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Mehr als nur Bademode: Das Bikini Art Museum in Bad Rappenau bietet einen Kurzurlaub mit Spaßfaktor und Tiefgang

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Feminismus, Body Positivity oder auch MeToo: Das Museum direkt an der A6 neben dem Autohof zeigt nicht nur die verschiedenen Modestile, sondern widmet sich auch aktuellen Themen und reflektiert den gesellschaftlilchen Wert der Frau.

Von Stefanie Pfäffle
Das Bikini Art Museum ist seit 2020 ein Anziehungspunkt für Bad Rappenau − direkt an der Autobahn.
Das Bikini Art Museum ist seit 2020 ein Anziehungspunkt für Bad Rappenau − direkt an der Autobahn.  Foto: Pfäffle, Stefanie

Museen gibt es gefühlt wie Sand am Meer. Vom Glücksschweinchen bis zum antiken Gemälde wird nahezu alles in einer Sammlung präsentiert. Eines fehlte aber erstaunlicherweise bis 2020 in der Liste: Bademode und Badekultur. "Es gab immer mal wieder Ausstellungen, aber weltweit kein Museum, das sich dieses Themas angenommen hat", erzählt Maximilian Lang, COO der 24RE Real Estate GmbH. Das muss sich ändern, befand Geschäftsführer Alexander Ruscheinsky. Das Ergebnis: das Bikini Art Museum in Bad Rappenau, direkt an der A6 neben dem Autohof.


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In einer Clique mit Brigitte Bardot

Ruscheinsky liebt die Sonne, Urlaub und den Strand. Also verschlägt es ihn immer wieder nach Brasilien. Dort lernt er eines Tages eine ältere Dame namens Alda kennen, die ihm von ihrer Idee berichtet, ihr Leben in Fotos auszustellen. "Das waren spektakuläre Bilder, denn sie gehörte in den 1950er Jahren zu einer Mittelmeerclique mit Brigitte Bardot und anderen", erklärt Maximilian Lang. Letztlich natürlich nur ein Nischenthema, doch bei seinem Chef macht es Klick. Er denkt die Idee weiter, kommt auf Bademode, schließlich ist das etwas, mit dem praktisch jeder in seinem Leben in Kontakt kommt.

2013 beginnen er und sein Team damit, die ersten Ideen zu spinnen. "Wir waren ja erstmal Laien, haben im Internet recherchiert, die wenige Literatur, die es dazu gibt, durchforstet, Archive durchstöbert, mit Zeitzeugen gesprochen und angefangen, bekannte Bademodenhersteller zu kontaktieren", erinnert sich Lang. Wie bei einem Schneeballsystem wird die Idee immer größer und größer. Der wichtigste Schritt ist, als das Team auf Ghislaine Rayer und Patrice Gaulupeau stößt. "In der Szene sind sie keine unbeschriebenen Blätter, besitzen zu diesem Zeitpunkt die wahrscheinlich größte private Bademodensammlung der Welt." Inzwischen sind die Franzosen gute Freunde geworden.

Raritäten aus dem Beginn der Bikinizeit

Bekannte Träger, wie David Hasselhoff, geben der Sammlung ihr i-Tüpfelchen.
Bekannte Träger, wie David Hasselhoff, geben der Sammlung ihr i-Tüpfelchen.  Foto: Pfäffle, Stefanie

Die Autohofbetreiber beschließen, die Sammlung aufzukaufen und damit den Grundstein für das Bikini Art Museum zu legen. Der Großteil ist jetzt in Bad Rappenau zu sehen. "Da sind einige Raritäten darunter - aus dem Beginn der Bikinizeit." Schwer zu finden, denn schließlich werden Stoffe mit der Zeit nicht unbedingt besser. Mit Jürgen Kraft, einem Bademodensammler aus Usedom und Experten für vor allem ostdeutsche Bademode, ist ein weiterer Experte gefunden, mit dem das Museum zusammenarbeitet.

Bleibt die Frage nach dem Wo. Bad Rappenau war schon immer ein guter Standort für 24RE. 2012 eröffnen sie hier ein Best Western Hotel, das so gut lief, dass es auf 97 Zimmer ausgebaut wurde. "In dem Zug haben wir beschlossen, Kultur an der Autobahn zu etablieren, um den Aufenthalt schöner zu gestalten, den Leuten einen Mehrwert zu bieten", erläutert Maximilian Lang das Konzept. Während andernorts Ausstellungen in die Autohöfe integriert werden, bekommt die Kurstadt einen kompletten, ungewöhnlichen Neubau, einen echten Hingucker.

Der Trend geht hin zu mehr Stoff

Für Maximilian Lang, COO der 24RE Real Estate GmbH, ist das Bikini Art Museum in Bad Rappenau das Flaggschiff unter den Kulturangeboten an der Autobahn.
Fotos: Stefanie Pfäffle
Für Maximilian Lang, COO der 24RE Real Estate GmbH, ist das Bikini Art Museum in Bad Rappenau das Flaggschiff unter den Kulturangeboten an der Autobahn. Fotos: Stefanie Pfäffle  Foto: Pfäffle, Stefanie

Doch es sollte mehr werden als nur eine bloße Aneinanderreihung verschiedener Bademodenstile. "Wir wollten Themen behandeln, die damit auch zu tun haben wie Feminismus, Body Positivity oder auch MeToo. Die Besucher sind oft über die Tiefe überrascht." An der Entwicklung der Bademode könne man auch ein bisschen den gesellschaftlichen Wert der Frau darstellen - allein an der Stoffmenge. "Aktuell geht die Tendenz wieder zu etwas mehr Stoff und Badeanzügen. In manchen Kulturen ist ja auch mehr Stoff erwünscht. Deshalb sieht man bei uns einen Burkini genauso wie den Hauch von Nichts der Brasilianerinnen." Oder Facekinis, die Asiatinnen wie eine Sturmhaube tragen, um ihre Blässe auch am Strand zu erhalten.

Die ganz großen Entwicklungsschritte waren sicher die vom Badekostüm über Trikots und Einteiler hin zum Bikini mit freiem Bauchnabel - damals ein Skandal. In den vergangenen 30 Jahren passiert nicht mehr so viel Gravierendes, es wird nur weiter am Bikini gearbeitet.

Führungen für Schulklassen

An starken Wochentagen kommen etwa 100 Besucher. Seit die Corona-Einschränkungen 2022 weggefallen sind, finden auch immer mehr Gruppen, ganze Busse, aber auch Geburtstagsfeiern ihren Weg nach Bad Rappenau. Auch internationale Gäste schneien herein. Das Museum bietet sogar Kinderführungen für Schulklassen, abgestimmt auf den Lehrplan des Landes Baden-Württemberg. Die tanzen dann aber gerne einfach mal eine Runde im Spiegelsaal oder bringen ihr Handy im Selfie-Art-Museum zum Glühen.

"Wir sind stolz darauf, dass wir überwiegend junge Besucher haben", freut sich Maximilian Lang. Das ganze Team sei mit viel Herzblut bei der Sache. Das Projekt mache allen einfach ungemein viel Spaß. "Wir bieten einen Kurzurlaub für Daheimgebliebene, ein Erlebnis, das qualitativ hochwertig aufgearbeitet wurde." Und alles nur, weil eine alte Dame in den 1950ern eine spektakuläre Zeit am Mittelmeer hatte.

 
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