Welche Politiker trotz eines Siegs im Wahlkreis leer ausgehen könnten
|
2 Min
x
Erfolgreich kopiert!
Bei der Bundestagswahl im Februar gilt das neue Wahlrecht, das die Ampel-Koalition beschlossen hat. Eine Prognose zeigt, welche Politiker wohl kein Mandat bekommen, obwohl sie ihren Wahlkreis gewonnen haben.
Nach der Neuwahl im Februar werden dem Bundestag 630 Abgeordnete angehören. Einige Wahlkreisgewinner gehen wegen einer Reform leer aus.
Foto: Anna Ross
Der Bundestag ist über die Jahre immer größer geworden. 733 Politiker umfasst er aktuell. Passiert ist das, weil mehr Direktkandidaten im Wahlkreis gewählt wurden, als manchen Parteien nach dem Zweitstimmenergebnis zustanden. Für jedes dieser Überhangmandate erhielten alle anderen Parteien zusätzliche Sitze, die Ausgleichsmandate.
Um den Bundestag zu schrumpfen, hat die Ampel-Koalition das Wahlrecht geändert. Es deckelt die Größe des Parlaments nun auf 630 Abgeordnete, außerdem wurden Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft. Die Parteien bekommen also nur noch genau so viele Sitze im Bundestag, wie ihnen für ihr Zweitstimmenergebnis in ganz Deutschland zustehen. Wahlkreisgewinner mit den wenigsten Stimmen erhalten kein Mandat mehr.
Warum die Wahlrechtsreform die CDU besonders betrifft
Welche Folgen das neue Wahlrecht hat, lässt sich nur ungefähr und anhand von Wahlumfragen abschätzen. Erst das Wahlergebnis entscheidet endgültig, welche Parteien und wie viele Abgeordnete es ins Parlament schaffen. Beobachter rechnen jedoch schon jetzt mit erheblichen Folgen für mehrere Parteien.
Einer von ihnen ist Matthias Moehl, Gründer des Portals www.election.de. Dort simuliert er mit statistischen Modellen, Wahlergebnissen aus der Vergangenheit und aktuellen Umfragen, wie die Bundestagswahl ausgehen könnte. "Das ist natürlich nur eine Prognose. 2021 lagen wir in 250 von 299 Wahlkreisen aber korrekt." Moehls Daten zeigen, dass mit dem neuen Wahlrecht 17 Direktkandidaten kein Mandat bekommen könnten.
In umkämpften Städten könnten Wahlkreisgewinner leer ausgehen
Beispiel CDU. Mit dem alten Wahlrecht hatten die Christdemokraten für besonders viele Überhangmandate gesorgt. Der Grund: Politiker der Partei gewinnen viele Wahlkreise, während die bundesweite Zustimmung für die Union und damit das Zweitstimmenergebnis geringer ist.
Deshalb dürfte das neue Wahlrecht die Union besonders treffen. Selbst mit den aktuellen Umfragewerten um die 30 bis 33 Prozent wird die Partei wohl nicht genug Sitze gewinnen, um all ihre Wahlkreissieger in den Bundestag zu schicken. Moehls Prognosen gehen deshalb davon aus, dass 13 CDU-Politiker leer ausgehen dürften, obwohl sie in ihrem Wahlkreis die meisten Stimmen geholt haben.
Das trifft besonders umkämpfte Wahlkreise in Städten, wo sich die Stimmen auf viele Kandidaten verteilen und der Wahlkreisgewinner deshalb nur mit einem knappen Vorsprung gewinnt. Für die Stadt Freiburg rechnet Election.de etwa mit einem Duell zwischen CDU und Grünen, das die CDU knapp für sich entscheiden könnte. CDU-Bewerber Klaus Schüle könnte trotzdem leer ausgehen, wenn sein Ergebnis niedriger als das anderer Wahlkreisgewinner in Baden-Württemberg ist.
Ist der Heilbronner CDU-Politiker Alexander Throm gefährdet?
Ebenfalls leer ausgehen könnten die CDU-Direktkandidaten in Karlsruhe, Heidelberg, Mannheim, Saarbrücken, Kaiserslautern, Ludwigshafen, Frankfurt, Kassel, Lübeck und Kiel. Denn in diesen Städten wurden in der Vergangenheit auch andere Parteien gewählt, sagt Moehl. "Das Wahlverhalten in Deutschland ist trotzdem die beste Quelle für Prognosen, weil es sich nicht sprunghaft ändert."
Nach Moehls bisherigen Berechnungen lief auch der Heilbronner CDU-Direktkandidat Alexander Throm Gefahr, leer auszugehen. Bei der letzten Bundestagswahl 2021 erhielt er mit 27,8 Prozent der Stimmen das viertschlechteste Ergebnis der CDU-Wahlkreisgewinner im Land. Durch den Umfragen-Aufwind seiner Partei könnte es für Throm nun doch gut aussehen, sagt Moehl. "Aber das kann sich auch noch ändern." Anderswo würden CDU-Kandidaten deutlich stärker abschneiden.
AfD und Linke könnten mit je zwei Mandaten nicht zum Zug kommen
Die AfD könnte ebenfalls zwei Mandate verlieren: In Erfurt und Dresden könnte sie den Wahlkreis gewinnen, ohne dass die Partei für diese Abgeordneten genug Sitze im Bundestag erreicht hat.
Außerdem könnten zwei Direktmandate der Linken wegfallen, denn die Partei hat höchstens in Berlin Treptow-Köpenick und in Leipzig Chancen auf Direktmandate. Um über die Grundmandatsklausel in den Bundestag einziehen zu können, sind allerdings drei gewonnene Direktmandate nötig.
Ändern könnte sich die Lage laut Moehl, wenn neben Gregor Gysi und Dietmar Bartsch auch Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow antritt. Die drei Promis der Linkspartei hatten diesen Plan schon im Oktober geschmiedet und ihn "Aktion Silberlocke" genannt. Ramelow gilt als beliebt, womöglich könnte er das Direktmandat gewinnen und die Linken es wieder in den Bundestag schaffen.
Union und Linkspartei hatten gegen die Wahlrechtsreform vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Die Karlsruher Richter gaben der Reform jedoch ihren Segen, mit einer Ausnahme: Die Grundmandatsklausel muss bleiben. Sie regelt, dass Parteien, die drei Wahlkreise gewinnen, auch dann in den Bundestag einziehen dürfen, wenn sie nach Zweitstimmen an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert wären.
Die Linkspartei hatte es 2021 nur wegen dieser Vorgabe in den Bundestag geschafft, eigentlich wäre sie mit 4,9 Prozent der Stimmen rausgeflogen. SPD, Grüne und FDP wollten die Klausel mit der Wahlrechtsreform abschaffen.
Traurig, aber keine Sorge: Sie können natürlich trotzdem weiterlesen.
Schließen Sie einfach diese Meldung und sichern Sie sich das andere exklusive Angebot auf der Seite. Bei Fragen hilft Ihnen unser Kundenservice unter 07131/615-615 gerne weiter.