Stimme+
Heilbronn
Lesezeichen setzen Merken

Wie lang der Bäcker hinter Gittern bleibt, wird 2020 geprüft

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Die Große Vollstreckungskammer am Landgericht Heilbronn trifft Ende 2020 eine Entscheidung, wie viele Jahre der Verurteilte tatsächlich verbüßen muss. Im Gefängnis verhält sich der Bäcker unauffällig.

Von Carsten Friese
Die Gemeinde hat die ehemalige Bank gekauft und umgebaut. Ein Bäcker betreibt dort mittlerweile ein beliebtes Café. Kunden von auswärts haken immer mal wieder nach, ob das der Tatort sei.
Foto: Simon Gajer
Die Gemeinde hat die ehemalige Bank gekauft und umgebaut. Ein Bäcker betreibt dort mittlerweile ein beliebtes Café. Kunden von auswärts haken immer mal wieder nach, ob das der Tatort sei. Foto: Simon Gajer  Foto: Gajer, Simon

Die Szene hat sich ins Gedächtnis eingebrannt. Kurz vor dem Urteil im zweiten Mordprozess gegen den Siegelsbacher Dorfbäcker steht der 50-Jährige zum letzten Wort auf.

Nachdem seine Verteidigerin wie im ersten Prozess in Heilbronn Freispruch gefordert hat, sagt B. vor dem Stuttgarter Landgericht mit ruhiger Stimme: "Ich habe noch nie einen Bankraub oder Mord begangen." Dann hebt er die rechte Hand und ergänzt: "Und das schwöre ich bei Gott."

Die Tatwaffe wurde nie gefunden

Der Schwur verpuffte. Zu lebenslanger Haft ist B. vom Stuttgarter Landgericht wenige Tage später verurteilt worden, weil die Richter keine Zweifel an seiner Schuld hatten. Zu stark wogen viele Indizien wie seine hohen Schulden. 33.000 Euro erbeutete der Täter. Kurz nach der Tat zahlte B. bei seiner Hausbank 10.000 Euro ein, die Polizei fand bei ihm in einem Versteck weitere 21.000 Euro; es gab eine Blutspur des brutal niedergeschlagenen Bankangestellten im Auto des Bäckers und ein Sohlenprofil am Tatort, das zu einem Stiefel des Angeklagten passte. Zudem hatte der überlebende Rentner B. als Täter identifiziert. Die Tatwaffe wurde indes nie gefunden.

Auch interessant: Ein Überlebender denkt täglich an den Banküberfall von Siegelsbach (Premium)

Erst Freispruch im ersten Prozess in Heilbronn; dann Höchststrafe durch ein neues Gericht in Stuttgart: Der Fall, bei dem der Täter eine Rentnerin in der Bank erschoss, hat viele Emotionen in der Region ausgelöst. Zehn Jahre ist die Rechtskraft des Urteils inzwischen her. Wie lange wird jetzt lebenslang?

Die Entwicklung des Verurteilten wird berücksichtigt

Weil die Richter für die brutale, skrupellose Tat die besondere Schwere der Schuld feststellten, liegt die Untergrenze einer zu verbüßenden Haft in dem Fall bei 15 Jahren. Vor Ablauf dieser Frist wird die Große Strafvollstreckungskammer am Heilbronner Landgericht entscheiden, wie lange die Mindestverbüßungsdauer dann tatsächlich wird. Vielleicht 17 Jahre, 20 oder mehr?

Im Fall des Bäckers "wird diese Entscheidung im November 2020 zu treffen sein", teilt Pressestaatsanwältin Bettina Jörg mit. Die Entwicklung des Verurteilten im Vollzug und die Aufarbeitung seiner Tat würden dabei berücksichtigt.

Hat Bäcker B. seine Tat nun eingeräumt und aufgearbeitet? Zeigt er Reue? Dies wären wichtige Voraussetzungen, um wieder in Freiheit entlassen zu werden. Der Staatsanwaltschaft ist zu dieser Frage derzeit nichts bekannt; eine Anfrage bei der zuständigen Anwältin des Bäckers blieb unbeantwortet.

B. sitzt seine Strafe im Heilbronner Gefängnis ab und verhält sich dort nach Stimme-Informationen "absolut unauffällig". Er arbeitet im Gefängnis, allerdings nicht in der Bäckerei. Wenn die Richter 2020 über die Mindesthaftdauer entscheiden, wird er 62 Jahre alt sein.

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben