Nahverkehr braucht attraktive Preise und ein besseres Angebot
Der Nahverkehr steckt in einem Dilemma: Die Kosten steigen. Das 9-Euro-Ticket zeigt aber, das günstige Preise mehr Fahrgäste locken - vorausgesetzt, das Angebot stimmt, meint unser Autor.
Nach dem 9-Euro-Experiment geht es zurück in die Realität. Die Rabattaktion ist für viele zwar kein Sommermärchen, dafür gab und gibt es zu viele Pannen wie zuletzt das Bahnfiasko wegen eines Leitungsschadens rund um den Stuttgarter Hauptbahnhof. Ein Erfolg war das viele Millionen mal verkaufte Ticket durchaus, erkauft mit Milliarden aus der Steuerkasse.
Dass das nicht so weitergehen kann, ist klar. Jetzt kommen die Tarifrunden der Verbünde, die für Kunden nichts Gutes verheißen. Im HNV geht es mit den Preisen wohl um die fünf Prozent rauf. In Stuttgart ist sogar von einem weiteren Plus von sieben Prozent für 2024 die Rede. Das ist ärgerlich, aber nachvollziehbar angesichts der Preissprünge bei Kraftstoffen, die Verkehrsunternehmen unmittelbar treffen.
Gleichzeitig läuft die Debatte um ein Folgeangebot für das 9-Euro-Ticket. Gefragt ist ein stimmiges Gesamtpaket aus günstigen, aber finanzierbaren Tarifen und vor allem einem besseren Angebot. Nur dann werden viele Kunden vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, nur dann rechnen sich günstigere Preise durch Mehreinnahmen. Ohne eine staatliche Anschubfinanzierung wird es nicht gehen. Auch die Diskussion um kommunale Nahverkehrsabgaben wird wieder an Fahrt aufnehmen.
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Kommentare
Jörg Haffelder am 23.07.2022 12:11 Uhr
Das kann ich nur unterstreichen. Um so unverständlicher ist es, dass man sich mancherorts immer noch ziert, ein besseres Angebot zu schaffen (Beispiel Bad Rappenau mit der Reaktivierung der Krebsbachtalbahn).
Wenn man sich auf der Welt umschaut erkennt man sehr schnell, dass ÖPNV überall dort richtig gut funktioniert, wo die Systeme "ÖPNV" und "Infividualverkehr" räumlich getrennt sind, nämlich in Schiene und Straße. Je mehr Schnittstellen man einbaut (d.h. Umsteigestellen), desto leichter pflanzen sich Störungen im einen Sytem auf das andere fort.
Beispiele gibt es genug, z.B. der Bus, der wegen Falschparkern 2 Minuten zu spät zum Bahnhof kommt, oder der Palatina-Bus, der bei der ersten Schneeflocke am Himmel schon den Betrieb komplett einstellt. Ein anderes Beispiel sind die "Sparbusse" in Form eines Kleintransporters die gerne mal am Wochenende im länfdlichen Raum eingesetzt werden. Da kommt es schon vor, dass man als Fahrgast mangels Platz gar nicht einsteigen kann.
Um die Menschen zum Umsteigen zu bewegen braucht es möglichst durchgängige (=umsteigefreie) und vor allem zuverlässige Verbindungen. Es wird Zeit, dass wir was tun!