Netzbooster: Ein sinnvolles Projekt der Energiewende
Das Wohl der Gesamtgesellschaft muss Vorrang vor Einzelinteressen haben: Der Booster-Bau in Kupferzell ist notwendig und sollte energisch vorangetrieben werden, kommentiert HZ-Redakteur Christian Nick. Sicherheit sollte aber für den Projektierer an oberster Stelle stehen.
Dreieinhalb Jahre ist es nun schon her, dass die Pläne zum Bau des Kupferzeller Netzboosters bekanntgeworden sind. Dreieinhalb Jahre, in denen es Demonstrationen und Diskussionen gab, im örtlichen Vermittlungsausschuss um das Ob und das Wie gestritten wurde. Dreieinhalb Jahre, in denen noch nicht einmal das Genehmigungsverfahren begonnen werden konnte.
In aller Klarheit: Es ist nachvollziehbar, dass zahlreiche Menschen, die unweit des avisierten Standorts wohnen, Bedenken haben: womöglich jahrelanger Baulärm, potenzielle Brandgefahr und die Sorge um Wertminderung ihrer Immobilien.
Transnet hat stets betont, diese Sorgen ernst zu nehmen und in ein möglichst umfassendes Sicherheitskonzept münden zu lassen. Ob dies gelungen ist? Das liegt im Auge des Betrachters − und kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht seriös eingeschätzt werden. Es bleiben die Konfliktlinien eines jeden Pilotprojekts: die Unabsehbarkeit des Unerwarteten − und die Angst der Menschen vor dem Unbekannten. Doch Furcht gibt keinen guten Rat − und löst keine Menschheitsprobleme. Rein rational betrachtet geht die Rechnung so: Fossile Energien zerstören den Planeten, schaffen Abhängigkeiten von despotischen Regimen und fördern globale Ungleichheit.
Die Energiewende verschafft Freiheit − hat aber einen Preis: Deutschland verliert durch den Atom- und Kohleausstieg über acht Gigawatt an Versorgungsleistung. Das sind zehn große Kraftwerke, deren Produktion ersetzt werden muss. Dies geht − wenn man überschüssigen Ökostrom endlich von Norden nach Süden transportieren kann. Dazu wird der Booster seinen Beitrag leisten, indem er das Netz besser ausreizbar macht.
Ein Industrieland braucht eine sichere Versorgungsstruktur, neue Stromtrassen sind unbeliebt − und das Klima rettet sich nicht von allein und auch nicht durch Sonntagsreden. Individuelle Betroffenheit Einzelner ist zu respektieren, das Interesse aller aber muss überwiegen.