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Autobahnbrücke bei Sinsheim ist Geschichte

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Im Zuge des Ausbaus der Autobahn 6 zwischen Wiesloch und dem Weinsberger Kreuz müssen 36 Brücken erneuert werden. Am Wochenende wird nun die Brücke in Höhe Sinsheim-Dühren abgerissen.

Von Nicole Theuer

Knapp 15 Stunden nach Beginn der Abbrucharbeiten lag das Brückenbauwerk über die B292 in Schutt und Asche. Knabberzangen, die mit 900 Tonnen Druck an den Grundfesten des 55 Jahre alten Bauwerks knabberten und Meißel, die unermüdlich auf das Material einhämmerten wie ein Specht auf einen Baumstamm, leisteten ganze Arbeit.

„Wir sind fünf Stunden früher dran als geplant“, freute sich Michael Endres, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Projektgesellschaft ViA6West während er einen Blick auf die Uhr warf. 11.15 Uhr zeigte der digitale Zeitmesser an, als der Überbau über Bundesstraße dem Druck der gigantischen Baumaschinen nachgab und auf die mit dicken Baggermatratzen aus Eichenbohlen, auf denen sich die schweren Baumaschinen mühelos bewegen können, ausgelegte Fahrbahn fielen. 


Generalstabsmäßig geplant, begannen die Baumaschinen am Freitagabend mit dem Abriss des nördlichen Teilstücks an der wichtigen Nord-Süd-Achse A6. „Neben den vier gigantischen Baggern haben wir Werkstattfahrzeuge in Bereitschaft stehen, denn man weiß nie, ob nicht doch etwas an den Maschinen kaputtgeht und dann würde zu viel Zeit verloren gehen, wenn wir die rollenden Werkstätten anfordern müssten.“ Denn die Zeit drängt, am Montagmorgen muss die Vollsperrung aufgehoben sein.

Zuvor muss die Trasse professionell gereinigt werden, „auch diese Maschinen stehen schon in Bereitschaft“, so Endres, der sich der Faszination der Arbeiten ebenso nicht entziehen kann, wie die wenigen Kiebitze, die den Weg bis zur Baustellenabsperrung gefunden haben. Hier ist der Lärm ohrenbetäubend, tok, tok, tok klingt es jedes Mal, wenn einer der großen Meißel auf den Stahlbeton einhämmert. Der Boden scheint zu vibrieren, wenn große Brocken auf den doch schon recht ansehnlichen Schuttberg fallen, auf dem sich die Baumaschinen so leicht bewegen wie eine Primaballerina auf dem Tanzboden.

Der Neubau der Brücke soll bald beginnen 

„Es läuft problemlos“, konstatiert Endres zu High Noon am Samstag und nimmt freudig das Bauwerksschild in Empfang, das die Arbeiter bereits am Freitagabend abmontiert haben. „Das kommt in unserer Betriebsstätte in Bonfeld an die Wand“, erzählt Endres mit Blick auf die rechteckige Tafel, auf der die Bauwerksnummer vermerkt ist. Lange wird das Anbringen eines neuen Schildes nicht dauern, wie Endres weiß. „So schnell der Abbruch vonstattenging, müssen sich die Brückenbauer sputen“, erzählt Endres während der exklusiven Baustellenbesichtigung der Kraichgau Stimme, „der Ersatzneubau soll zum Ende dieses Jahres fertig sein.“ Deshalb startet zeitnah nach dem Abbruch der nördlichen Brückenhälfte der Neubau.


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„Dies geschieht unter anderem mit Spannbetonfertigteilen, die auf die neuen Widerlager aufgelegt werden“, so Endres, der weiß, „das ist im Ingenieurbau eine gängige und bewährte Praxis.“ Das zeigte sich schon bei den Bauarbeiten am südlichen Teilstück. Damit die A6, über die täglich rund 100.000 Fahrzeuge, geschätzte 30 Prozent sind Lastkraftwagen, rollen, befahrbar bleibt, konnte der Abriss der beiden Teilstücke nicht in einem Zug erfolgen. „Im Frühjahr 2020 wurde erst der südliche Teil, also Richtung Dühren, abgebrochen und anschließend an gleicher Stelle wiederaufgebaut“, blickt Endres zurück und erläutert, „die Autobahnbrücke, die die vierspurige B292/B39 zwischen Sinsheim und Dühren überspannt, wird im Zuge des sechsstreifigen Ausbaus der A6 durch ViA6West komplett erneuert.“ Rund 1200 Kubikmeter Beton und Stahl fressen und Meißen die vier Bagger aus dem Überbau über die Bundesstraße heraus.

„Es stehen bereits Fahrzeuge bereit, die das Material abtransportieren“, erzählt Endres, „das Material wird vor Ort zerkleinert, danach in ein Asphaltwerk transportiert und dort aufbereitet.“ Gleiches gilt für das Material, das die schweren Baumaschinen aus den Bestandswiderlagern und den Fundamenten herausbrechen. Während die Widerlager noch während der Vollsperrung der Bundesstraße abgebrochen werden, rücken die Maschinen den Fundamenten erst nach der Freigabe der wichtigen Verkehrsachse zu Leibe. „Insgesamt fallen rund 2000-Kubikmeter Stahlbeton für den gesamten Abbruch an“, so Endres, „das entspricht einem Gesamtgewicht von etwa 5000 Tonnen.“

Im Zusammenhang der umfangreichen Bauarbeiten zum durchgängig sechsstreifigen Ausbau der A6 zwischen Wiesloch/Rauenberg und dem Weinsberger Kreuz steht ebenso die Erneuerung der so genannten Rampe, also der Autobahn-Anschlussstelle Richtung Dühren. „Die Zu- und Abfahrt wird aktuell provisorisch über einen aufgeschütteten Damm geleitet“, berichtet Endres, „es ist zwar lediglich eine landwirtschaftliche Verbindung zum Industriegebiet „Hinter der Dührener Mühle“, dennoch muss auch sie im Rahmen des gesamten A6-Ausbaus erneuert werden.“ Diese kleine Brücke sei auch schon fertig, „sobald es die Witterung zulässt, finden hier die umfangreichen Erdarbeiten statt.“ 


Die jetzt abgerissene Brücke wurde im jahr 1966 erbaut

Der Abriss des nördlichen Teilstücks der Brücke über die B292 ist nicht nur der letzte Brückenabbruch im Zuge des Ausbaus der A6 bis Untereisesheim, er ist auch der Schlusspunkt unter ein Stück Autobahngeschichte. In den 60er Jahre wurde die Nord-Süd-Achse errichtet, die Einweihung der A6 fand 1968 statt, zwei Jahre zuvor war die nun abgerissene Brücke errichtet worden. Über deren Nachfolgerin floss während der Abbrucharbeiten der Verkehr in Richtung Frankfurt und Nürnberg ungehindert weiter, so dass es im Kraichgau zu keinen Verkehrsbehinderungen im Zuge der auf knapp 60 Stunden veranschlagten Vollsperrung der B292 kam.

„Alles bestens“, lautete das zufriedene Fazit von Michael Endres, während er auf die nächste große Maßnahme im Zuge des Autobahnausbaus hinweist. Die Verschiebung der Neckartalbrücke, die mit 20 Metern die größte Verschiebung weltweit ist und die noch dieses Jahr über die Bühne gehen soll. „Ich werde diese Woche nach Hagen reisen und mir die Verschiebung der Lennetalbrücke an der A45 anschauen“, verrät Endres abschließend, „damit ich sehe, wie es dort gemacht wird.“ 

 

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