Der Weg zum Baby: Diese Kinderwunschbehandlungen gibt es
Auf natürlichem Wege werden nicht alle Paare schwanger. Woran das liegen kann und welche Behandlungsarten es beim unerfüllten Kinderwunsch gibt, erklärt Gynäkologe und Reproduktionsmediziner Stefan Eisenhardt aus Neckarsulm im Interview

Viele Menschen haben den Wunsch, Eltern zu werden. Damit geht eine große Verantwortung einher. Denn die Kindheit kann auch spätere Paarbeziehungen beeinflussen. Ist der Kinderwunsch so groß und lässt sich nicht auf natürlichem Wege erfüllen, kommen Praxen wie die von Dr. Stefan Eisenhadt in Neckarsulm ins Spiel. Der Mediziner erklärt, welche Behandlungsmethoden es gibt. Teile der hier beschriebenen Behandlungen werden von den Krankenkassen übernommen – jedoch nicht alle und nicht für jeden.
Ein Paar mit Kinderwunsch hat regelmäßig Sex. Dennoch bleibt eine Schwangerschaft aus. Woran kann das liegen?
Dr. Stefan Eisenhardt: Der Eisprung ist die notwendige Voraussetzung, um überhaupt schwanger werden zu können. Viele wissen nicht, wann der richtige Zeitpunkt ist. Die fruchtbare Phase ist fünf bis sechs Tage lang, beginnt schon vor dem Eisprung und dauert maximal bis zu einem Tag nach dem Eisprung an. Wenn man diese fruchtbare Zeit verpasst, kann man noch so viel üben, dann wird es nicht klappen. Die Paare müssen es auf keinen Fall zweimal am Tag probieren – es soll schließlich noch Spaß machen.
Das heißt, viele Frauen wissen gar nicht, wann sie ihren Eisprung haben?
Eisenhardt: Genau. Um den Zeitpunkt herauszufinden, machen wir häufig die hormonelle Diagnostik am Zyklusanfang und eine Ultraschalluntersuchung, wenn wir den Eisprung vermuten. Beim Ultraschall schauen wir die Eierstöcke, die Gebärmutter und den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut an. Wenn wir sehen, dass keine Eizellreifung stattfindet, versuchen wir die Hormone ins Gleichgewicht zu bekommen. Es gilt die gestörte Eizellreifung zu verbessern, damit es zum Eisprung kommt.
Und was, wenn das medizinische Problem beim Mann liegt?
Eisenhardt: Bevor an der Frau ein Eingriff vorgenommen wird, der für weitere Diagnosen nötig ist, schauen wir immer die Männer an. Ein Spermiogramm machen, ist einfach. Die Männer müssen nur eine Samenprobe beim Urologen oder im Kinderwunschzentrum abgeben. Dabei werden das Volumen des Ejakulats, die Anzahl der Spermien darin, ihre Beweglichkeit und die Form analysiert. Es sollten beispielsweise mindestens 39 Millionen Spermien in eineinhalb bis sechs Milliliter Ejakulat enthalten sein. Wenn es deutliche Einschränkungen gibt, ist es schwieriger, schwanger zu werden.
Welche Behandlung ist in so einem Fall möglich?
Eisenhardt: Wenn die Spermien eingeschränkt sind, können wir dem Paar eine Inseminationsbehandlung anbieten. Zum Eisprung werden der Frau die Spermien über einen feinen Katheter direkt in die Gebärmutter gegeben. Dazu brauchen wir eine Samenprobe, die noch im Labor aufbereitet wird. So können wir die Beweglichkeit der Spermien meist verbessern. Die erste Hürde für die Spermien ist der Gebärmutterhalskanal, wo sich auch der Gebärmutterhalsschleim befindet. Damit sie da durchkommen, muss der Schleim dünnflüssig sein. Das funktioniert nicht bei allen Frauen. Bei der Behandlung müssen die Spermien nur den Weg durch die Eileiter zurücklegen. Dazu müssen die Eileiter durchgängig sein. Vor dieser Behandlung macht es Sinn, die Eileiterdurchgängigkeit zu prüfen.
Was, wenn dabei ein Problem der Eileiter festgestellt wird?
Eisenhardt: Dann klappt eine Schwangerschaft selten auf normalem Wege. Es kann auch vorkommen, dass die Spermien durchkommen und es zur Befruchtung der Eizelle kommt. Wenn der Embryo dann Richtung Gebärmutter wandert, kann er auf dem Weg hängen bleiben. Das ist dann eine Eileiterschwangerschaft, die ist leider nicht funktionstüchtig und oftmals ein echtes Risiko für Patientinnen, wenn die Schwangerschaft weiterwächst. Dann würde der Eileiter irgendwann reißen, wodurch es zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen kann. Das passiert heute zum Glück nur noch sehr selten, weil es von den Ärzten rechtzeitig erkannt wird.
Welche Möglichkeiten gibt es mit undurchlässigen Eileitern dann noch?
Eisenhardt: Der nächste Schritt ist die IVF-Behandlung, die sogenannte In-vitro-Fertilisation. Durch hormonelle Stimulation reifen mehrere Eizellen heran, die in einer kurzen Narkose entnommen werden. Die Eizellen werden im Labor mit Samen zusammen in ein Schälchen gegeben. Die Samen müssen die Eizelle allein befruchten. Sollte auch das nicht möglich sein, werden bei der ICSI-Behandlung, der Intrazytoplasmatische Spermieninjektion, pro Eizelle eine Samenzelle ausgesucht und direkt in die Eizelle injiziert.
Und trotzdem klappt ja nicht bei jeder Eizelle die Befruchtung.
Eisenhardt: Das liegt in der Natur der Dinge, weil nicht alle Eizellen und Spermien gut sind. Das sieht man ihnen nicht an. Vielleicht gibt es fehlerhafte genetische Informationen. Selbst wenn Eizelle und Spermium genetisch wunderbar sind, ist die Verschmelzung der beiden Erbanlagen ein komplexer Prozess, bei dem immer wieder Dinge schieflaufen. Von zehn Eizellen werden im Schnitt sechs oder sieben befruchtet.
Was passiert mit den befruchteten Eizellen oder Embryonen?
Eisenhardt: Die befruchteten Eizellen oder zumindest einen Teil davon geben wir dann den Frauen zurück – das heißt, wir setzen sie in die Gebärmutter ein. Wir würden empfehlen, die übrigen befruchteten Eizellen ebenso wie Embryonen für mögliche folgende Schwangerschaften einzufrieren, oder wenn es nicht beim ersten Mal klappt. Heutzutage ist das Auftauen viel unkomplizierter. Paare, die das machen, haben keine schlechteren Chancen auf eine Schwangerschaft. So müssen wir nie etwas wegwerfen, wenn die Paare das nicht explizit wollen. Das kommt aber selten vor.
Zur Person
Dr. Stefan Eisenhardt ist Reproduktionsmediziner und gynäkologischer Endokrinologe. Außerdem hat er einen Master in Klinischer Embryologie. Mit seinen Kolleginnen betreibt er eine Praxis in Neckarsulm. Dort widmen sich die Ärzte der Kinderwunschbehandlung, begleiten Paare und bieten auch für Privatpatientinnen eine Sprechstunde.



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