Eppinger Buchhandel vor dem Beben
Der Multi-Filialist Osiander eröffnet ein Buchgeschäft im Eppinger Zentrum. Was das für die angestammten Händler bedeutet, ist kaum abzusehen. Es gibt aber Zweifel daran, dass der Markt groß genug für alle ist.

"Alles läuft nach Plan", sagt Heinrich Riethmüller, Geschäftsführer der Osianderschen Buchhandlung. Am 30. November eröffnet der Filialist mit Hauptsitz in Tübingen im neuen Wohn- und Geschäftshaus Brettener Straße 4 bis 6 ein Geschäft auf 140 Quadratmetern Fläche. Für Osiander-Verhältnisse ist das eher bescheiden.
"Wir gehen da hin, weil wir denken, dass der Markt noch nicht ausgeschöpft ist", erläutert Riethmüller, der durchaus Platz für mehrere Buchhändler in der Fachwerkstadt erkennt. "Wir sehen das sportlich."
Zweifel, ob der Markt für alle reicht
Platz für alle? Osianders Markteintritt werten viele in Eppingen als Frontalangriff auf Holl und Knoll, das angestammte Eppinger Buchgeschäft, das direkt gegenüber liegt. "Absolut unverständlich", findet Karl Knoll, dass die Tübinger in Eppingen derart großes Potenzial sehen. Der Verdrängungswettbewerb gehe los, so der Buchhändler. Er sagt aber: "Ich bin zuversichtlich, dass die Kunden mir die Treue halten."
Christian Riethmüller, der mit seinem Onkel Heinrich die Osiander-Geschicke lenkt, hatte gegenüber unserer Redaktion mit Blick auf Holl und Knoll prophezeit: In drei Jahren gebe es in Eppingen einen erfolgreichen Osiander und einen erfolgreichen Kollegen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Platz für alle gibt", meint hingegen Hans-Jürgen Dunz: Das gleichnamige Spielwarengeschäft in der Brettener Straße führt Jugend- und Malbücher - für ihn ein Randsortiment, meint Dunz. Trotzdem werde man den Konkurrenzdruck spüren. "Der Kuchen wird nicht größer."
Konkurrent reagiert mit neuem Angebot
Dass es Verwerfungen gibt, erwartet Wolfgang Schmidt. Um seine Bücherstube Dynamis in der Brettener Straße ist ihm wegen Osiander aber nicht bang: "Ich habe meine Nische gefunden", sagt Schmidt, der vor allem christliche Literatur führt. Gleichwohl reagiert er. Ab Ende November will er den Anteil an Jugendbüchern zurückfahren, mehr auf das Thema "Kulinarik und Literatur" setzen und mit Lesungen oder anderen Veranstaltungen punkten.
„Vielleicht sind die auch bald wieder weg.“
Wolfgang Schmidt
Mehr als die Tübinger Konkurrenz treibt ihn die generelle Situation im Eppinger Zentrum um. Die Besucherfrequenz sei zu gering, die Stadt tue zu wenig für den Handel. So hält es Schmidt auch für denkbar, dass Osiander Eppingens Potenzial überschätzt. "Vielleicht sind die auch bald wieder weg."
In anderen Branchen gebe es die Diskussion um Verdrängung nicht
Hans Müller stellt sich auf Veränderungen ein. "Wir werden das alle spüren, keine Frage", sagt der Händler, der in seinem Geschäft in der Bahnhofspassage auch Bücher, vor allem aber Schreibwaren und Geschenkartikel führt. Dass der Markt für alle reicht, glaubt er kaum. "Es sei denn, Amazon gibt es dann nicht mehr." Der Internet-Gigant dürfte auch in Eppingen der größte Buchhändler sein.
Darauf hebt auch Christian Riethmüller ab. Der Osiander-Chef kann die Debatte um Verdrängungswettbewerb nicht nachvollziehen. "Wenn irgendwo der fünfte Bäcker oder der vierte Döner-Laden aufmacht, gibt es diese Diskussion nicht."