Ein Schatz kehrt nach Hause zurück
Die Stadt Bad Rappenau hat Funde aus der Genisa der ehemaligen Synagoge Heinsheim zurückgegeben. Sie waren 2005 von dem zwischenzeitlich verstorbenen Heimatforscher Hans-Heinz Hartmann gefunden und im Archiv der Stadt aufbewahrt worden.

Die ehemalige Synagoge in Heinsheim ist saniert. Sämtliche Bauarbeiten sind abgeschlossen. Im Oktober wird das Gotteshaus als lebendiger Ort der Erinnerung, der Kultur und des Dialogs eingeweiht. Das Projekt des Freundeskreises, das mit dem Kauf des alten, heruntergekommenen Gebäudes 2013 endlich an Fahrt aufnahm, wurde vom Land Baden-Württemberg gefördert.
"Diese Beispiele sind nicht mehr so zahlreich", sagt Eduard Muckle als Architekt. Das Nutzungskonzept, hier nicht nur eine Gedenkstätte einzurichten, habe das Ministerium überzeugt. Landsynagogen wie die in Heinsheim gebe es nicht mehr viele: "In der Sozialgeschichte des Landes spielen sie aber eine große Rolle."
Hinweise auf Nutzung blieben erhalten
1796 wurde die Synagoge von Heinsheimer Juden gebaut. Die verkauften das Gebäude bereits im Januar 1938 an einen Heinsheimer Bauern. Und das führte dazu, dass die Synagoge bei der Pogromnacht im November 1938 verschont blieb.
Was später dann viele Jahre als Schmiede genutzt wurde, birgt tatsächlich noch zahlreiche Hinweise auf die einstige Nutzung als jüdisches Gotteshaus. Nicht nur der Eingang zur Frauenempore, auch der Hochzeitsstein mit der eingemeißelten Jahreszahl 1796 über dem Eingang sind erhalten geblieben.

Erhalten geblieben sind auch Fragmente alter jüdischer Schriften und Gebetsbücher, die 2005 von dem zwischenzeitlich verstorbenen Heimatforscher Hans-Heinz Hartmann entdeckt worden sind. Im Archiv der Stadt Bad Rappenau wurden sie in der Zwischenzeit treuhänderisch aufbewahrt.
Jetzt übergaben Oberbürgermeister Sebastian Frei und Stadtarchivarin Regina Thies die gerahmten Schnipsel an den Vorstand des Freundeskreises. Der plant damit eine Dauerausstellung zur Geschichte der Synagoge und der Heinsheimer Juden auf der Frauenempore zu bestücken.
OB Frei würdigte die Sanierung als im Stadtgebiet einmaliges Ausnahmeprojekt: Mit den Fundstücken aus der Genisa der ehemaligen Synagoge in Heinsheim kehre etwas dahin zurück, wo es hingehöre.
Schatz, der aus Schnipseln besteht
Die Genisa ist kurz gesagt ein Archiv mit alten, verbrauchten Schriften. Nach jüdischer Tradition darf nichts weggeworfen oder verbrannt werden, das den Namen Gottes enthält. In der Regel wurden abgenutzte Bücher in Kisten aufbewahrt, oftmals auch eingemauert. Hans-Heinz Hartmann fand die Heinsheimer Schnipsel hinter einem Dachbalken. Für Schriftführer Bernd Göller sind sie ein Schatz.
Es handele sich um "mehr oder weniger wertvolle Stücke", sagt er: "Das schönste Stück ist das Titelblatt aus dem Buch der Sprüche der Väter." Der Schriftenexperte und ehemaliger Dozent für Judaist an der Universität Tübingen, Dr. Gil Hüttenmeister, hat die Funde ihrem Ursprung zugeordnet. Es handelt sich unter anderem um Fragmente von Pirke Avot, 1767/68 in Fürth gedruckt, um Fragmente eines Gebetbuchs von 1758/59 und um Teile eines Wandkalenders, der aller Wahrscheinlichkeit nach 1770/71 oder 1781/82, aber nicht vor 1750 galt.
Auch ein bürgerlicher Kalender mit dem Eintrag christlicher Feiertage befindet sich unter den Fundstücken: An denen durfte nämlich nicht hausiert werden.
Die Funde sollen Besuchern in der Synagoge zugänglich gemacht werden, Oberbürgermeister Sebastian Frei sagte den Vertretern des Freundeskreises zu, dass die Stadt die Vitrine finanziere. Insgesamt 500 000 Euro hat die Sanierung gekostet. Der größte Teil davon stammt aus dem ELR-Programm des Landes Baden-Württemberg.

Eröffnung mit Festwochenende
Die ehemalige Synagoge in Heinsheim wird am Donnerstag, 30. September, mit einem Gedenken an die Deportationen 1940 nach Gurs eröffnet, mit dabei ist der Rabbiner Shaul Friberg und jüdische Bürger, die Worte des Gedenkens sprechen werden.
Die Bevölkerung ist am Samstag, 2. Oktober, zum Tag der offenen Tür eingeladen. Förderer und Mitglieder kommen am 3. Oktober, dem Tag des Dankes zusammen.
Das Balsam Märchenteam erzählt am Mittwoch, 6. Oktober, ab 19 Uhr Jüdische Märchen. Der Trialog der Religionen beschäftigt sich am Dienstag, 12. Oktober, ab 19.30 Uhr mit dem Thema "Die Bedeutung religiöser Feste für unseren Alltag".


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