Neben der Bundestagswahl wird nächstes Jahr Anfang März die Hamburger Bürgerschaft neu gewählt. Sonst stehen keine planmäßigen Wahlen an. Da die Landtagswahl in Baden-Württemberg im Frühjahr 2026 stattfindet, dürfte spätestens im Herbst der Wahlkampf im Land beginnen.
Warum die Probleme nach der Wahl erst anfangen
Die Ampel-Koalition ist zerbrochen, die Deutschen stehen wieder vor der Wahl. Wer einen Wechsel will, wird schnell merken: Nach der Wahl wird es nicht einfacher, analysiert unser Autor.

Seitdem Bundeskanzler Olaf Scholz seinen FDP-Finanzminister Christian Lindner kurzerhand rausgeworfen hat, geht ein Gefühl der Erleichterung durchs Land. Endlich, die zerstrittene Ampel-Koalition ist am Ende, so der Tenor in der Bundespolitik, der Gesellschaft und den Medien. Jetzt sind die Deutschen gefragt, eine Richtungsentscheidung zu treffen, wird seitdem ständig in die Mikrofone gesagt.
Doch mit der Neuwahl fangen die Probleme erst an, denn es steht eine schwierige Koalitionsbildung an. Zwar hat die Union einen komfortablen Vorsprung in den Umfragen und wähnt ihren Spitzenkandidaten Friedrich Merz schon im Kanzleramt.
Auch ein Kanzler Friedrich Merz wird Partner brauchen
Doch der Sauerländer wird mindestens einen, vielleicht sogar zwei Koalitionspartner brauchen. Und das bedeutet: Streiten, verhandeln, Kompromisse schmieden - mit denen am Ende nicht jeder zufrieden sein wird. Als Partner kommen aktuell vor allem SPD, Grüne oder beide gemeinsam infrage.
Der Druck aus der Wirtschaft, von Umweltorganisationen und Sozialverbänden ist groß, dass sich die nächste Koalition rasch zusammenfindet und mit dem Regieren anfängt. Schon vor dem Ampel-Bruch hieß es tagtäglich, es brauche jetzt ganz schnell Reformen, ganz schnell die Wirtschaftswende, ganz schnell Hilfen vom Staat, ganz schnell dieses und jenes.
Union und SPD: Geht das wirklich zusammen?
Doch Demokratie ist nicht im Eilverfahren zu haben. Seit Scholz zum Bundeskanzler ernannt wurde, hat die Union daran gearbeitet, ihn wieder abzusetzen und seine Politik als kurz vor dem Linksextremismus diffamiert. In der Debatte zur Vertrauensfrage bezeichnete Friedrich Merz den geschassten Kanzler gerade erst als weltfremd und peinlich.
Selbst wenn Scholz Wort hält und als Vizekanzler nicht zur Verfügung steht: Wie will Merz es verkaufen, wenn er mit den Sozialdemokraten eine Bundesregierung schmieden muss? Wie wollen die Sozialdemokraten ihrerseits glaubwürdig bleiben, wenn sie einen höheren Mindestlohn, den Deutschlandfonds und eine Reform der Schuldenbremse nicht durchgesetzt bekommen?
Kaum besser sieht es beim Blick auf eine mögliche schwarz-grüne Koalition aus. Unvergessen ist Merz Aussage, die Grünen seien „Hauptfeind“ der Union. Zwar hatte der CDU-Spitzenkandidat diesen Standpunkt im Nachhinein abgemildert und betont nun, dass man keine Koalitionsmöglichkeiten ausschließen sollte. Selbst dass Robert Habeck weiterhin Wirtschaftsminister bleiben könnte, lehnt Merz nicht ab.
Markus Söder engt die Spielräume von Bayern aus ein
Wenn da nicht das Störfeuer aus Bayern wäre. Denn der bayerische Teil der Union in Form von Markus Söder lehnt eine schwarz-grüne Bundesregierung vehement ab. Dass Habeck Wirtschaftsminister bleibe, sei „absurd und ausgeschlossen“, erklärte Söder kürzlich wieder. Habeck sei „das Gesicht der ökonomischen Krise“ und eine Beteiligung der Öko-Partei an der nächsten Regierung müsse verhindert werden.
Zwar ist der bayerische Ministerpräsident dafür bekannt, seine Positionen im Handumdrehen über Bord zu werfen. Doch in diesem Fall muss man fragen dürfen, ob eine Koalition mit Söder- und Grünen-Beteiligung wirklich geräuschloser regieren würde, als die Ampel.
Am Ende hängt alles am Geld
Über alledem steht sowieso die Frage des Geldes. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat die Wahlprogramme der Parteien durchleuchtet mit der Frage, welche Kosten sie verursachen. Das Ergebnis: Die Pläne der FDP kosten mit 138 Milliarden Euro am meisten, dann folgt die Union mit 89 Milliarden Euro, die Grünen mit 48 Milliarden Euro und die SPD mit rund 30 Milliarden Euro.
Summen, die kaum realistischerweise an anderer Stelle eingespart werden können, wenn Steuererhöhungen ausgeschlossen und die Schuldenbremse bleiben sollen. Dazu kommen neue Ausgaben wie die Ukraine-Hilfe, deren Höhe vom US-Präsidenten abhängig sein wird oder die immer höheren Staatszuschüsse zur Rente einer alternden Gesellschaft.
Welche Rolle BSW, AfD und Kleinparteien spielen werden, ist ungewiss
Die Lage wird aber nicht nur auf der Regierungsbank unübersichtlicher werden. Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat realistische Chancen, im nächsten Bundestag zu sitzen. Wenn die Strategie der Linken und Freien Wähler aufgeht und sie jeweils drei Direktmandate holen, könnten auch sie es ins Parlament schaffen. Ob FDP es wieder ins Parlament schafft, ist dagegen ungewiss.
Dass die AfD zulegen wird, ist absehbar. Bei den Europawahlen im Juni wurden die Rechtsextremen zweitstärkste Kraft und je nachdem, wer künftig regiert, könnten sie stärkste Oppositionsfraktion im Bundestag werden. Rechtsextreme vergiften den Ton in einem Parlament, dessen Werte sie zutiefst verachten - das ist und bleibt unerträglich. Mit mehr Wählerstimmen gehen mehr Geld und mehr Aufmerksamkeit einher, was Positionen des rechten Rands zunehmend normalisieren wird.