Warum das Klimageld auch 2025 nicht kommen wird
Eigentlich hatte die Ampel-Koalition vereinbart, ein Klimageld einzuführen, um die höheren CO2-Preise abzufedern. Woran es hakt und warum es in anderen Ländern klappt.
Im August 2022 hat Christian Lindner noch gelacht. Als er bei einer Pressekonferenz von Journalisten gefragt wurde, wann das im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimageld kommt, zählte er belustigt die Probleme auf. Der Staat sei gar nicht in der Lage, den Bürgern direkt Geld zu überweisen, dafür müssten erst Steuer-ID und Bankverbindung verknüpft werden. "Das dauert mal eben 18 Monate, diese ganzen Daten zusammenzubauen", erklärte der FDP-Finanzminister. Und selbst wenn das gelänge, könne die Verwaltung höchstens 100.000 Überweisungen am Tag machen. "Es ist nicht so einfach."
Nicht so einfach ist heute, mehr als zwei Jahre später, noch milde ausgedrückt. Klar ist eher: Das Klimageld wird auch 2025 nicht kommen - und wahrscheinlich überhaupt nicht mehr.
Klimageld: Warum die technischen Argumente teils vorgeschoben sind

Dass die technischen Argumente zum Teil vorgeschoben sind, offenbarte sich schnell. Schon vor Lindners Aussagen hatten Forscher des Ariadne-Projekts am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung eine ganze Reihe an Vorschlägen gemacht, wie das Klimageld schnell ausgezahlt werden könnte: Über die Familienkasse, über die Arbeitgeber und die Gehaltsabrechnung oder über die Krankenkassen.
Egal wie, es sei möglich, dass das Geld in weniger als einem Jahr fließt, so das Fazit der Studie aus dem Sommer 2022. Schon allein deshalb, weil die Familienkasse, anders als von Lindner behauptet, mehr als 17 Millionen Überweisungen innerhalb weniger Tage durchführen kann.
Klimageld soll als Entlastung vom CO2-Preis sichtbar sein
Ein Problem blieb aber. Das Klimageld soll eine spürbare Entlastung vom CO2-Preis sein und in der Bevölkerung für eine höhere Akzeptanz dieses Mechanismus sorgen. Wortwörtlich hatte es die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag so vereinbart: „Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld)."
Ein Klimageld, das nur auf der Gehaltsabrechnung auftaucht? Das erschien den Ampel-Koalitionären offenbar als nicht ausreichend. Vermutlich zu Recht, denn die Fachwelt plädierte ebenso einhellig für eine Direktzahlung, damit das Klimageld in der Bevölkerung bekannt wird. Obendrein könne dieser Auszahlungsmechanismus, wenn er dann steht, auch für andere staatliche Unterstützungsgelder genutzt werden.
Und es ist nicht so, dass Lindners Ministerium dafür nichts getan hätte. Noch bis Jahresende bringt es ein Gesetz auf den Weg, mit dem das Bundeszentralamt für Steuern die Möglichkeit bekommt, Steuer-ID und Bankverbindung (IBAN) zu verknüpfen. Auch die IT-Systeme werden nach Aussagen des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage unserer Redaktion ertüchtigt.
Linder will erst nach der Bundestagswahl 2025 über Klimageld entscheiden
Das Problem: Dabei ist es wohl geblieben. Nachdem die gesetzliche Grundlage geschaffen wurde, passierte erst monatelang nichts. Dann ließ Lindner Anfang 2024 die Bombe platzen. Zum einen sei der Direktzahlungsmechanismus erst 2025 einsatzbereit. Zum anderen will er das Klimageld trotzdem erst nach der nächsten Wahl auszahlen.
Der Grund: Bisher fließen die Einnahmen aus dem CO2-Preis in den Klima- und Transformationsfonds. Daraus wiederum werden verschiedenste Fördergelder für den Klimaschutz bezahlt. Deshalb fehlt in diesem Topf das Geld, um jedem Deutschen ein Klimageld zu überweisen.
Ein Umstand, auf den etwa Brigitte Knopf, Vize-Vorsitzende des Klima-Expertenrats der Bundesregierung schon im August 2023 hingewiesen hatte. Im Klimafonds sei "kaum Geld übrig, um ein Klimageld auszuzahlen“. Je nach Rechnung würde dieses zwischen 100 und 230 Euro im Jahr betragen. Oder wie Lindner es in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" formuliert: "Man kann das Geld nicht zweimal ausgeben. Das Klimageld würde also die Förderungen, die wir jetzt haben, ersetzen."
CO2-Preis steigt immer weiter, während über das Klimageld gestritten wird
Das Klimageld soll Förderprogramme ersetzen? Gegen diese Argumentation laufen Ökonomen, Verbraucherschützer und Umweltverbände Sturm und fordern, dass endlich Geld fließt, um die Bürger vom steigenden CO2-Preis etwas zu entlasten. Denn der ist seit 2021 für Heizöl, Erdgas und Sprit fällig und kennt nur eine Richtung: nach oben. Anfangs betrug er 25 Euro pro Tonne, seit Jahresbeginn liegt er bei 45 Euro und zum Jahreswechsel steigt er auf 55 Euro pro Tonne.
Heizen und Tanken wird dadurch teurer, was vor allem Haushalte mit niedrigerem Einkommen trifft: Sie müssen in der Regel mehr heizen, können sich energetische Sanierungen seltener leisten und pendeln längere Strecken, verbrauchen also mehr Sprit. Für sie wäre das Klimageld eine Entlastung, umso mehr, wenn es nach Haushaltseinkommen gestaffelt ausgezahlt wird.
Auch Grüne und SPD engagieren sich kaum fürs Klimageld
Mit dieser Idee kann sich vor allem die SPD anfreunden. Diese Woche hat die SPD-Bundestagsfraktion erneut ein Papier veröffentlicht, indem sie fordert, das Klimageld nach Einkommen auszuzahlen. Schon als Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zum ersten Mal so etwas forderte, sprach er von einem "sozialen Klimageld".
Und die Grünen? Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte immer wieder gesagt, das Klimageld solle aus strategischen Gründen erst ab einer gewissen Höhe ausgezahlt werden, damit es als sichtbare Entlastung wahrgenommen wird. Außerdem sei die Abschaffung der Erneuerbare-Energien-Umlage auf den Strompreis schon eine Art Klimageld. Andere Forderungen aus der Partei, etwa das Streichen klimaschädlicher Subventionen, um das Klimageld zu finanzieren, wurden von den Liberalen abgeschmettert.
Kein Geld fürs Klimageld also und der politische Wille fehlt ebenso. Damit darf man das Vorhaben getrost als gescheitert betrachten. Das Bundesfinanzministerium bleibt auf Anfrage zwar dabei, dass der Direktzahlungsmechanismus 2025 planmäßig einsetzbar sein wird - aber wofür denn dann? Diese Frage lässt die Pressestelle unbeantwortet und will auch nichts darüber sagen, wie viel das ganze Verfahren bisher gekostet hat.
Österreich führt Klimabonus innerhalb eines Jahres ein
Bleibt nur noch der Blick ins Ausland, wo es - wie so oft - besser läuft als in Deutschland. Die dortige Bundesregierung hatte ihre Pläne für einen "Klimabonus" Ende 2021 vorgestellt. Kurz darauf wurde das Vorhaben beschlossen und im Herbst 2022 wurden erstmals 250 Euro ausgezahlt.
Im folgenden Jahr führte man noch eine regionale Staffelung ein: Wer in Städten wohnt, bekommt weniger, wer auf dem Land wohnt, wo Bus und Bahn nicht so gut ausgebaut sind, bekommt mehr. Und auch die Auszahlung des Klimabonus für dieses Jahr läuft bereits. Je nach Wohnort beträgt er zwischen 145 und 290 Euro. Das deutsche Finanzministerium in Berlin teilt auf die Frage, warum man es nicht wie Österreich macht, nur mit: Beispiele aus anderen Ländern seien "immer von Interesse und werden aufmerksam verfolgt".

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