Gewalt in Baden-Württemberg: Die Arbeit der Polizei wird allein nicht reichen
Die Gewaltspirale in Baden-Württemberg ist das Ergebnis einer dramatischen gesellschaftlichen Fehlentwicklung. Menschen auszugrenzen, ist ein großes Risiko für die Gesellschaft, meint unsere Autorin.
Ein Handgranatenattentat während einer Beerdigung, und das, obwohl die Polizei mit mehreren Beamten vor Ort war - der Anschlag von Altbach vom 9. Juni, die jüngsten Schießereien im Großraum Stuttgart und die Hintergründe dazu haben Innenminister Thomas Strobl und der Landespolizei, erneut unangenehme Fragen seitens des Parlaments eingebracht.
Im Innenausschuss verlangte die SPD gar einen "Sonderlagebericht" des Ministeriums dazu, was auch immer das sein mag. Indes: Es gibt schon 20 Festnahmen im Zusammenhang damit, auch der Täter von Altbach sitzt in Haft. Die gute Nachricht ist also: Die Polizei macht ihren Job, so gut sie kann.
Das steckt hinter den Taten
Die schlechte Nachricht aber ist: Das wird nicht reichen. Selbst der Chef des LKA, Andreas Stenger, rechnet künftig mit weiteren Vorfällen. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Polizei kann nur den Auswüchsen einer dramatischen gesellschaftlichen Fehlentwicklung hinterherrennen. Die Wurzel des Übels ausmerzen kann sie nicht.
Und die ist bekannt: Wenn beschäftigungs- und perspektivlose junge Männer, von der Gesellschaft ignoriert und in ihrer Blase gefangen, sich ihren eigenen Wertekanon zurechtzimmern und die einzige erreichbare Anerkennung durch Ausübung von Gewalt erfahren, ist das an Gefahrenpotenzial kaum zu überbieten. Diese jungen Männer haben nichts zu verlieren. Aber eine Gesellschaft, die es sich leistet, sie zu ignorieren, setzt sehr viel aufs Spiel.