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Tiktok und X nicht ignorieren: Warum soziale Medien im Wahlkampf wichtig sind

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Die Union profitiert von der Migrationsdebatte, aber Friedrich Merz bleibt unbeliebt: Ein Team an der Universität der Bundeswehr in München untersucht Ton und Stimmungen in sozialen Medien. 

Auch analog hat die Debatte um den Kurswechsel in der Migrationspolitik die Gesellschaft emotional gespalten. Das bildet sich in sozialen Medien ab. Die Union profitiert von dem Thema, Friedrich Merz nicht.
Auch analog hat die Debatte um den Kurswechsel in der Migrationspolitik die Gesellschaft emotional gespalten. Das bildet sich in sozialen Medien ab. Die Union profitiert von dem Thema, Friedrich Merz nicht.  Foto: dpa

Wahlkämpfe werden zunehmend über soziale Medien ausgefochten. Wie ist der Ton auf Plattformen wie X, Tiktok und Youtube? Wie wirken sich emotionale Themen wie die Migrationsdebatte aus? Das untersucht Jasmin Riedl mit ihrem Team an der Universität der Bundeswehr München.

Die Migrationsdebatte und die Abstimmung von Union und FDP mit der AfD emotionalisieren die Republik. Wie schlägt sich diese Stimmung in den sozialen Medien nieder?

Jasmin Riedl: Es gab am Mittwoch deutlich mehr Aktivität, allein auf X haben wir um die 850 000 Posts zum Thema gemessen. Solche Ereignisse führen dazu, dass mehr und konfrontativer gesprochen wird in den sozialen Medien.

Wer profitiert von dem Thema?

Riedl: Die Stimmung hat im Nachgang für die AfD angezogen, ich gehe davon aus, dass das noch einige Zeit so bleibt. Schon seit etwa einer Woche beobachten wir, dass die Unionsparteien auf X von dem Thema profitieren. Was interessant ist: Für die Person Friedrich Merz gilt das nicht. Das ist erstaunlich, weil Wahlkämpfe zunehmend von Personen getrieben sind.

Worauf führen Sie das zurück?

Riedl: Meine Vermutung ist: Die Konfrontation darüber, wie diese Wende in der Migrationspolitik einzuordnen ist, entlädt sich zwar an der Person Merz. Die Anzahl an positiven und negativen Äußerungen über ihn ist in der Summe trotzdem konstant. Generell sehen wir im digitalen Diskurs auf X besonders viel Negatives über ihn. Das ist schon fast kampagnenartig. Da kommt man auch nicht leicht raus. 

Professorin Jasmin Riedl forscht und lehrt an der Universität der Bundeswehr in München.
Professorin Jasmin Riedl forscht und lehrt an der Universität der Bundeswehr in München.  Foto: privat

Während wir sprechen, ist der Hashtag „Merz“ laut ihrer Analyse der am häufigsten gebrauchte auf X.

Riedl: Ja, das ändert sich sehr schnell. Mit unserem Programm analysieren wir in Echtzeit, wie häufig er gepostet wird. Der Hashtag sagt aber nichts über die Stimmung, dafür ist er zu neutral. Es gibt andere, wie „imMärzMerz“ oder „Habeck4Kanzler“, die eindeutig wertend sind.

Warum ist es im Wahlkampf wichtig, was in sozialen Medien passiert?

Riedl: Die Kommunikation über Politik verschiebt sich zunehmend in den digitalen Raum. Was früher der Straßenwahlkampf war, sind heute soziale Medien. Sie haben eine wichtige Mobilisierungswirkung. Die AfD und andere Parteien des rechten Rands machen sich das seit etwa zehn Jahren zunutze. Das hat etwas mit Ideologie zu tun, die Parteien wollen direkt mit „dem Volk“ kommunizieren und nicht über Journalisten. Der Tiktok-Schock bei der Europawahl, so nenne ich das mal, hat dazu geführt, dass die demokratischen Parteien deutlich aufholen.

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Das zeigt sich kaum in Ihrer Analyse. SPD-Inhalte scheinen in den sozialen Medien eine untergeordnete Rolle zu spielen, vielleicht mit Ausnahme von Karl Lauterbach auf X.

Riedl: Die SPD postet inzwischen sehr aktiv auf Tiktok, aber das schlägt sich noch nicht so sehr in Sichtbarkeit nieder. Das braucht Zeit und hängt mit dem Algorithmus zusammen. Auch bei der FDP sieht man einen deutlichen Nachholeffekt, genauso bei den Grünen. Beide Parteien haben intensiv in ihre digitale Strategie für den Wahlkampf investiert. Aber die waren auch bei der letzten Bundestagswahl digital schon besser als andere Parteien. 

Ihre Untersuchung sagt nichts darüber aus, wie die Wähler sich am 23. Februar entscheiden werden.

Riedl: Nein, sie ersetzt nicht die Sonntagsfrage. Unser Ziel ist es zu zeigen, wie politische Kommunikation im digitalen Raum funktioniert. Wir wollen sichtbar machen, wie Ton und Machtverhältnisse sind. Den demokratischen Parteien kann ich nur raten, sich aktiv zu beteiligen, verschiedene Plattformen zu bespielen und die Räume nicht den extremen Kräften zu überlassen.

Seit 23. Januar bietet das Projekt Sparta der Uni der Bundeswehr München Social-Media-Monitoring des Bundestagswahlkampfes im Live-Betrieb. An dem Projekt arbeitet Professorin Jasmin Riedl mit einem achtköpfigen Team aus Informatikern, Mathematikern und Politologen. https://dtecbw.de/sparta

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