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Unterbringung von Flüchtlingen: Kirchardt hat kein Bett mehr frei

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Händeringend sucht die Gemeinde Kirchardt nach Plätzen zur Unterbringung von Flüchtlingen. Zur Zuspitzung der Lage hat auch der Brand in der größten gemeindeeigenen Unterkunft beigetragen.

Die größte gemeindeeigene Flüchtlings- und Obdachlosenunterkunft in der Hauptstraße 33/1 ist seit einem Brand im August unbewohnbar.
Die größte gemeindeeigene Flüchtlings- und Obdachlosenunterkunft in der Hauptstraße 33/1 ist seit einem Brand im August unbewohnbar.  Foto: Schwarzbürger, Susanne

Seit 2014/15 verzeichne man konstant hohe Zugangszahlen, ruft Katrin Bucher dem Kirchardter Gemeinderat in Erinnerung. Viele Flüchtlinge sind es, die seither in Deutschland insgesamt, aber eben auch in dem 6000-Einwohner-Ort untergebracht werden müssen. 90 Personen unterschiedlicher Nationen fanden hier schon Unterschlupf. Doch nun, so die Ordnungsamtsleiterin, spitze die Lage sich zu.


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Bürgermeister Gerd Kreiter hat das genaue Datum im Kopf: "Seit dem 24. Februar kommen die ukrainischen Flüchtlinge." Gleichzeitig lasse der Zufluss aus Ländern wie Syrien oder Afghanistan nicht nach. Doch was tun, wenn das Landratsamt mitteilt, "dass wir im Monat September noch insgesamt 15 ukrainische Flüchtlinge aufnehmen müssen", so Bucher, die Gemeinde aber kein einziges freies Bett mehr habe?

Zur Zuspitzung der Lage hat auch der Brand in der größten gemeindeeigenen Unterkunft beigetragen. Das Gebäude in der Hauptstraße ist seit Mitte August unbewohnbar, sieben Männer mussten von heute auf morgen woanders ein Dach über dem Kopf finden. Sie belegen seither die letzten freien Betten in bestehenden Quartieren. "Wir können unsere Pflicht nicht mehr erfüllen", gesteht Bucher. Zumal das Baurechtsamt untersagt habe, private Kellerräume zum Wohnen zu nutzen wie bisher. Das betrifft derzeit fünf Ukrainer, für die noch im September eine Alternative gefunden werden muss.

Derzeit sind 41 Flüchtlinge in Kirchardt gemeldet. 14 von ihnen beherbergt die Gemeinde. Bei 13 Personen, die derzeit in Notunterkünften leben, wo Menschen verschiedener Nationen Räume teilen müssen, handele es sich um Obdachlose, nicht um Geflüchtete, erklärt Bucher. Was die Sache nicht besser macht. Die Verwaltung fürchtet dieses Szenario: "Die Flüchtlinge werden mit dem Bus hergefahren und vor dem Rathaus abgesetzt."

Altes Rathaus wird Notunterkunft

Um das zu vermeiden, tut das Rathaus, was es kann. Bürgermeister Kreiter plädiert nicht nur inständig an alle Mitbürger, nochmal die Möglichkeit, Geflüchtete aufzunehmen, zu überprüfen. Und "wenn jemand jemanden kennt, der jemanden kennt, der eine Wohnung hat", möge man die Bitte weitergeben. Die Gemeinde selbst hat schon den Umbau des ehemaligen Gasthauses Löwen in Berwangen in Angriff genommen. Doch so schnell wird das nicht fertig.

Noch länger wird es dauern, bis man das aktuelle Rathaus für die Flüchtlingsunterbringung herrichten kann. Der Umzug der Verwaltung in die im Umbau befindlichen ehemaligen Volksbank-Räume ist für Ende des Jahres geplant. Ab zweitem Quartal 2023 hofft man dann, die Goethestraße 5 mit Flüchtlingen belegen zu können.

Lieber Flüchtlinge im Denkmal als schneller Verkauf

Um die Unterbringung Geflüchteter in Sport-, Fest- oder Dorfhalle zu vermeiden, bittet Kreiter den Gemeinderat am Montagabend, nicht nur den Sachstandsbericht zur Flüchtlingsunterbringung zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch, der Verlängerung einer Optionsvereinbarung für ein Anwesen im Burggärtenweg 4 nicht zuzustimmen. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde lange als Obdachlosenunterkunft genutzt und steht derzeit leer, weil es verkauft werden soll. Im Januar hatte der Gemeinderat den Abschluss einer Optionsvereinbarung mit einem Kaufinteressenten aus Heilbronn zugestimmt, der nach Gesprächen mit dem Denkmalamt jetzt die Verlängerung dieser Kaufoption gebeten hat.

Kreiter: "Wir hätten es gerne vermieden, in diesem unsanierten Zustand dort Mieter unterzubringen. Es muss aber sein." Bei einem Verkauf des Gebäudes müssten die Flüchtlinge dann aber wieder verlegt werden.

Arbeit und Wohnraum

Ob man Flüchtlinge nicht in Arbeit bringen und denen, die Arbeit gefunden haben, das Zimmer in der Notunterkunft kündigen könne, erkundigt sich Gemeinderätin Elke Betz (CDU) - und löst damit am Montagabend eine Diskussion aus. Katrin Bucher betont, dass die Leute nur mangels Alternative bleiben: "Unsere Flüchtlingsunterbringung ist eine Obdachlosenunterbringung, das muss man in der Deutlichkeit sagen." Gerd Kreiter kennt einen Asylanten, der in Heilbronn arbeitet und täglich den mühsamen Weg per ÖPNV auf sich nimmt, weil er in der Stadt auch keine Wohnung findet.

 

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