AfD-Kandidatin Alice Weidel: Parteichefin ohne Machtperspektive
Die in Teilen rechtsextreme AfD zieht mit Alice Weidel in den Bundestagswahlkampf 2025. Wer ist die Parteichefin?
Wohlwollend könnte man die Lage der AfD als schwierig bezeichnen. Bei der Europawahl sind die Rechtsextremen zweitstärkste Kraft geworden, in Umfragen für die Bundestagswahl stehen sie ebenfalls auf Platz zwei. Ende Januar wird die AfD wahrscheinlich ihre Parteichefin Alice Weidel zur Spitzenkandidatin ernennen.
Doch selbst wenn die Partei ein hohes Ergebnis erzielt, hat Weidel keinerlei Machtoptionen, denn niemand will mit der AfD zusammenarbeiten. Wer ist die Frau, die parteiintern trotzdem als Kanzlerkandidatin gehandelt wird?
Alice Weidel: Gute Noten im Studium, Leben in China

Alice Weidel wird 1979 in Gütersloh geboren. Sie wächst mit zwei Geschwistern in Ostwestfalen auf, macht Abitur und studiert an der Universität Bayreuth Volks- und Betriebswirtschaftslehre.
Später promoviert sie über das chinesische Rentensystem. Bei ihrem Abschluss ist Weidel eine der Jahrgangsbesten, ihre Promotion schließt sie mit der Note "sehr gut" ab.
Eine Zeitlang lebt und arbeitet Weidel in China, wo sie auch Mandarin lernt. Nach dem Studium arbeitet Weidel als Analystin bei der Investmentbank Goldman Sachs und ab 2011 beim Vermögensverwalter Allianz Global Investors Europe. Anschließend macht sie sich als Unternehmensberaterin selbstständig.
In die AfD tritt Weidel wegen der Eurorettungspolitik ein
2013, ganz zu Anfang, tritt Alice Weidel in die neu gegründete AfD ein. Ausschlaggebend ist für sie damals die Kritik an der Eurorettungspolitik. Zum Machtkampf in der Partei kommt es dann 2015: Als Parteigründer Bernd Lucke sich gegen extremistische Positionen stellt, wenden sich viele Parteimitglieder gegen ihn. Frauke Petry wird neue Parteivorsitzende und Alice Weidel in den Bundesvorstand gewählt.
Spätestens jetzt macht sich Alice Weidel einen Namen in der Partei und der deutschen Öffentlichkeit. Bei der Bundestagswahl 2017 tritt sie als Spitzenkandidatin an, gemeinsam mit Alexander Gauland. Die AfD holt damals 12,6 Prozent der Stimmen und ist nach Bildung der großen Koalition eine Zeitlang stärkste Oppositionspartei.

Spendenaffäre und Richtungsstreit mit Höckes "Flügel"
Wenig später decken Medien eine Affäre auf, in die Weidel verstrickt ist: Es geht um Spenden aus der Schweiz in Höhe von 132.000 Euro, die für Weidels Wahlkampf bestimmt sind. Spenden aus dem Ausland über 1000 Euro sind jedoch illegal. Weil die AfD die Spende zwar zurückzahlt, aber nicht meldet, muss die Partei fast 400.000 Euro Strafe zahlen. Außerdem hatte Weidel Teile davon ausgegeben, das Strafverfahren gegen sie wurde aber eingestellt.
Im jahrelangen Richtungsstreit der AfD spielt Weidel eine Doppelrolle: Sie ist es, die anfangs den Ausschluss des Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke nach dessen umstrittenen Aussagen vorantreibt. Der Parteiausschluss scheitert jedoch und auch der von Höcke geführte völkisch-nationalistische "Flügel" in der Partei wird formell zwar aufgelöst, arbeitet jedoch im Hintergrund weiter. Als Weidel 2020 Sprecherin des AfD-Landesverbands Baden-Württemberg wird, nennt sie den "Flügel" eine „wichtige Strömung“.

AfD-Chefin lebt mit ihrer Partnerin am Bodensee
Privat wohnt Alice Weidel in Überlingen am Bodensee und in Einsiedeln in der Schweiz. Sie lebt mit ihrer Partnerin Sarah Bossard zusammen, einer Schweizer Filmproduzentin aus Sri Lanka, und zieht zwei Söhne groß. In ihrer Freizeit treibt Weidel gerne Sport, geht wandern und schaut manchmal den Tatort.
Heute führt Weidel die AfD gemeinsam mit Tino Chrupalla. Ihr Stil wird oft als schrill beschrieben, in Reden tritt sie häufig unberechenbar auf, mal betont moderat, mal überbordend dramatisch. Für Aufsehen sorgt Weidel schon 2018 mit einer Rede, in der sie Migranten als "Kopftuchmädchen" und "Messermänner" bezeichnet. Diesen Sommer behauptet die 45-Jährige in einem Interview: "Menschen werden täglich auf den Straßen umgebracht." In sozialen Netzwerken verbreitet Weidel immer wieder Verschwörungstheorien und Falschinformationen.
Wird Weidel Kanzlerkandidatin?
Dennoch will Weidel mitregieren, am ehesten mit CDU und CSU. Dass die Union das ablehnt, bezeichnet die AfD-Chefin als unverantwortlich und unseriös. Die Parteien gingen mit AfD-Inhalten auf Wählerfang.
Bisher ist Weidel nur innerhalb des Parteivorstands zur Kanzlerkandidatin bestimmt worden. Ob es auch beim Parteitag klappt, ist ungewiss: Immer wieder hat die AfD führende Parteimitglieder gestürzt.
Auch in ihrem eigenen Landesverband ist Weidel mit mehreren Kandidaturen gescheitert und hat noch nie das Direktmandat in ihrem Wahlkreis gewonnen. Im ARD-Deutschlandtrend von Infratest Dimap aus dem Oktober geben nur 18 Prozent der Befragten an, mit der politischen Arbeit von Alice Weidel zufrieden zu sein - was ziemlich genau dem Umfrageergebnis ihrer Partei entspricht.


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