Fatales Timing für die Anhebung des Mindestlohns
Warum gerade jetzt? Warum gleich in dieser Höhe? Die Anhebung des Mindestlohns ist zwar für den Empfänger eine tolle Sache, gleichzeitig fachen steigende Löhne die Inflation an, mit der Folge, dass auch der Arbeitnehmer weniger Kaufkraft hat. Ein Aufschub oder eine Mäßigung wären zumindest zu diskutieren gewesen, findet unser Autor.
Wer morgens früh aufsteht, um Erdbeeren zu pflücken, wer Päckchen und Pakete schleppt oder wer bis spät in den Abend und an den Wochenenden andere Menschen mit Speis und Trank bedient, darf einen fairen Lohn erwarten. Besonders in den Branchen, wo es um Hilfs- oder Saisonarbeiten geht, sind die Arbeitsbedingungen oft hart und entsprechend unattraktiv. Ein Aufschlag des Mindestlohns könnte so manche Arbeit plötzlich interessant machen.
Die Inflation spielt in diesem Konzert zwei Instrumente: Zum einen gleicht ein steigendes Lohngefüge dem Arbeitnehmer einen kleinen Teil seiner Preissteigerungen wieder aus. Zum anderen sind Lohnerhöhungen Teil des Problems, weil sie Produkte und Dienstleistungen verteuern.
Zu kritisieren ist der Zeitpunkt des Aufschlags auf den Mindestlohn. Gerade in diesen Tagen, da die Kosten für Energie und Rohstoffe so stark explodieren, wie noch nie in der Nachkriegsgeschichte, wäre ein Moratorium für Lohnsteigerungen zumindest der Diskussion wert. Auch überrascht die schiere Dimension des Aufschlags. 15 Prozent Plus sind in der Tarifgeschichte ein stolzer Brocken. Eine schrittweise Erhöhung wäre für die Wirtschaft sicherlich erträglicher.
Am Ende spielt die Musik an ganz anderer Stelle, der Mindestlohn wird in den meisten Branchen nicht das Hauptproblem sein. Immer schwerer wird es nämlich, überhaupt noch Kräfte, gelernt oder ungelernt, für bestimmte Tätigkeiten zu bekommen. Und da spielt die Höhe der Entlohnung nur die zweite Geige.