Deutsche Faktenchecker kritisieren Kurswechsel bei Facebook und Instagram
Bisher wurden Falschinformationen bei Facebook und Instagram häufig durch Faktenchecks aufgedeckt. In den USA soll damit künftig Schluss sein. Medienpartner von Meta in Deutschland kritisieren das.

Die Entscheidung von Meta-Chef Mark Zuckerberg, künftig auf externe Faktenchecks zu verzichten, sorgt für Kritik. Am Dienstag hatte der Tech-Milliardär einen umfassenden Kurswechsel angekündigt. Inhalte bei Facebook und Instagram sollen künftig nicht mehr von unabhängigen Faktencheck-Teams überprüft werden. Die Änderung soll zuerst in den USA greifen, ob und wann andere Länder folgen, ließ Zuckerberg offen.
Bisher lief es so: Inhalte, die falsch oder irreführend sein könnten, wurden von externen Teams überprüft. Dazu zählen je nach Land Medienhäuser oder Nichtregierungsorganisationen. In Deutschland arbeitet Meta mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa), der französischen Presse-Agentur (AFP) und dem Recherchenetzwerk Correctiv zusammen.
Nutzer bekamen nach der Prüfung einen Warnhinweis, dass die Faktenchecker den Inhalt als falsch oder irreführend bezeichnen und bekamen zusätzliche, einordnende Informationen. Außerdem wurden gekennzeichnete Inhalte weniger Menschen angezeigt.
Doch dabei könnten Fehler passieren und Inhalte gesperrt werden, die unproblematisch sind, sagte Zuckerberg. „Wir haben einen Punkt erreicht, an dem es zu viele Fehler und zu viel Zensur gibt.“ Es sei Zeit, zur Redefreiheit zurückzukehren. „Die Faktenchecker waren zu sehr politisch voreingenommen und haben mehr Vertrauen zerstört, als sie aufgebaut haben.“
Meta setzt bei Fake News künftig auf Community Notes - wie bei X
In Zukunft will Meta stattdessen auf Community Notes setzen, wie bei Twitter. Bei diesem System sind es nicht externe Faktenchecker, sondern bestimmte Nutzer, die falsche Informationen richtigstellen. Andere Nutzer können die Korrekturen oder Ergänzungen bewerten, die hilfreichste Ergänzung wird dann für alle veröffentlicht.
Auch Meta selbst will künftig weniger Inhalte prüfen. Künftig sollen nur noch Inhalte, bei denen es um schwerste Straftaten geht, einem Moderationsteam zur Überprüfung vorgelegt werden. In allen anderen Fällen will der Konzern erst einschreiten, wenn Nutzer einen Beitrag melden. Bei dem Thema teilte Zuckerberg auch gegen die Europäische Union aus: „Europa hat immer mehr Gesetze, die Zensur institutionalisieren“, sagte er. Deshalb werde Meta mit US-Präsident Donald Trump zusammenarbeiten, um Regierungen zu stoppen, die amerikanische Unternehmen „zu mehr Zensur zwingen wollen“.
Correctiv und AFP kritisieren Zuckerbergs Kurswechsel
Bei den drei deutschen Faktencheck-Organisationen, mit denen Meta zusammenarbeitet, kam die Nachricht nicht gut an. „Wir beobachten die Entscheidung von Meta kritisch, da sie die mangelnde Bereitschaft der Plattform unterstreicht, ihrer Verantwortung im Einsatz gegen Desinformation gerecht zu werden“, erklärt eine Sprecherin von Correctiv.
Die Kooperation mit Meta laufe noch bis Ende 2025 weiter. Außerdem habe Correctiv die Webseite www.faktenforum.org ins Leben gerufen, auf der Fake News plattformübergreifend richtiggestellt werden. „Als unabhängige Organisation setzen wir uns weiterhin mit Nachdruck dafür ein, faktenbasierte Informationen zu liefern und Falschmeldungen aufzudecken“, so die Sprecherin weiter.
Grégoire Lemarchand, Sprecher der französischen Nachrichtenagentur AFP, reagiert knapp. „Das ist ein schwerer Schlag für die Faktencheck-Community und den Journalismus. Wer beurteilen gerade die Situation.“ Von dem Kurswechsel habe AFP, wie alle anderen, durch das Zuckerberg-Video erfahren.
Die Deutsche Presse-Agentur kommentiert die Meta-Pläne auf Anfrage nicht genauer. „Dpa ist weiterhin Faktencheck-Partner von Meta. Wir haben einen laufenden Vertrag, zu dessen Details wir uns allerdings nicht äußern können“, sagt Sprecher Jens Petersen.
Plattformforscher: „Kniefall vor Trump“
Auch Experten hat Zuckerbergs Ankündigung überrascht. „Das ist ein Kniefall vor Trump und ein Versuch, das mehr schlecht als recht funktionierende Modell der Community Notes von Twitter/X zu kopieren“, findet der Plattformforscher Matthias Kettemann vom Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft. Die Pläne seien ein klarer Rückschritt.
Der Experte geht davon aus, dass Meta Probleme bekommen könnte, wenn es seinen Kurswechsel auch in der EU vollzieht. Denn dort gilt das Digitale-Dienste-Gesetz, mit dem die Plattformen verpflichtet werden, strafbare Inhalte umfassend zu löschen. Die EU-Kommission müsse die Lage nun neu bewerten.
Threads sollte eine Alternative zu Elon Musks Twitter sein
Eigentlich galten Mark Zuckerberg und Meta lange als Vorbild im Kampf gegen Falschinformationen. Als Tesla-Gründer Elon Musk Twitter kaufte, gründete Zuckerberg Threads. Der Dienst sollte explizit eine Alternative zu Musks Twitter sein. Es brauche eine App, auf der mehr als eine Milliarde Menschen unterwegs sind, sagte Zuckerberg damals. „Twitter hatte seine Chance und hat sie nicht genutzt. Wir werden das hoffentlich.“