Die anarchischen Zustände der Silvesternacht waren vorhersehbar
Gewaltexzesse im öffentlichen Raum in deutschen Großstädten sind kein neues Phänomen. Der Staat hat ein massives Problem mit der Durchsetzung von Regeln und Gesetzen, meint unsere Autorin.
Vieles wissen wir noch nicht sicher über die Gewaltexzesse in der Silvesternacht in Berlin und anderen Städten, zum Beispiel wie viele der Täter einen "Migrationshintergrund" haben. Trotzdem sind Debatten über gescheiterte Integration und deren mutmaßlichen Anteil an den anarchischen Zuständen in vollem Gange.
Worüber zu wenig gesprochen wird, sind die Fakten: Die coronabedingten Böller-Verkaufsverbote der vergangenen zwei Jahre haben die Lage in ganz Deutschland deutlich entschärft. Es gab insgesamt weniger Verletzte. Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr hatten weniger Einsätze und waren weniger Angriffen ausgesetzt.
Daraus hätte man lernen können. Außer dem pauschalen Ruf nach Freiheit haben die Böller-Befürworter so gut wie kein Argument mehr auf ihrer Seite. Der Schutz von Umwelt und Tieren, die öffentliche Sicherheit, der gesunde Menschenverstand: Alles weist in Richtung eines Böllerverbots für Privatleute.
Wenn das aus ideologischen Gründen nicht gewollt ist, hätte man in einer Stadt wie Berlin die Böller-Verbotszonen deutlich ausweiten und die Einhaltung der Regeln scharf kontrollieren müssen, denn es war absehbar, was passieren würde. Womit wir beim nächsten Problem wären: Das staatliche Vakuum beim Vollzug bestehender Gesetze. Gerade in Berlin wird es immer offensichtlicher, nicht nur in der Silvesternacht. Die Stadt ist längst nicht mehr "sexy", sondern in vielen Bereichen gescheitert. Und Migration ist nicht der Grund dafür.