in der Politik immer Mensch geblieben“, würdigte Bedford-Strohm die Hauptperson des Abends. Er sei auch in schwierigen Zeiten immer für Humanität eingetreten. Die Rede des Theologen und seine späteren Wortbeiträge sind auch eine Mahnung an die Anwesenden. Er mache sich Sorgen über „die Unbarmherzigkeit, die im Land eingezogen ist“, sagt er, gegenüber Politikern, aber auch anderen Personen des öffentlichen Lebens, die angefeindet und niedergemacht werden wegen ihrer Ansichten und Entscheidungen. Die Diskussionskultur, die es in einer Demokratie brauche, werde systematisch sabotiert. „Heute ist es der Normalfall, dass Beiträge im Internet von Emotionen getrieben sind.“ Der Filter des guten, seriösen Journalismus falle immer häufiger weg, jeder sei in den sozialen Medien „sein eigener Journalist“. 

Jean Asselborn stand im Zentrum der Weltpolitik

Asselborn war ein Akteur im Zentrum der Weltpolitik – das wird deutlich, als Bedford-Strohm aus dem Buch erzählt. Sergei Lawrow, der russische Außenminister, sei einst Asselborns Freund gewesen und sogar zu dessen 60. Geburtstag zu ihm nach Hause, nach Luxemburg, gekommen. Heute könne er sich nicht mehr vorstellen, ihm die Hand zu schütteln. Die tiefe Enttäuschung über den hinterhältigen Verrat der Russen komme im Buch heraus, erzählt Bedford-Strohm aus dem Inhalt.

Abend auf Einladung der Württemberger Gesellschaft

Es war ein Abend auf Einladung der Württemberger Gesellschaft über „Haltung, Verantwortung und die Zukunft Europas“, wie es im Einladungstext hieß. Er war gespickt mit Geschichten zur Lage der Welt, die nachdenklich machen und mit zahlreichen Anekdoten, die die Gäste schmunzeln ließen. Leider ging so manche sprachliche Feinheit angesichts der schlechten Akustik in der Kilianskirche in einem Sprachbrei unter.

Der Eindruck bleibt: Das Buch (Verlag Berg&Feierabend) handelt von einem von Grund auf sympathischen und empathischen Menschen, der gern lacht und trotz seines großen Erfolgs im Leben und der Macht, die er inne hatte, Mensch geblieben ist – und leidenschaftlicher Radfahrer.  

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