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"Es ist mir zu wenig, nur Moderator zu sein": Klaus Holaschke seit 20 Jahren OB von Eppingen

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Eppingens OB Klaus Holaschke ist seit 20 Jahren im Amt. Wie der 63-Jährige die Stadtentwicklung seither erlebt und was für ihn die größten Anforderungen an die Kommunlapolitik sind, wollte die Stimme von dem Parteilosen wissen.

Klaus Holaschke hat seit 20 Jahren den Vorsitz im Eppinger Gemeinderat.  
Foto: Ralf Seidel
Klaus Holaschke hat seit 20 Jahren den Vorsitz im Eppinger Gemeinderat. Foto: Ralf Seidel  Foto: Seidel

Seit 20 Jahren ist Klaus Holaschke Oberbürgermeister in Eppingen. Wie sich die Stadt seitdem entwickelt hat und was die aktuellen Herausforderungen sind, wollte die Stimme von dem 63-jährigen Rathauschef wissen.

 

Wie hat sich die Stadt in Ihrer Wahrnehmung seit Ihrem Amtsantritt als OB vor 20 Jahren verändert?

Klaus Holaschke: Eppingen hat sich in vielen Themen stark weiterentwickelt. Durch die Maßnahmen der letzten Jahre wird nun der lange Weg hin zum Mittelzentrum sichtbar. Denn wenn wir das Eppingen von vor 20 Jahren mit heute vergleichen, lag der Schwerpunkt einerseits in der Umgestaltung der Innenstadt mit Rathaus, Marktplatz und Parkhaus. Andererseits waren es die Infrastrukturmaßnahmen zur Optimierung der Aufenthaltsqualität in den sechs Stadtteilen.

 

Welcher Mensch waren Sie, als Sie im April 2004 das erste Mal auf dem Sessel des OB Platz genommen haben?

Holaschke: Vor 20 Jahren war ich damals noch junger Familienvater, meine Kinder waren vier, neun und elf Jahre alt. Familienthemen haben damals auf jeden Fall mit reingewirkt, auch davor schon, als ich als Kämmerer in Eppingen arbeitete. Familienthemen treiben mich immer noch um, aktuell bei der Umsetzung des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich.

 

Die Gartenschau im Jahr 2022 war für die Stadt ein Jahrzehnteprojekt. War sie es das auch für Sie persönlich?

Holaschke: Auf jeden Fall. In diesem Zusammenhang bin ich sehr dankbar über meine Erfahrungen aus dem Jahr 2007. Damals war Eppingen ein ganzes Jahr lang Ausrichterin der baden-württembergischen Heimattage mit 250 000 Besuchern. Das war schon so etwas wie eine Referenz für das spätere Gartenschauprojekt. Ministerpräsident Oettinger hat damals sogar eine Kabinettssitzung im Eppinger Rathaus abgehalten. Der Sitzungstag am 3. Juli ist mir auch deshalb in Erinnerung geblieben, weil an diesem Tag die langjährige Sanierung des Rathauses offiziell endete.

 

Sie haben mehrere Hüte in der interkommunalen Zusammenarbeit auf, Sie sind etwa Erster Vizepräsident des baden-württembergischen Gemeindetags. Haben Sie als OB nicht auch ohne dieses Zusatzengagement schon genug zu tun?

Holaschke: Man wäre auch ohne diese Funktionen ausgelastet. Ich habe eine sehr gute innere Verwaltung, die mir den Rücken freihält. Die Stadt profitiert von diesem zusätzlichen Engagement. Eppingen hat dadurch bei der Vielzahl der Infos sicherlich immer sofort den Ball im Spielfeld. Zum Beispiel, wenn es um Förderprogramme geht. Man kann es auch als Insiderwissen bezeichnen.

 

Wohnraum, Kinderbetreuung, Klimawandel: Für viele Kommunen sind das die wichtigsten Herausforderungen. Auch für Eppingen?

Holaschke: Das Zusammenhalten der Gesellschaft ist daneben die wichtigste Herausforderung unserer Zeit, nicht nur für Eppingen. Dazu zählt, das Ehrenamt und das Vereinsleben zu fördern und zu stärken. Seit wenigen Jahren betonen wir bei der Vereinsförderung die Kinder- und Jugendarbeit.

 

Braucht Eppingen mehr sozialen Wohnraum?

Holaschke: Eppingen hat das klare Ziel, den sozialen Wohnungsbau mehr zu fördern. Wir haben kürzlich erst ein entsprechenes Förderprogramm in Anlehnung an das Programm des Landkreises geschlossen. Zurückblickend passierte hier zu wenig, die Perspektiven sind jetzt aber sehr positiv.

 

Was macht Sie so optimistisch?

Holaschke: Die Bauzinsen nähern sich allmählich wieder den drei Prozent. Wir identifizieren ständig Grundstücke, die wir für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums im Auge behalten. Und wir haben in Eppingen gewerbliche Partner, die Expertise in der seriellen Bauweise mitbringen.

 

Lange galt der Soziale Wohnungsbau als tot. Gibt es eine Renaissance?

Holaschke: Ich bin überzeugt: Staatlich gefördertes Wohnen wird an Bedeutung gewinnen. Eine Kommune im Landkreis hat vor Kurzem das Einkommensniveau aller Mitarbeiter im Rathaus erhoben und festgestellt, dass 90 Prozent einen Wohnberechtigungsschein bekämen. Die Einkommensgrenzen wurden sehr stark angehoben.

 

Sie sind bei der Planung von Photovoltaikflächen (PV) ziemlich vorangeprescht, haben mit 85 Hektar ein überproportional großes Angebot vorgeschlagen und durch den Gemeinderat gebracht. Warum?

Holaschke: Es war für mich entscheidend, dass es die Bauern waren, die an uns herangetreten sind. 85 Hektar sind vertretbar im Vergleich zu den mehr als 5000 Hektar Freifläche, über die wir - ohne den Wald mitzuzählen - verfügen. Zum anderen leitete mich die Überzeugung, dass PV-Anlagen schneller umsetzbar sind als Windparks. Man kann nicht immer auf andere schielen, wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energien geht.

 

Dieses Voranpreschen: Ist das ein Wesenszug des Menschen Klaus Holaschke? Wollen Sie als Bürgermeister einer Musterkommune glänzen?

Holaschke: Ich sage es mal so: Es ist es mir zu wenig, nur den Diskurs herzustellen und Moderator zu sein. Als Oberbürgermeister sehe ich mich vor allem als Input-Geber, um Initiativen anzustoßen.

 

Ist die politische Auseinandersetzung, auch die kommunalpolitische, wirklich rauer geworden, wie man immer wieder hört?

Holaschke: Die Bandagen sind in den vergangenen 20 Jahren im Gemeinderat nicht härter geworden. Allerdings nehmen die Angriffe aus der oft anonymen Öffentlichkeit zu. Da gibt es verbale Angriffe und Unterstellungen, insbesondere dem Amtsinhaber gegenüber. Reizthemen, wie die Flüchtlingspolitik, und Windkraft sind in diesem Zusammenhang große Herausforderungen.

 

Bei den Kommunalwahlen am 9. Juni können Jugendliche ab 16 Jahren erstmals wählen gehen und sich wählen lassen. Welche Botschaft geben Sie Erstwählern mit auf den Weg?

Holaschke: Sich kundig machen und sich eine eigene Meinung bilden. Entgegen einer vorherrschenden Ansicht bin ich überzeugt: Jugendliche sind an Politik interessiert. Das habe ich persönlich bei einer Veranstaltung mit Schülern aller Schulformen erlebt. Die Initiative zur Informationsverbreitung muss aber von der Kommunalpolitik und der Verwaltung ausgehen.


Zur Person: Klaus Holaschke wurde 1962 in Sinsheim geboren, er wuchs in Stebbach auf. Sein Abitur legte Holaschke am Eppinger Gymnasium ab. Seine berufliche Qualifikation erwarb er während seiner Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt in der Gemeinde Offenau. Holaschke war Kämmerer in Notzingen, Talheim und von 1999 bis 2004 in Eppingen. Erstmals als OB gewählt wurde Holaschke im Januar 2004. 2012 und 2020 wurde der Kommunalpolitiker wiedergewählt. Der Parteilose bestreitet aktuell seine dritte Amtszeit, die im Frühjahr 2028 endet.

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