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Ein Atelier im Mahlraum: Wie es sich in der ehemaligen Mühle Streichenberg lebt 

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In der alten Mühle Streichenberg bei Gemmingen findet Künstler Hinrich Zürn Inspiration – und verwandelt Eindrücke aus Natur und Geschichte in lebendige Kunstwerke.


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„Eigentlich ist es ein Wunder, dass das Gebäude noch steht“, sagt Hinrich Zürn über die ehemalige Mühle, die heute sein Wohnhaus und Atelier zugleich ist. „Hier war schließlich alle 40 Jahre Krieg, und eine Mühle war immer eine angreifbare Schwachstelle.“ Doch die Mühle Streichenberg hat standgehalten. 1963 endete der Mahlbetrieb, 1972 pachteten Zürns Eltern das Anwesen. Heute leben drei Generationen unter einem Dach – abgeschieden, im Grünen, fernab vom städtischen Trubel.

Ehemalige Mühle in Gemmingen ist Wohnhaus und Atelier zugleich

Aus der alten Mühle hinaus in die Welt – und schließlich wieder zurück: So lässt sich der Lebensweg von Hinrich Zürn beschreiben. Seine Kindheit und Jugend verbringt er in Gemmingen. Nach dem Kunststudium zieht er gemeinsam mit seiner Frau Britta Kessler-Zürn in die Ferne. „Wir waren unter anderem in Spanien, Frankreich und Rumänien. Aber als unsere Kinder nach und nach dazukamen, wussten wir, dass wir sesshaft werden wollten“, erzählt Britta Kessler-Zürn.


2004 kauften sie das denkmalgeschützte Haus, bauten es um und schufen so Platz für drei Generationen. Drei der vier Kinder sind inzwischen ausgezogen, die jüngste Tochter lebt noch zu Hause. „Ich wusste immer, dass ich nah an der Natur leben möchte“, sagt Hinrich Zürn. „Aber dass ich einmal in mein Elternhaus zurückkehre, hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht.“

Kunst so weit das Auge reicht – in früherer Mühle in Gemmingen

Rund 90 Quadratmeter misst der ehemalige Mahlraum, in dem der Maler und Bildhauer heute arbeitet. Sechs Meter hohe Wände bieten Platz für viele Werke. Eine schmale Holztreppe führt von den Wohnräumen hinunter ins Atelier – von dort gelangt man direkt in den weitläufigen Garten. Obstbäume, Gemüsebeete und Stallungen für Hühner, Gänse und Schweine machen das Leben ländlich und naturnah.

„Ich habe in Saarbrücken und im französischen Dijon Kunst studiert, bin freischaffender Künstler – und lebe seit 30 Jahren davon“, erzählt Zürn. Seine Kunst ist im ganzen Haus präsent: Gemälde, Skulpturen und Kleinobjekte finden sich in fast jedem Raum.

Klavier spielen statt Fernsehen im Herz der Alten Mühle Streichenberg

Neben dem Atelier ist die große Wohnküche Zürns Lieblingsort. „Das ist das Herz unseres Hauses – hier spielt sich das Leben ab“, sagt er. Die Familie kocht und isst gemeinsam, und wenn Gäste kommen, wird am Tisch zusammengesessen statt auf der Couch. Der Raum ist im klassischen Stil eingerichtet: Ein Klavier steht gegenüber dem Sofa, daneben tickt eine alte Standuhr. Geheizt wird mit Holz. „Wenn man ein älteres Haus hat“, sagt Zürn, „kann man entweder modern dagegen anmöblieren – oder man möbliert mit der Tradition.“

Und wie reagieren Kinder auf das Leben in der alten Mühle – ohne Fernseher und ohne Nachbarn in unmittelbarer Nähe? „Klar sind Besucherkinder manchmal überrascht, wie es bei uns aussieht“, sagt Britta Zürn. „Aber am Ende sind alle begeistert, weil es hier so anders ist.“ Ganz ohne Bildschirm geht es zwar nicht – „Manchmal schauen wir Filme auf dem Laptop“, ergänzt ihr Mann –, doch Langeweile herrscht selten. „Es gibt immer etwas zu tun: Wir arbeiten, kochen oder musizieren zusammen.“

Ein kleiner Nachteil: Gleichaltrige fehlen. „Spielen auf der Straße oder spontane Treffen gibt es hier kaum“, sagt Britta Zürn. „Aber als unser Sohn noch hier wohnte, hat er in dem einzigen Nachbarsjungen einen Freund fürs Leben gefunden.“

Alte Mühle Streichenberg: Eine Oase im Kraichgau

„Egal aus welchem Fenster man schaut – man sieht Natur“, sagt Hinrich Zürn. Sie sei seine tägliche Inspiration. Zur Familie Zürn gehören neben Hündin Malou, einem Berner-Sennen-Mischling, auch ein Truthahn-Paar, Enten und Kaninchen. Und wenn gefeiert wird, dann richtig: „Wir haben hier Platz für 50 Gäste und müssen keine Angst haben, dass es zu laut oder zu spät wird“, sagt Zürn.

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