Bürgermeister auf Zeit: Warum der Blick hinter die Rathauspforte dem Sulzfelder Gemeinderat Ulrich Fischer gut getan hat
Ulrich Fischer hat als Übergangs-Bürgermeister vier Monate lang die Amtsgeschäfte in Sulzfeld geleitet. Welches historische Ereignis dabei über der Gemeinde hereinbrach und welche Eindrücke der 66-jährige Gemeiderat im Rathaus aufschnappte.

Gemeinderat Ulrich Fischer hat als Bürgermeister-Stellvertreter die Amtsgeschäfte der Gemeinde Sulzfeld nach Sarina Pfründers Wechsel in den Lauffener Bürgermeistersessel geleitet. Wie er die Übergangszeit erlebt hat und welche Erkenntnisse er daraus zieht, wollte die Kraichgau Stimme von dem 66-Jährigen wissen.
123 Tage waren Sie Bürgermeister von Sulzfeld. Sind Sie erleichtert, dass es mit der Verpflichtung des neuen Bürgermeisters Simon Bolg nun vorbei ist?
Ulrich Fischer: Ja. Ich bin auch schon gefragt worden, was ich nun mit meiner neu hinzugewonnen Freizeit anfange. Aber es geht ja weiter in Sulzfeld. Die Herausforderungen, etwa mit dem schwierigen Haushalt, müssen wir anpacken.
Ausgerechnet in Ihre Interimszeit fiel die erste Haushaltssperre in der Geschichte von Sulzfeld. War das die kniffligste Entscheidung in der Vakanzzeit unter Ihrer Führung?
Fischer: Der Kämmerer kam eines Morgens mit dem Brief des Finanzamts und informierte mich über den unerwarteten Steuerausfall. Das war zunächst schon ein Schock. Doch dann informierten wir meine Stellvertreter Timo Sauter und Marco Keller sowie andere und fingen an, zu beraten. Schnell war klar: Eine Haushaltssperre ist für die Gemeinde verträglicher als ein Nachtragshaushalt.
Sie sprachen eben Ihre Stellvertreter an. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit? Waren Sie ein gutes Krisenteam?
Fischer: Wir trafen uns einmal pro Woche, um alle auf denselben Stand zu bringen. Wir haben die Aufgaben verteilt. Timo Sauter und Marco Keller haben viele Außentermine wahrgenommen, ich konnte mich dadurch schwerpunktmäßig auf den Innendienst im Rathaus konzentrieren.
Sie haben von Gemeinderäten und auch bei der Verpflichtungsfeier des neuen Bürgermeisters viel Lob und Anerkennung erhalten.
Fischer: Das hat mich überwältigt. Die Standing Ovations waren für mich berührend. Ich hätte es so nicht erwartet.
Bekommt ein Bürgermeister-Stellvertreter während seiner herausragenden Tätigkeit ein besonderes Gehalt?
Fischer: Nein, das ist ein Ehrenamt. Und entsprechend kommt bei der Vergütung der Arbeitsstunden die Ehrenamtssatzung der Gemeinde zum Ansatz.
Sie sprachen wiederholt vom Seitenwechsel und von den besonderen Eindrücken, die der Blick hinter die Rathausmauern ermöglicht. Was nehmen Sie für Ihre weitere kommunalpolitische Arbeit mit?
Fischer: Der andere Blickwinkel hilft, die Mitarbeiter in der Verwaltung zu verstehen. Ich kann mich jetzt besser in sie hineinversetzen. Etwa, wenn pauschal über die Leute im Rathaus geschimpft wird. Am Laubfall ist es mir besonders deutlich geworden. Da weht dem Team nicht selten ein ganz schön rauer Wind entgegen. Und die Wortwahl mancher Bürger ist auch nicht immer die feinste. Als Gemeinderat sollte man sich vor die Rathausmitarbeiter stellen, wenn es angebracht und nötig ist.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem designierten neuen Rathauschef Simon Bolg?
Fischer: Gut. Anfangs, als Simon Bolg noch im Brettener Rathaus voll eingespannt war, gab es eher sporadische Treffen. Zweieinhalb Wochen vor der Verpflichtung nahm unser neuer Bürgermeister dann seinen Resturlaub. Ab da haben wir uns regelmäßig getroffen und gut beraten.
Mit den Kommunalwahlen am 9. Juni 2024 wird auch in Sulzfeld der Gemeinderat neu gewählt. Unabhängig von den parteipolitischen Präferenzen: Welche generellen Schwerpunkte sehen Sie, der Sie bald 30 Jahre lang im Gemeinderat engagiert sind, für Sulzfeld?
Fischer: Bildung und Kinderbetreuung werden weiter als Aufgaben der Gemeinde wichtig sein. Dazu gehört die bedarfsgerechte Schaffung von Kindergartenplätzen. Ein Schwerpunkt muss die Innenentwicklung sein, denn neue Bauplätze sind eher mittelfristig, als schnell zu realisieren. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, allen voran Thema Windkraft und Photovoltaik, muss uns im Grunde genommen jetzt schon beschäftigen. Und das Nahwärmenetz ist ein Projekt, an das viele Bürger Hoffnungen knüpfen und das dringend auf eine wirtschaftliche Basis gestellt werden muss.
Werden Sie sich auch nach dem 9. Juni für Sulzfeld im Gemeinderat engagieren?
Fischer: Ich denke, das ist kein Geheimnis mehr: Ich habe vor, mich erneut zu bewerben.
Zur Person: Ulrich Fischer ist 66 Jahre alt. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Geboren in Eppingen und aufgewachsen in Sulzfeld ist er echter Badner. Seine Berufslaufbahn bestritt er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2021 als Bankkaufmann. Mitglied im Gemeinderat ist der Sulzfelder seit 1994. Als Kommunalpolitiker ist er Mitglied der Gruppierung Bürgervereinigung. Fischer ist in der aktuellen Legislaturperiode, die bis zur Kommunalwahl im Juni kommenden Jahres dauert, Bürgermeister-Stellvertreter der Gemeinde Sulzfeld.