SPD-Kandidat Olaf Scholz: Pragmatischer Kanzler, begeisternder Spitzenkandidat?
Als Bundeskanzler hat Olaf Scholz das Ende der Ampel-Koalition besiegelt. Wird er die SPD bei der Bundestagswahl 2025 wieder an den Kabinettstisch führen?
Am 16. Dezember wird Olaf Scholz die Vertrauensfrage stellen. Damit ist das Ende des SPD-Kanzlers nach rund zweieinhalb Jahren Ampel-Koalition gekommen.
Nun stellt sich die Frage, ob bei dem 66-Jährigen Ruhe einkehren wird: Eigentlich galt Scholz als Spitzenkandidat schon gesetzt, bis ein parteiinterner Streit ausbrach. Die Entscheidung steht noch aus: Tritt stattdessen der in Umfragen beliebtere Boris Pistorius an oder bleibt Scholz Gesicht des Wahlkampfs?
Scholz blickt auf eine lange Parteikarriere zurück. 1958 wird er in Osnabrück geboren und wächst als Sohn eines Textilunternehmers auf. Seine Kindheit verbringt er in Hamburg. Weil ihn der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt beeindruckt, tritt Scholz 1975 als Schüler in die SPD ein und wird wenig später Vorsitzender der Jusos.

Scholz, damals noch mit wallender Lockenmähne, macht Abitur und Zivildienst, studiert Jura und arbeitet als Anwalt für Arbeitsrecht. In den 80er-Jahren lernt er Britta Ernst kennen, mit der er bis heute verheiratet ist. Sie ist es auch, die den früheren Sportmuffel zum Laufen bringt – ein Sport, der ihn bis heute begeistert.
Olaf Scholz: Vom Generalsekretär zum Arbeitsminister
1998 wird Scholz zum ersten Mal in den Bundestag gewählt. Unter Kanzler Gerhard Schröder wird er SPD-Generalsekretär und bekommt für seine oft hölzern vorgetragenen Reden den Spitznamen „Scholzomat“. Sein Verhältnis zu Schröder ist gut, als dieser den Parteivorsitz abgibt tritt auch Scholz als Generalsekretär zurück.
2007 ist Scholz wieder gefragt, als er nach dem Rücktritt von Franz Müntefering Arbeitsminister der großen Koalition wird. Scholz kümmert sich um die Einführung von Mindestlöhnen, erhöht Renten und senkt Sozialbeiträge für Firmen.

Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel entscheidet sich nach der Wahl 2009 für eine Regierung mit der FDP. Olaf Scholz wechselt daraufhin in seine Wahlheimat Hamburg, wo er zum Ersten Bürgermeister gewählt wird. Für ihn ein besonderer Moment, wie er sagt.
Als Hamburger Bürgermeister durchlebt Olaf Scholz einige Krisen
Als Hamburgs Bürgermeister durchlebt Scholz einige Krisen. Er erbt das Chaos um den Neubau der Elbphilharmonie, der am Ende zehn Mal teurer als geplant wird. Im Sommer 2017 eskaliert die Gewalt bei Protesten gegen den G20-Gipfel. Scholz muss später einräumen, dass die öffentliche Ordnung nicht jederzeit aufrecht erhalten worden ist.
Und dann wäre da noch der Cum-Ex-Skandal. 2016 hatten die Hamburger Behörden 47 Millionen Euro von der Warburg-Bank zurückgefordert, die aus illegalen Finanzgeschäften stammten – bis die Finanzverwaltung überraschend einen Rückzieher machte und der Bank die Millionen überließ. Welche Rolle Scholz als Bürgermeister spielte, ist bis heute nicht vollständig geklärt.
Nach Jahren der Schwarzen Null löst Scholz den "Wumms" mit der Bazooka aus
Während der schwierigen Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2017 wirbt Scholz bei der SPD-Basis für die GroKo, entgegen einiger Kritik aus seiner Partei. Es klappt trotzdem und im März 2018 tritt Scholz das Amt des Bundesfinanzministers und Vizekanzlers an.
Als bekannter Pragmatiker hält er an der von Wolfgang Schäuble (CDU) eingeführten Politik der Schwarzen Null fest. Ein Vorteil in der Corona-Pandemie: Während der Lockdowns kann die Bundesregierung auf üppige Finanzpolster zurückgreifen, um Milliardenhilfen zu beschließen – ein „Wumms“ mit der „Bazooka“, wie Scholz es nennt.

Scholz macht bei Waffenlieferungen als Zauderer von sich reden
Im Herbst 2021 ist es dann soweit: Der Hanseat verhandelt nach der Wahl über eine Ampel-Koalition mit Grünen und FDP. Fortan heißt der Bundeskanzler Olaf Scholz. Mit der Ampel erhöht er den Mindestlohn auf 12 Euro, treibt den Ausbau der Erneuerbaren voran und baut Bürokratie ab.

Doch die erste Krise lässt nicht lange auf sich warten: Als Russland die Ukraine überfällt, wird die Frage laut, wie das Land unterstützt werden kann – während gleichzeitig Energiekosten und Inflation explodieren. Die Scholz-Regierung reagiert mit einer Strompreisbremse, dem 9-Euro-Ticket und Hilfspaketen für die Wirtschaft.
Bei der Ukraine-Unterstützung ist man dagegen zaghafter. Scholz erklärt immer wieder, Deutschland dürfe nicht Kriegspartei werden, weshalb er manche Waffenlieferungen lange blockiert, bis er einlenkt. Das Stigma des Zauderers haftet dem SPD-Politiker an, obwohl Deutschland die Ukraine merkbar unterstützt.
Eindrücklich besiegelt Scholz das Ende der Ampel-Koalition
Überhaupt hält sich die Begeisterung der Deutschen für Scholz in Grenzen. Seine Beliebtheitsumfragen sind meist katastrophal, viele wünschen sich bei den ständigen Streits der Koalition, dass der Kanzler durchgreift. Er tut das selten, wenn auch SPD'ler immer wieder versichern, hinter den Kulissen trete Scholz sehr bestimmt auf.
Öffentlich zeigt Scholz das beim Ende der Ampel-Koalition, das er höchstpersönlich Anfang November besiegelt. Als Finanzminister Christian Lindner (FDP) ein Impulspapier für die Wirtschaft vorlegt und sich weigert, die Schuldenbremse für Investitionen auszusetzen, entlässt ihn der Kanzler.
In ungewohnter Deutlichkeit erklärt Scholz in einer Rede vor Journalisten, er habe damit Schaden vom Land abgewendet und wirft Lindner vor, zu oft blockiert und Streit angezettelt zu haben. Die Ampel-Koalition zerbricht, die Union zwingt die Bundesregierung zu Neuwahlen im Februar. Ob Olaf Scholz danach wieder am Kabinettstisch sitzt, bleibt abzuwarten.
