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Forderung nach mehr Zusammenhalt innerhalb der EU: Woran es aktuell fehlt

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Emmanuel Macrons Vorschläge für eine stärker vereinigte EU sind verhallt. Es fehlt an Visionen für die gemeinsame Zukunft der Union. Deutschland bewegt sich häufig erst dann, wenn es nicht mehr anders geht.

Innerhalb der EU müsse mehr zusammengerückt werden – doch es scheitert an mehreren Punkten.
Innerhalb der EU müsse mehr zusammengerückt werden – doch es scheitert an mehreren Punkten.  Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa

Zweimal hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine aufrüttelnde Rede zur Zukunft der EU gehalten. Zweimal forderte er in der Sorbonne-Universität in Paris leidenschaftlich, dass Europa stärker zusammenrücken solle und die globalen Krisen gemeinsam bewältigen müsse. Gemeinsam, unabhängig von Partnern wie den USA. „Allein Europa kann tatsächliche Souveränität gewährleisten, das heißt, die Fähigkeit, in der heutigen Welt zu bestehen, um unsere Werte und unsere Interessen zu verteidigen", sagte der französische Staatspräsident 2017. Die EU müsse sich grundlegend wandeln, statt immer träger und ineffizienter zu werden.

Kanzler Scholz schert sich wenig um die EU-Warnungen seinen französischen Amtskollegen

Dieses Jahr, im April 2024, wählte Macron noch deutlichere Worte. „Unser Europa heute ist sterblich, es kann sterben, und das hängt allein von unseren Entscheidungen ab", sagte er. Beide Male prallten die Worte des französischen Staatspräsidenten an Deutschland und dem Rest Europas fast ungehört ab.

„Frankreich und Deutschland wollen gemeinsam, dass Europa stark bleibt" und Macrons Rede enthalte „gute Impulse“ dafür, teilte Kanzler Olaf Scholz (SPD) knapp über den Kurznachrichtendienst dazu "X" mit. Nicht zu vergessen Scholz USA-Reisen, bei denen er die Vereinigten Staaten stets als wichtigsten Partner Deutschlands bezeichnete. Paris und Berlin, Motor eines neuen Europas? Davon ist nichts zu sehen.

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Überhaupt – ein starkes Europa? Das Handeln der Ampel-Koalition zeichnet seit ihrem Antritt ein anderes Bild. Vom Verbrenner-Aus über das Lieferkettengesetz bis hin zu energieeffizienten Gebäuden. Selbst die KI-Verordnung, von den meisten Experten als Vorzeigeprojekt gepriesen, scheiterte fast an Digitalminister Volker Wissing. Es ließe sich ein dutzend weiterer EU-Vorhaben nennen, die vor allem von den FDP-Ministern der Bundesregierung blockiert wurden.

Selbst minimale Vorhaben des Koalitionsvertrags, die Europa betreffen, hat die Bundesregierung nicht angefasst

Mit fortschrittlichen Ideen zur Zukunft Europas geizt die Bundesrepublik dagegen völlig. Minimale Europa betreffende Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag wie mehr Transparenz im Rat, eine staatliche Förderung der Seenotrettung oder eine stärkere Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften sind bisher nicht angegangen worden. Damit ist die Bundesrepublik in guter Gesellschaft: Aus der kontinentübergreifenden Zusammenarbeit ist ein Wunschkonzert geworden. Kaum ein Projekt, bei dem nicht eine Handvoll Staaten in die Fundamentalopposition geht. Mit immer mehr rechtspopulistischen Kräften in den Regierungen steht die EU zunehmend still.

Deutschland bewegt sich häufig erst dann, wenn es nicht mehr anders geht

Eine altbekannte, aber selten tatsächlich angewandte Lösung könnten Koalitionen der Willigen sein. In der Vergangenheit hat die Bundesrepublik sich oft erst dann bewegt, wenn es nicht mehr anders ging. Anfang Mai hat das Auswärtige Amt verkündet, dass sich eine Freundesgruppe der Außen- und Sicherheitspolitik gegründet hat. Deutschland will in diesen Bereichen demnach besser mit Frankreich, Finnland, Italien, den Benelux-Ländern, Slowenien und Spanien zusammenarbeiten. Schnellere Einigkeit, eine Front gegen EU-Skeptiker, daraus kann Großes erwachsen – wenn die Anti-EU-Fraktionen nicht auf dieselbe Idee kommen.

Die neue EU-Kommission wird zeigen müssen, dass sie gegen EU-Feinde in der Gemeinschaft vorgeht – und dass die EU-Freunde sich noch hinter einer gemeinsamen Zukunftsvision versammeln können.

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