Turbine des Wahnsinns
Olaf Scholz hat sich am Mittwoch in einer Siemens-Werkhalle Ruhrgebiet vor einer Gasturbine fotografieren lassen. Nun gibt es auch ein offizielles Foto, das die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas illustriert.
Einer gewissen Skurrilität entbehrt es nicht, wenn ein Bundeskanzler eine Gasturbine besucht. Olaf Scholz hat sich am Mittwoch in einer Siemens-Werkhalle Ruhrgebiet vor ihr fotografieren lassen. Der Spontantermin diente vor allem dazu, die russische Behauptung zu widerlegen, wonach nur wegen technischer Probleme kaum noch Gas nach Deutschland gepumpt werde.
Ganz in diesem Sinne hat Scholz‘ Vorvorgänger, der Kremllobbyist Gerhard Schröder, gerade das deutsche Unternehmen für die Gasflaute verantwortlich gemacht. Der aktuelle Kanzler verkündet auch deshalb fast feierlich, dass die Turbine jederzeit einsatzbereit sei – was Moskau ja aber offensichtlich nicht wolle, weil es die Nicht-Lieferung als politische Waffe einsetze, „Putins Bluff“ mithin enttarnt sei.
Das öffentlich zu dokumentieren, ist durchaus wichtig in einem Konflikt, der auch mit Worten und Bildern ausgetragen wird. Gleichzeitig aber lässt der Vorgang tief hinein blicken in den Wahnsinn der Energiepolitik vergangener Jahre. Denn natürlich soll die als Akt der Solidarität mit Europa aus Kanada herbeigeschaffte Ersatzturbine auch den Gasfluss sichern helfen, da der aktuelle Füllstand der Speicher noch lange keinen sorgenfreien Winter garantiert und weiter das Risiko eines Wirtschaftscrashs besteht.
Dafür musste Premier Justin Trudeau die Russlandsanktionen seines Landes umgehen, was ihm nicht nur einen Untersuchungsausschuss eingetragen hat, dem auch Berlins Botschafterin Rede und Antwort stehen muss. Die Ukraine hat sich genauso beschwert. Schließlich ist die angebotene Turbinenlieferung genauso ein Sinnbild dafür, dass es aus einer über Jahre aufgebauten Abhängigkeit heraus zumindest kurzfristig nicht möglich ist, das russische Regime an seiner empfindlichsten ökonomischen Stelle zu treffen.