Gastbeitrag: Regulierung birgt akute Gefahr für KI-Firmen
Daniel Abbou, Vorsitzender des KI-Bundesverbandes, warnt vor einer Überregulierung der Künstlichen Intelligenz seitens der EU.
Viel kann aktuell über mögliche Gefahren und Risiken von Künstlicher Intelligenz (KI) gelesen werden. Der Hype um ChatGPT hat Politik und Regulierungsbehörden auf den Plan gerufen und die Stimmen für stärkere Regulierungen werden immer lauter. Allen voran Italien, das kürzlich die Nutzung von ChatGPT eingestellt hat.
KI wird uns zahlreiche Vorteile bringen, Arbeitsprozesse erleichtern, Effizienz steigern und unsere Wirtschaftsleistung erhöhen. Alleine durch große KI-Modelle, auf denen Lösungen wie ChatGPT basieren, wird eine Steigerung des europäischen Bruttoinlandsprodukts um rund 1,9 Prozent erwartet.
KI birgt auch Risiken
Dennoch bergen diese neuen Technologien auch gewisse Risiken. Oftmals ist heute beispielsweise nicht direkt erkennbar, welche Inhalte durch KI generiert wurden. Solche Risiken gilt es zu minimieren, politische Entscheidungen zum Umgang mit KI sind daher tatsächlich notwendig.
Aber wie kann eine KI-Regulierung aussehen? Die EU ist gefordert, die heimische KI-Industrie durch einen geeigneten Rechtsrahmen zu fördern, der spezifisch genug ist, um allgemeine Fragen anzugehen, und gleichzeitig die nötige Flexibilität bietet. Gelingt der EU das, können europäische Werte von Anfang an einbezogen und die Richtung für künftige Innovationen vorgegeben werden.
Ängsten vor KI muss entgegengewirkt werden
Zu diesem Zweck hat die EU 2021 einen Vorschlag zur Regulierung von KI vorgelegt. Dieser neuartige regulatorische Rahmen soll weltweit Maßstäbe setzen, das Vertrauen der Europäerinnen und Europäer in KI stärken und die digitale Souveränität der EU fördern. Mit unterschiedlichen Risikokategorien wird versucht, KI zu regulieren. Dieses Ziel gilt es zu unterstützen, denn es verspricht einerseits eine Klärung rechtlicher Unsicherheiten für Entwicklerinnen und Entwickler, andererseits aber auch eine Integration europäischer Werte. Aufkommenden Ängsten vor den Risiken durch KI soll so entgegengewirkt werden.
Diese Erwartungen und Hoffnungen werden aber mit dem AI Act nicht erfüllt. Nach aktueller Einschätzung wird sich dieser negativ auf das europäische KI-Ökosystem auswirken und zu signifikanten Wettbewerbsnachteilen führen. Die amerikanischen Big-Tech-Unternehmen mit ihren schlagkräftigen Rechtsabteilungen werden mit den aktuell geplanten Regulationen zurechtkommen.
Gefahr für deutsche Start-ups
Die Gefahr für deutsche KMUs und Start-ups ist jedoch akut: Die geschätzten Compliance-Kosten für KI-Anwendungen, die sich im Hochrisiko-Bereich bewegen, eine sehr weit gefasste Risikokategorie, die bis zu 60 Prozent aller heute genutzten KI-Anwendungen einschließen könnte, wären kaum tragbar. Der AI Act hätte daher unweigerlich folgenschwere und innovationshemmende Auswirkungen.
Klar ist, dass die digitale Transformation Europas auf heimische, innovationsstarke Start-ups angewiesen ist, die den Big-Tech-Konzernen aus den USA Paroli bieten können. Europa braucht also zentrale KI-Leuchtturmprojekte, um welche sich leistungsstarke Ökosysteme aus Wirtschaft und Wissenschaft bilden können.
Heilbronn als Leuchtturm
Hier ist der Heilbronner IPAI ein sehr positives Beispiel, und auch das Heidelberger KI-Unternehmen Aleph Alpha macht hervorragende Arbeit. Die deutsche Initiative LEAM (Large European AI Models) zeigt eindrücklich, wie solche wegweisenden Projekte aussehen können. Gelingt es den europäischen Regierungen, Projekte wie LEAM zu realisieren, hat Deutschland die Möglichkeit, KI zum Wohle der Menschen und der Wirtschaft einzusetzen und durch leistungsfähige Produkte und Forschung international wettbewerbsfähig zu bleiben.
Falscher Weg
Der falsche Weg sind jetzt aber politische Schnellschüsse und eine Überregulierung von KI. Werden die Regulierungsbestrebungen der EU nicht angepasst, droht die europäische Innovationskraft im Keim erstickt zu werden. Der Bedarf an KI-Lösungen wird unweigerlich zunehmen. Schafft es Europa nicht, sein KI-Ökosystem zu fördern, droht eine gefährliche Abhängigkeit von ausländischen Technologien. Dies wäre für Deutschland eine weitaus größere Gefahr.
Zur Person
Daniel Abbou ist seit dem 1. Mai 2020 Geschäftsführer im KI Bundesverband e.V. Er war Pressesprecher in verschiedenen Finanz- und Wirtschaftsministerien, unter anderem als Sprecher des ehemaligen Finanzsenators und späteren Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium Ulrich Nußbaum. Im ersten baden-württembergischen Kabinett Kretschmann bekleidete er die Funktion des stellvertretenden Regierungssprechers. Seine Begeisterung für Digitalisierung und Innovation begleitet ihn seit seiner Zeit als Fernseh- und Hörfunkjournalist für neue Technologien.