Warum das Coronavirus nicht das größte Problem im Herbst sein wird
Das Sars-Cov-2-Virus stellt nach Einschätzung von Experten keine große Gefahr mehr dar. Zwar würden viele Menschen daran erkranken, die Verläufe aber wahrscheinlich milder ausfallen. Ein drängendes Problem liegt eher woanders.

Was bringt der Corona-Herbst? Die Frage beantworten drei hochkarätige Experten bei einem Pressegespräch des Science Media Centers. Probleme werde weniger Sars-Cov-2 bereiten, sondern die Engpässe im Gesundheitssystem.
Wie viele Menschen sind derzeit an Corona erkrankt?
Verlässliche Zahlen dazu gibt es nicht mehr, denn es wird nicht mehr routinemäßig auf das Virus getestet. Auf niedrigem Niveau stabil ist die Situation auf den Intensivstationen. Laut Stefan Kluge, Intensivmediziner vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, werden derzeit 182 Patienten auf deutschen Intensivstationen behandelt, bei denen eine Covid-Infektion nachgewiesen ist. Das sind etwa ein Prozent aller Intensivpatienten. Bei vielen davon lägen diverse weitere Krankheiten vor, die den kritischen Zustand begründen, so Kluge.
Womit rechnen die Forscher?
Sandra Ciesek, Virologin an der Uni-Klinik Frankfurt, sagt, es sei zu erwarten und normal, dass sich das Virus weiterentwickle. Sie sei entspannt, solange es bei Omikron-Varianten bleibt. Das ist bei der aktuellen Eris-Variante der Fall, auch die Pirola-Variante sei ihrer Meinung nach nicht gefährlicher. Noch wisse man aber wenig über diesen Subtyp.
Wer sollte seine Impfung auffrischen lassen?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat dazu klare Empfehlungen. Es gilt: Bestimmte Gruppen, wie Menschen über 60 Jahre, Patienten mit schweren Lungenerkrankungen oder Immungeschwächte, sollten ihren Impfschutz auffrischen lassen. Leif Erik Sander, Infektiologe an der Berliner Charité, räumt mit der Annahme auf, dass mehrfaches Boostern schädlich sein könnte. Dafür gebe es keine Anzeichen. Vielmehr habe man nach jeder Booster-Kampagne in anderen Ländern einen deutlichen Nutzen gesehen.
Werden wir wieder Maske tragen müssen im Winter?
Die Referenten erwarten nicht, dass Masketragen wieder politisch angeordnet werden wird. Gleichzeitig sagen sie, dass es in manchen Situationen ratsam sei, zur Maske zu greifen. Etwa um andere zu schützen, wenn man selbst erkältet ist oder aber um eine Infektion zu vermeiden, wenn man unter Vorerkrankungen leidet und viele um einen herum Erkältungssymptome haben.
Wie ist das deutsche Gesundheitssystem insgesamt aufgestellt?
Hier sehen die Experten die größten Schwierigkeiten. Sander nimmt an, dass die vielen Probleme "auch diesen Winter wieder zu Versorgungsproblemen führen" werden. Das Personal, vor allem in der Pflege, sei knapp, sagt Kluge: "Schon jetzt können deshalb 25 Prozent der Intensivbetten nicht betrieben werden." Komme eine Corona- oder Influenzawelle dazu und Teile des Personals erkrankten, "dann bekommen wir Probleme". In der Kinder- und Jugendmedizin und in Notaufnahmen rechnen die Experten wieder mit "stundenlangen Wartezeiten" und damit, dass Patienten in andere Kliniken verlegt werden müssen.
Wie lautet das Fazit?
"Wir sind aus der Pandemie raus, aber die Viren sind immer noch da", fasst es Sander zusammen. Viele werden wieder eine Corona-Infektion haben, sagt Ciesek. Aber die Krankheitsverläufe werden zumeist in ihrer Schwere denen einer normalen Erkältung gleichen.

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