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Ampel-Reform gekippt
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Regierung schafft Einbürgerung nach drei Jahren ab – Kaum Fälle im Land

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Die Ampel-Koalition hatte es gut integrierten Ausländern ermöglicht, sich nach drei Jahren einbürgern zu lassen. Union und SPD haben diese Möglichkeit nun abgeschafft. Tatsächlich genutzt wurde sie kaum.

Wer deutscher Staatsbürger werden möchte, muss künftig prinzipiell fünf Jahre in Deutschland leben. Das hat der Bundestag diese Woche beschlossen.
Wer deutscher Staatsbürger werden möchte, muss künftig prinzipiell fünf Jahre in Deutschland leben. Das hat der Bundestag diese Woche beschlossen.  Foto: Fernando Gutierrez-Juarez

Ausländer, die in Deutschland leben, müssen künftig prinzipiell fünf Jahre warten, bis sie einen deutschen Pass beantragen können. Eine entsprechende Gesetzänderung der schwarz-roten Bundesregierung wurde diese Woche im Parlament beschlossen.

Die Ampel-Koalition hatte die Fristen 2024 noch verkürzt, von acht auf fünf Jahre und von fünf auf drei Jahre für Ausländer, die „besondere Integrationsleistungen“ vorweisen konnten. Dazu zählten gute Leistungen im Job, ehrenamtliche Arbeit oder besonders gute Sprachkenntnisse. 

Heilbronner CDU-Politiker Alexander Throm: Fehler der Ampel korrigiert

Vor allem Union und AfD hatten die beschleunigte Einbürgerung von Beginn an kritisiert. Zu den Gegnern gehört der Heilbronner CDU-Abgeordnete Alexander Throm. Im Interview mit unserer Redaktion bezeichnete er die Reform als verantwortungslos und kritisierte: „Die Ampel verkauft unsere deutsche Staatsbürgerschaft völlig unter Wert.“

Entsprechend positiv äußerte sich Throm zu dem Beschluss, die Reform rückgängig zu machen: „Mit der Abschaffung der sogenannten Turboeinbürgerung korrigieren wir einen zentralen Fehler der Ampel-Regierung.“ Drei Jahre bis zur Einbürgerung seien zu kurz. Integration, das Lernen der Sprache und die Verwurzelung in der Gesellschaft bräuchten mehr Zeit.

Noch umfassender äußerte sich die Union im Innenausschuss des Bundestags, der das Gesetz ausgearbeitet hat. Dort ist von einer „großen Signalwirkung“ die Rede und davon, dass mit dem Wegfall der Einbürgerung nach drei Jahren ein Pull-Faktor beseitigt worden sei, „der die Migrationskrise in Deutschland zusätzlich verschärft“ habe. 

Nur 16 Menschen in Baden-Württemberg wurden 2024 nach drei Jahren eingebürgert

Die Zahlen sprechen jedoch eine andere Sprache. Laut einem Sprecher des Innenministeriums sind im vergangenen Jahr nur 16 Menschen schneller eingebürgert worden, weil sie besondere Integrationsleistungen vorweisen konnten.

Generell sei die Möglichkeit, den deutschen Pass schneller zu beantragen, „weniger stark ins Gewicht“ gefallen, so der Sprecher. 2024 wurden 37.806 Menschen in Baden-Württemberg eingebürgert. Das sind zwar deutlich mehr als noch im Vorjahr mit 22.745 Menschen. Die allermeisten Neubürger haben den deutschen Pass aber beantragt, nachdem sie schon 8 oder 9 Jahre in Deutschland gelebt haben. „Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Eingebürgerten betrug 14,1 Jahre und lag damit etwas höher als im Jahr 2023 (13,3 Jahre)“, erklärt der Sprecher weiter.

Vor allem Syrer, Türken und Iraker beantragen deutschen Pass

Die meisten neu Eingebürgerten waren im vergangenen Jahr Syrerinnen und Syrer (9106 Personen), danach folgten Türkinnen und Türken (3849), Irakerinnen und Iraker (1496) sowie Afghaninnen und Afghaner (779). 41,3 Prozent der eingebürgerten Erwachsenen sind Männer, 38 Prozent Frauen, weitere 20,8 Prozent sind Kinder. 

Dass sich vor allem Menschen aus diesen Ländern einbürgern lassen, lässt sich laut statistischem Landesamt mit der Flüchtlingskrise erklären: Zwischen 2014 und 2017 sind 106.000 Menschen aus Syrien, Irak und Afghanistan nach Baden-Württemberg gezogen. Starke relative Zuwächse von 623 Prozent gab es 2024 laut Innenministerium außerdem bei russischen Staatsangehörigen.

Medienbericht: Andere Bundesländer melden ebenfalls kaum „Turbo-Einbürgerungen“

Das bedeutet allerdings: Wenn die Betroffenen die übrigen Voraussetzungen erfüllen, hätten sie sowohl nach alter als auch nach der jetzt beschlossenen Gesetzeslage eingebürgert werden können, weil sie deutlich länger als fünf Jahre in Deutschland leben. 

Nach Recherchen der „Welt“ sieht es in den anderen Bundesländern ähnlich aus: Rheinland-Pfalz meldete für 2024 nur 20 Einbürgerungen nach 3 Jahren, Niedersachsen vier, Hamburg drei, Bremen null, Thüringen noch weniger als drei. Nur in Berlin wurden 382 beschleunigte Einbürgerungen verzeichnet.

Die Ampel-Koalition hatte neben den Voraussetzungen für die Einbürgerung auch geändert, dass doppelte Staatsangehörigkeiten generell möglich sind, wie es in vielen anderen Ländern üblich ist. In Deutschland waren doppelte Pässe bisher nur ausnahmsweise möglich. Diese Regelungen bleiben bestehen.

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