Ehrenamt bei der Freiwilligen Feuerwehr: "Der Respekt ist auf jeden Fall da"
Sarah Hofmann stammt aus Bad Rappenau und ist in ihrer Freizeit bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Wie sie auch mit schwierigen Einsätzen fertig wird und wie sie ihr Ehrenamt in ihrem Alltag unterbringt, das erzählt sie im Interview.

Der Piepser ist auch dabei, als Sarah Hofmann (20) zum Interview erscheint. Obwohl sie erst mit 17 Jahren mit der Grundausbildung in die Feuerwehr in Bad Rappenau eingestiegen ist, trägt die Studentin für Sonderpädagogik als stellvertretende Jugendleiterin bereits Verantwortung. Sarah Hofmann erzählt, wie sie es schafft, auch schwierige Einsätze gut zu verkraften, wo der Reiz von Feuerwehrarbeit liegt – und wie sie ihr Ehrenamt in ihrem Alltag unterbringt.
Als ich so jung war wie Sie jetzt, war es normal, dass Erwachsene mich geduzt, ich sie aber gesiezt habe. Ich fand das immer doof und würde Ihnen daher gerne das Du anbieten.
Sarah Hofmann: Ich habe da nichts dagegen.
Wie leicht fällt es Dir dann, mich zu duzen?
Hofmann: Für mich ist das normal, weil ich im Alltag viel mit älteren Personen zu tun habe. Gerade bei der Feuerwehr haben wir alle Altersgruppen mit dabei.
Aber gerade da gibt es doch klare Hierarchien, mit einem Kommandanten an der Spitze, der in der Regel sagt, wo es lang geht. Wie ist Euer Umgang miteinander?
Hofmann: Das kommt auf die Situation an. Im Einsatz ist klar geregelt, wer sagt, was zu tun ist. Aber wenn wir zusammensitzen, dann pflegen wir einen offenen und freundschaftlichen Umgang, wo jeder gleich viel wert ist.
Und das "Du" ist dann normal?
Hofmann: Ja, weil es die Kameradschaft fördert. Man verbringt viel Zeit miteinander und lernt sich in Stresssituationen nochmal ganz anders kennen. Da vereinfacht das "Du" das Ganze.
Vor wenigen Jahren noch war die Freiwillige Feuerwehr kein Hobby für Mädchen. Das ist heute anders. Wie gut sind junge Frauen bei Euch in der Feuerwehr integriert?
Hofmann: In der Jugendfeuerwehr merken wir, dass immer mehr Mädchen dazu kommen. Das Verhältnis dort ist zum Teil sogar ausgeglichen. Aber in der Einsatzabteilung ist das noch nicht der Fall - und wir freuen uns auch immer über Frauen als Verstärkung. Frauen sind bei uns tatsächlich noch deutlich in der Minderheit. Aber ich fühle mich in dieser richtigen Männerwelt super aufgehoben. Der Respekt mir gegenüber ist auf jeden Fall da.
Wieso hast Du Dir gerade die Feuerwehr als Hobby ausgesucht? Es gibt doch eine Menge anderer Ehrenämter, bei denen man sich engagieren kann?
Hofmann: Ich habe schon immer gerne handwerklich gearbeitet. Mathe, Naturwissenschaft und Technik - das habe ich in der Schule gerne gemacht. Beruflich habe ich ja die Richtung Sonderpädagogik eingeschlagen. Ich wollte in der Freizeit dann etwas Technisches machen.
Ich hätte jetzt spontan unterstellt, dass Dir das Soziale, das Retten und Helfen wichtiger sind?
Hofmann: Für mich war Helfen schon immer etwas Selbstverständliches, daher war der technische Aspekt hier der ausschlaggebende Punkt.
Spielt es da eine Rolle, dass Du aus einer Familie kommst, in der Ehrenamt großgeschrieben wird?
Hofmann: Das ist schwierig zu sagen. Ich bin einfach gern aktiv. Wenn ich tagelang zu Hause sitze und nichts zu tun habe, wird mir langweilig. Ich muss raus, was erleben, helfen. Das macht mir einfach Spaß.
Wie kann man sich Deinen Feuerwehr-Alltag vorstellen? Der Piepser ist ja immer dabei?
Hofmann: Ja, der ist Tag und Nacht dabei. Und wenn ich hier bin, habe ich auch Empfang und bekomme die Einsätze mit. Meistens habe ich dann auch die Möglichkeit, schnellstmöglich zum Feuerwehrhaus zu kommen: Und dann geht's los.
Gehst Du zu allen Einsätzen mit?
Hofmann: Generell ja. Wobei zum Beispiel zur Türöffnung die Leute kommen, die dafür eine spezielle Ausbildung haben.
Das heißt aber, dass Du auch zu Bränden, zu Unfällen und auf die Autobahn mitgehst?
Hofmann: Genau. Ich war schon überall.
Gibt es Einsätze, vor denen Du Bammel hast?
Hofmann: Nein. Aber ich finde, man sollte immer mit Respekt an die Sache rangehen. Man weiß ja nie, was einen erwartet. Eine Situation richtig einzuschätzen, lernt man mit der Zeit. Und mit der Erfahrung übernimmt man dann auch mehr Verantwortung.
Du siehst ja auch Dinge, die andere nicht sehen, Wie gehst Du als junge Frau damit um?
Hofmann: Generell gilt bei uns: Alles, was wir nicht sehen, müssen wir auch nicht verarbeiten. Das heißt, wenn ich keine Aufgabe habe, muss ich auch nicht vorne zuschauen. Wenn ich also nichts mehr habe, gehe ich an den Rand, so dass ich nicht im Weg stehen, aber trotzdem jederzeit verfügbar bin, wenn ich gebraucht werde. Und sonst konzentriere ich mich halt auf meine Aufgabe. So kann ich ganz gut damit umgehen.
Das heißt aber auch, dass ein Ehrenamt bei der Feuerwehr nicht für jeden geeignet ist?
Hofmann: Man muss sich halt bewusst sein, dass es nicht nur ums Zusammensitzen und Biertrinken, ein bisschen Reden und ein bisschen Üben geht. Sondern, dass man auch mit Dingen konfrontiert wird, die man normal nicht erlebt.
Wie integrierst Du Dein Ehrenamt in Deinen Alltag? Du bist ja nicht immer in Bad Rappenau.
Hofmann: Ich pendele zu meinem Studienort. Den Stundenplan kann ich mir in gewissem Maße selbst zusammenstellen, und so versuche ich an den Tagen, an denen ich in Ludwigsburg bin, von morgens bis abends Programm zu haben. Den Rest der Woche bin ich hier, wo ich zu Hause arbeiten kann. Wenn ich da am Schreibtisch sitze, kann ich jederzeit weg.
Und das hast Du dann ständig im Hinterkopf?
Hofmann: Nein. Am Anfang ist es natürlich so, dass man ein bisschen aufgeregt ist und sich fragt, wann der nächste Einsatz kommt. Inzwischen ist mein Ehrenamt in meinen Alltag gut integriert. Man kann es ja auch nicht steuern. Es kann sein, dass zwei Wochen lang nichts kommt - und dann gibt es plötzlich drei Einsätze am Tag.
Und nachts machst Du den Piepser auch nicht aus?
Hofmann: Nein. Denn, wenn nachts was passiert, muss ja auch jemand kommen.
Kannst Du dann trotzdem gut schlafen?
Hofmann: Ja. Wenn ich den ganzen Tag was geschafft habe, bin ich abends auch müde.
Du hast also eher eine positive Herangehensweise, indem Du sagst, ich mache das ja freiwillig, und wenn es passiert, passiert's?
Hofmann: Ich denke auch, dass man das so machen sollte. Sonst wird es schwierig, wenn man dauerhaft bei der Feuerwehr sein möchte.
Wenn Du Werbung für die Feuerwehr machen dürftest: Was würdest Du dann sagen?
Hofmann: Der Reiz der Feuerwehr liegt in den Erfahrungen, die man sammeln kann. Das Wissen und das Bewusstsein, das man dadurch bekommt, hilft, andere Dinge im Leben anders zu schätzen. Und dann ist da die Kameradschaft. Wir sind eine tolle Truppe. Bei uns trifft man auf eine Vielzahl verschiedener Menschen, nicht nur auf welche, die studiert haben oder die auf dem Bau arbeiten, sondern Menschen von A bis Z. Der Zusammenhalt in Kombination mit aufregenden Erlebnissen, die man sammeln kann, das macht für mich den Reiz der Feuerwehr aus.
Zur Person: Sarah Hofmann
Sarah Hofmann aus Bad Rappenau (20) stammt aus einer ehrenamtlich aktiven Familie: Ihr Opa Bernd Hofmann war 27 Jahre lang Stadtrat. Verantwortung zu übernehmen, hat die junge Frau früh gelernt. Als Schülerin gab sie Nachhilfe. Außer bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert sie sich auch bei der Kirche in der Mädchenjungschar. Beim Joggen oder beim Kochen und Backen, am liebsten Nusszopf, bekommt sie den Kopf frei. Sarah Hofmann studiert in Ludwigsburg Sonderpädagogik. Wenn sie fertig ist, unterrichtet und fördert sie Kinder mit Beeinträchtigung.