Monogamie hinter sich lassen: Ist eine offene Beziehung eine gute Idee?
Nur weil Paare sich zu Beginn auf Monogamie einigen und keinen Sex außerhalb der Zweierbeziehung haben, muss das nicht ewig so bleiben. Aber ist eine offene Beziehung eine gute Idee? Unsere Autoren sind geteilter Meinung.

Viele Beziehungen starten auch heute noch in monogamer Form, obwohl viele weitere Beziehungsmodelle möglich sind. "Veränderung ist Hauptbestandteil einer jeden Beziehung, egal in welcher Form sie gelebt wird", sagt Psychologin Julia Hinterthür. Wie Paare solche Veränderungen angehen können, hat sie im Interview erklärt. Doch ist das Öffnen einer Beziehung überhaupt sinnvoll?
Pro
von Laura Bernert
Das restliche Leben nur noch Sex mit dem einen Partner haben – das können sich manche Menschen nicht vorstellen. Egal wie sehr sie ihren Partner lieben. Denn ebenso wie die Vorstellungen von einer aufgeräumten Wohnung oder manchen Entscheidungen in der Kindererziehung auseinander gehen können, ist es auch im Bett. Sie möchte häufiger Sex und er hingegen nicht. In manchen Fällen scheint auch kein Kompromiss möglich zu sein.
Von Monogamie zur offenen Beziehung? Das sind die Chancen dabei
Wieso also nicht den Schritt wagen und die Beziehung öffnen? Das müssen natürlich alle Beteiligten wollen. Und überstürzen sollte man dabei auch nichts. Sicher, nicht jedem gelingt das Öffnen der Beziehung, sodass es der letzte Schritt sein kann, bevor sie endgültig zerbricht. Doch soweit muss es nicht kommen. Statt uns gedanklich mit der Monogamie einzuschränken, kann es Beziehungen weiterbringen, wenn die Partner versuchen, die alten Muster und besitzergreifenden Gefühle beiseitezulegen. Wenn beide Personen offen über ihre Gefühle, Sorgen und Ängste sprechen, kann der Schritt in eine andere Beziehungsform das Paar noch näher zusammenbringen. Denn nur, weil der andere sich mit jemand anderem durch die Laken wälzt, ist die gemeinsame Beziehung und auch die gemeinsame Sexualität, die weiterhin besteht, nicht weniger wert.
Contra
von Theresa Heil
Jeder Mensch hat das Recht und die Freiheit, sein Leben und seine Liebe nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Dennoch ist nicht jeder für eine offene oder polygame Beziehung geeignet. Das hängt stark damit zusammen, wie man Liebe und Sexualität betrachtet. Es lassen sich zwei Ansichten unterscheiden: Einige betrachten Liebe und Sex als separate, aber verbindbare Aspekte, während für andere beide untrennbar miteinander verbunden sind. Es ist wichtig, dass jedes Paar klärt, ob es in dieser Hinsicht die gleiche Einstellung teilt. Nur so können mögliche Verletzungen vermieden werden, wenn eine monogame Beziehung in eine offene übergeht. Damit eine offene Beziehung funktionieren kann, müssen beide Partner den gleichen Wunsch dazu haben und einander den Erfolg beim Dating gönnen. Wer dazu nicht in der Lage ist, sollte es lieber bleiben lassen.
Probleme können auftreten, wenn ein Paar lange Zeit eine monogame Beziehung geführt hat und plötzlich der Wunsch nach Offenheit einseitig von einem Partner geäußert wird. Dies kann beim anderen Unsicherheiten und Ängste hervorrufen. Fragen wie "Liebt er oder sie mich nicht mehr genug?" oder "Bin ich nicht mehr attraktiv genug?" können auftauchen, ebenso wie die Sorge, ob der Partner bereits über Betrug nachgedacht hat. In solchen Momenten sind eine intensive Kommunikation und gegenseitiges Verständnis unerlässlich.
Ist eine offene Beziehung oder Polyamorie eine gute Idee? Das könnten Schwierigkeiten sein
Die Frage nach einer offenen Beziehung kann ein Indikator dafür sein, dass etwas in der Beziehung nicht mehr stimmt. Möglicherweise besteht zu wenig Zeit füreinander, und die emotionale Verbundenheit zum Partner ist nicht mehr so stark wie früher. Oder es fehlt an Wertschätzung und Zuneigung. In solchen Fällen kann der Wunsch entstehen, diese Bedürfnisse anderswo zu suchen. Doch damit verschließt man lediglich die Augen vor den bestehenden Problemen. Es ist wichtig, diese Probleme anzuerkennen und gemeinsam daran zu arbeiten, auch wenn es schmerzhaft sein kann. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel der Besuch einer Paartherapie, um die Liebe zueinander zu stärken. Wenn danach bei beiden Partnern der Wunsch nach einer offenen Beziehung besteht, dann können sie diesen Weg gemeinsam gehen.