Schweizer Behörden lehnen Polizei-Software von Palantir wegen zu hoher Risiken ab
In Baden-Württemberg darf die Polizei bald Software des US-Konzerns Palantir für Ermittlungen nutzen. In der Schweiz lehnt man das dagegen ab, wie eine Medienrecherche zeigt – weil die Risiken zu groß sind.

Noch ist sie nicht im Einsatz, aber bald: Die Software Gotham der US-amerikanischen Firma Palantir soll ab Mitte 2026 von der Polizei in Baden-Württemberg genutzt werden können. Der Landtag hatte dafür im November den Weg frei gemacht.
An der Palantir-Software gibt es seit längerem Kritik. Sicherheitsexperten, Datenschützer und Freiheitsrechtler warnen davor, dass sie Massenüberwachung möglich machen kann und Unbeteiligte Teil von Ermittlungen werden können.
CDU-Innenminister Thomas Strobl und die Polizei selbst halten dagegen und betonen, dass Gotham die Polizeiarbeit erleichtert, beschleunigt und dazu führen kann, dass mehr Straftaten aufgedeckt werden.
Medienberichte: Palantir warb in der Schweiz für sich, doch die Risiken sind zu hoch
Nun sorgt ein Bericht des schweizerischen Online-Magazins „Republik“ für Aufsehen in der Diskussion. Die Autoren legen mit ihrer Recherche offen, wie hartnäckig der Palantir-Konzern über Jahre versucht hat, die Schweizer Bundesbehörden von seinem Programm zu überzeugen.
Immer wieder wurden die Angebote der US-Firma zurückgewiesen. Nur die Schweizer Armee interessierte sich für das Programm und ließ den Einsatz prüfen – kam dabei aber zum Ergebnis, dass das Risiko zu hoch ist.
In seinem Bericht von vor einem Jahr meldet das Verteidigungsministerium zahlreiche Bedenken an und empfiehlt, auf Palantir-Technik zu verzichten. So sehen die Prüfer große Risiken durch die „Abhängigkeit von einem US-amerikanischen Anbieter, die potenziell den Verlust der Datenhoheit und der nationalen Souveränität zur Folge hat“. Der Bericht betont auch, dass bei Palantir „die Möglichkeit besteht, dass sensible Daten durch die amerikanische Regierung und Geheimdienste eingesehen werden können“. Außerdem warnt die Schweizer Armee davor, sich von „extrem hochqualifizierten Personal“ abhängig zu machen, das für die Installation, den Betrieb und die Wartung der Palantir-Systeme dauerhaft vor Ort benötigt wird.
Bericht der Schweizer Armee: Es gibt Alternativen zu Palantir, zum Beispiel von SAP
Die schlussendliche Empfehlung in dem Bericht lautet, auf Palantir zu verzichten. „Es gibt europäische Unternehmen, die vergleichbare Lösungen anbieten und mit den Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen besser vertraut sind.“ Genannt wird dabei explizit SAP mit seiner Software Defense and Security.
Ergänzend heißt es, dass Open-Source-Systeme und das Entwickeln eines eigenen Systems geprüft werden sollen, „um die Kontrolle über kritische Systeme zu behalten und Abhängigkeiten zu reduzieren“.
Strobl sieht keine Gefahr, dass Daten von Palantir in die USA abfließen
All diese Bedenken gab und gibt es in Deutschland auch, allerdings wurden diese von den CDU-Innenministern in Land und Bund immer wieder weggewischt. Innenminister Thomas Strobl erklärte zur Palantir-Software etwa: „Ein Zugriff durch ausländische Stellen ist ausgeschlossen.“
Auch erklärte Strobl mehrfach, dass es keine vergleichbare europäische Software gebe, die zeitnah einsatzbereit ist. Bislang setzen Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen auf Gotham basierende Software ein. Einen bundesweiten Einsatz der Palantir-Software wollte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) prüfen lassen.
Vollständig überzeugt ist die grün-schwarze Landesregierung von Palantir aber offenbar nicht. Denn die Software soll nur übergangsweise genutzt werden, bis eine europäische Alternative einsatzbereit ist. Für die Entwicklung einer solchen hat das Innenministerium Gespräche mit Airbus Defence und Schwarz Digits, der Digitalsparte der Schwarz-Gruppe, aufgenommen.
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