Lindner im Stimme-Talk: FDP-Chef glaubt an eine Deutschland-Koalition
Beim Stimme-Live-Talk „Ohne Ausrede“ erläutert FDP-Chef Christian Lindner, warum er mehr Schulden in Europa und in Deutschland ablehnt. Und er rät zu einem kühlen Umgang mit der US-Regierung.
FDP-Chef Christian Lindner lehnt den Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ab, die europäischen Schuldenregeln zu lockern, um mehr Geld für Verteidigung zu ermöglichen. „Ich halte es für keine gute Idee, dass Ursula von der Leyen die europäischen Fiskalregeln jetzt verändern will für Verteidigung“, sagte Lindner beim Stimme-Live-Talk „Ohne Ausrede“ am Freitag im Heilbronner Parkhotel. Von der Leyen hatte am Freitag in München vorgeschlagen, die sogenannte Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen zu aktivieren. Dadurch soll den Mitgliedstaaten ermöglicht werden, ihre Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen.
Hintergrund ist die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, künftig weniger Geld für die Sicherheit Europas ausgeben zu wollen. Lindner sagte im Gespräch mit Stimme-Chefredakteur Uwe Ralf Heer: „Finanzielle Stabilität ist auch ein Faktor für Krisenresilienz.“ Daher lehne er zusätzliche Schulden ab. „Man darf Verteidigungsausgaben auf Dauer nicht auf Pump finanzieren.“
Wie Christian Lindner 150 Milliarden Euro auftreiben will
Der FDP-Chef bekannte sich dazu, dass Deutschland künftig mehr Geld für Verteidigung ausgeben müsse. Zusätzliche Schulden, etwa durch eine Reform der Schuldenbremse, lehnt er aber auch national ab, „Wir müssen die Prioritäten anders setzen“, sagte Lindner. Er hält Einsparungen im Haushalt in Höhe von 75 Milliarden Euro pro Jahr für möglich - beispielsweise durch eine Reform des Bürgergelds, der Begrenzung der irregulären Migration und durch Einsparungen in Ministerien und Behörden. Weitere 75 Milliarden Euro jährlich sollen durch Wirtschaftswachstum und damit verbundenen höheren Steuereinnahmen erzielt werden.
Auf den Umgang mit der US-Regierung und den Auftritt von Trumps Vize J.D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz angesprochen, rät Lindner zu „kühler Reaktion“. Da Vance in München keine konkreten Aussagen bezüglich eines möglichen US-Truppenabzugs aus Europa und der möglichen Beendigung des Kriegs in der Ukraine getroffen habe, bestünden offensichtlich noch Einflussmöglichkeiten. Diese sollten Deutschland und Europa nutzen, auch um das transatlantische Verhältnis zu verbessern. Wenn es darum gehe, den Krieg in der Ukraine zu beenden, müsse Europa unbedingt dabei sein. „Da geht es auch um unsere Sicherheitsinteressen“ so Lindner. Grundsätzlich sollte man den USA respektvoll begegnen, intern aber Klartext reden, sagte der Liberale.
FDP-Chef Christian Lindner: "AfD würde Deutschland wirtschaftlich ruinieren“
Dass Vance eine Wahlempfehlung für die AfD gab, kommentierte Lindner mit den Worten: „Die AfD würde Deutschland wirtschaftlich ruinieren.“ Als Gründe nannte er unter anderem den von der AfD angepeilten Austritt aus der Europäischen Union und unbezahlbare Rentenpläne.

Nach dem Anschlag eines Afghanen in München wirbt Lindner für Abschiebungen nach Afghanistan. Dazu müsse man auch mit dem Taliban-Regime dort verhandeln. „Wir haben in den letzten drei Jahren eine Milliarde Euro Entwicklungshilfe an Afghanistan bezahlt. Dann können die doch nicht nur den Scheck nehmen“, sagte der FDP-Chef.
FDP-Chef ist zuversichtlich, die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen
Lindner zeigte sich zuversichtlich, dass die FDP am 23. Februar den Einzug in den Bundestag schaffen wird. „29 oder 34 Prozent für die CDU machen keinen Unterschied bei der Regierungsbildung. Vier oder fünf Prozent für die FDP machen einen Unterschied für die ganze Republik“, so Lindner. Sobald die FDP bei fünf Prozent stehe und in den Bundestag einziehe, habe Schwarz-Grün keine Mehrheit mehr. Schwarz-Grün komme doch auf keinen Fall, sagt Heer mit Blick auf CSU-Chef Markus Söder, der ein solches Bündnis ausgeschlossen hat.
Lindner hat Zweifel, dass das nach der Wahl auch noch gilt. „Ich habe schon viel erlebt in der Politik.“ Wenn die FDP ins Parlament einzieht, glaubt Lindner an eine Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP. „Und die ist besser als Schwarz-Rot. Denn wenn die CDU mit der SPD alleine regiert, dann verbündet sich der linke Flügel der CDU mit der SPD und es passiert dasselbe wie bei Merkel, dasselbe wie bei der Ampel: nämlich gar nichts.“
Lindner: Ohne liberale Partei wäre das Parlament ärmer
Ob er einen Plan B habe, wenn es mit dem Einzug in den Bundestag nicht klappt, will Heer von Lindner wissen. „Nein, ich konzentriere mich auf Plan A und bin auch fest davon überzeugt, dass es klappt.“ Um ihn persönlich müsse man sich keine Sorgen machen, versicherte Lindner. Aber um das Land müsse man sich Sorgen machen, wenn es keine liberale Partei mehr im Bundestag gebe. Dann wäre das Parlament ärmer.