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Ob zwei oder vier Räder: Hauptsache elektrisch auf der IAA

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Autos, Fahrräder, Demonstranten: Die IAA versucht einen Neustart als Mobilitätsschau in München.

Ein großes Polizeiaufgebot soll einen reibungslosen Ablauf des Events garantieren. Fotos: dpa
Ein großes Polizeiaufgebot soll einen reibungslosen Ablauf des Events garantieren. Fotos: dpa  Foto: Sven Hoppe

Rund um den Odeonsplatz, Wittelsbacherplatz und andere exponierte Stellen in der Innenstadt haben Polizisten Stellung bezogen. Über der Stadt kreisen Hubschrauber. Vor dem Haupteingang der Messe im Stadtteil Riem reihen sich Einsatzfahrzeuge aneinander. München gleicht in diesen Tagen einem Hochsicherheitstrakt.

Man könnte fast meinen, ein Staatsbesuch steht an, dabei ist eigentlich nur Automesse. Aber was heißt schon nur? Pünktlich zum Start der IAA Mobility in der bayerischen Landeshauptstadt gab es am Dienstag die ersten Protestaktionen.

Aktivisten überklebten Schilder und seilten sich auf mehreren Autobahnen um München ab. Fünf waren zwischenzeitlich voll gesperrt, es kam zu kilometerlangen Staus, das Sondereinsatzkommando (SEK) rückte an.


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4300 Polizeikräfte im Einsatz

Es war wohl nur ein Vorgeschmack auf das, was Aktivisten in den nächsten Tagen planen. In ganz München sind 4300 Polizeikräfte im Einsatz, um das Messetreiben in Riem und in der Innenstadt zu schützen. Die Deutschen und das Auto - das reicht von Liebe bis Hass.

E-Bikes spielen eine wichtige Rolle bei der Messe.  Foto: dpa
E-Bikes spielen eine wichtige Rolle bei der Messe. Foto: dpa  Foto: Sven Hoppe

Nüchtern betrachtet sind im ganz Land mehr als eine Million Menschen in der Branche beschäftigt. Jeder vierte Euro in Deutschland wird durch das Automobil erwirtschaftet. Doch die Branche ist in den vergangenen Jahren immer mehr in die Kritik geraten. Einer der Auslöser war 2015 der Dieselskandal, zudem nimmt die Diskussion um Klimaschutz immer mehr Fahrt auf.

Dementsprechend gibt sich die Automesse IAA nach zwei Jahren Pause einen neuen Anstrich. Statt Frankfurt nun München. Statt ausschließlich Autos zu zeigen, kann man nun auch Fahrräder in Augenschein nehmen, bei Diskussionsforen sprechen die Teilnehmer über den Verkehr der Zukunft. Und so will der Verband der Automobilindustrie (VDA) mit der IAA Mobility, wie der Name schon sagt, eine Mobilitätsmesse mit ganzheitlichem Ansatz etablieren.

Mit Ständen in der Innenstadt suchen Hersteller wie Audi, Porsche und Mercedes die Nähe zu den Menschen. Denn trotz Drahteseln steht freilich das Auto weiterhin im Mittelpunkt. "Wichtig ist, dass wir als Automobilindustrie zeigen können, dass wir bereit sind für die Mobilität von morgen", erklärt VDA-Geschäftsführer Jürgen Mindel. "Wir werden zwar noch Autos mit Verbrennungsmotor in München erleben, aber der klare Fokus liegt auf der Zukunft des Antriebes."

Verbrenner sind die Ausnahme

Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor sind tatsächlich die Ausnahme in München, die großen Neuheiten stehen fast ausnahmslos unter Strom. Alle voran zeigt Mercedes, wie ernst es der Autobauer mit der Transformation nimmt. Die Stuttgarter beschleunigen den Eintritt ins Elektro-Zeitalter noch einmal deutlich. Nach dem Flaggschiff EQS stellen die Stuttgarter in München nun die elektrifizierte E-Klasse, den EQE vor.

Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, präsentiert während der Mercedes-Benz "Pre-Night" den neuen Mercedes-Benz EQE. Foto: dpa
Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, präsentiert während der Mercedes-Benz "Pre-Night" den neuen Mercedes-Benz EQE. Foto: dpa  Foto: Sven Hoppe

Und weil SUVs in den Zulassungsstatistiken weiter die Spitzenplätze belegen, kommt der EQB als elektrischer Familienwagen mit bis zu sieben Sitzen, für die betuchte Klientel gibt es von der Submarke Maybach künftig ein E-SUV in der Luxusklasse. Und selbst den Klassiker G-Klasse setzt die Marke mit dem Stern unter Strom. "Wir sind bereit und können liefern, falls sich die Nachfrage noch schneller dreht als gedacht", sagt Daimler-Chef Ola Källenius.

Die Tochter Smart hat den Verbrenner bereits vor zwei Jahren ins Museum verbannt und ist seitdem weltweit nur noch als Elektromarke unterwegs. Zusammen mit dem chinesischen Partner Geely rollt 2022 ein komplett neues Modell heran. Einen ersten Ausblick gibt die Studie Concept #1 - ein 4,30 Meter langes SUV mit fünf vollwertigen Sitzen und 400 Kilometern Reichweite.

Auch der neue Smart Concept#1 ist während der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA Mobility) in München zu sehen. Foto: dpa
Auch der neue Smart Concept#1 ist während der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA Mobility) in München zu sehen. Foto: dpa  Foto: Sven Hoppe

Und falls die Chinesen, die die Technik liefern, tatsächlich auch für den Smart die 800 Volt-Technik spendieren, die sie zum Beispiel bei Lynk & Co. oder Zeekr einbauen, dann lädt der künftige Elektro-Smart sehr viel schneller als jeder Mercedes.

Konkreter Ausblick auf die nächsten Jahre

Die Marke mit dem Stern will etliche der ab 2024 vorgesehenen neuen Elektroautos ein Jahr oder noch früher auf den Markt bringen als geplant. Die Autos am Stand in München liefern einen konkreten Ausblick darauf. Ursprünglich hatte man bei Mercedes mal das Jahr 2039 für das Ende der Verbrenner ins Auge gefasst, doch mittlerweile prüft man in Stuttgart offenbar Szenarien, wonach bereits fünf bis acht Jahre früher nur noch Neuwagen mit E-Motoren vom Band rollen sollen.

Aber auch ohne dicken Geldbeutel wird es für die breite Masse mehr Stromer denn je geben. So will Renault dafür in den nächsten Jahren mehr als ein halbes Dutzend neuer Akku-Autos an den Start bringen, um den Erfolg von Modellen wie dem Zoe weiter auszubauen. Den Anfang macht dabei der Mégane E-Tech, der seine Premiere jetzt auf der IAA in München feiert und im Frühjahr mit deutlich mehr als 400 Kilometern Reichweite in den Handel kommen soll.

Klare Kanten: Mit der Studie ID.Life zeigt VW ein Einstiegsmodell, das im Jahr 2025 auf den Markt kommen soll.
Foto: dpa
Klare Kanten: Mit der Studie ID.Life zeigt VW ein Einstiegsmodell, das im Jahr 2025 auf den Markt kommen soll. Foto: dpa  Foto: Thomas Geiger

Eine Klasse darunter arbeitet der VW-Konzern am Einstieg in die Elektromobilität für die Marken VW, Seat und Skoda. 2025 soll es losgehen. Die Studie ID.Life liefert einen konkreten Ausblick auf den künftigen ID.2. Was einst mal Polo und Co. waren soll nun in die neue Welt übertragen werden. Dafür gibt es in der Serie Front- statt Heckantrieb, einen Akku für gut 400 Kilometer Laufleistung und einen Einstiegspreis, der zwischen 20.000 und 25.000 Euro liegen soll.

Die sportlich-überzeichnete Studie Urban Rebel von Cupra soll die Designsprache eines kommenden Elektroautos für Einsteiger andeuten. Foto: Uli Weber/Cupra/dpa-tmn
Die sportlich-überzeichnete Studie Urban Rebel von Cupra soll die Designsprache eines kommenden Elektroautos für Einsteiger andeuten. Foto: Uli Weber/Cupra/dpa-tmn  Foto: Uli Weber

Weil die sportliche Seat-Schwester Cupra innerhalb des Konzerns immer frecher auftreten darf, zeigen die Spanier die Studie Urban Rebel. Freilich ziemlich überzeichnet und als kompakter Renner nicht für die Straße gedacht. Doch das knackige Design gibt schon eine gute Vorstellung davon, wie der kleinste Stromer aus Spanien aussehen soll.

Aber selbst viele der Ausstellungsstücke auf zwei Rädern stehen unter Strom. Denn, so sagen es alle Zukunftsforscher unisono, dem Fahrrad scheint eine tragende Rolle zugedacht. So suggeriert es auch ein Messeplakat, das im Vordergrund ein E-Bike zeigt und erst dahinter ein Auto. Überschrift: "E-zapft is!"

Wer indes auf den Straßen in München unterwegs ist, stellt schnell fest, dass das Zusammenspiel von Fahrrad und Auto im Alltag noch nicht immer so funktioniert, wie es im Idealfall sein sollte. Gegenseitige Rücksicht tut hier und da Not.

 
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