Würth-Open-Air in Künzelsau: Wie Besucher das Festival erlebt haben
Der Samstag beim Würth-Open-Air zog vor allem älteres Publikum zu den Auftritten von Ronan Keating, Suzi Quatro und Songs of White Lion. Trotzdem war die Zuschauerschar bunt gemischt – genauso wie die Eindrücke, die Musik und Atmosphäre bei den Gästen hinterließen.

Sturm? Starkregen? Von wegen: Den Wettervorhersagen zum Trotz blieb das Würth-Open-Air am Samstagabend von Ungemach verschont und bescherte Tausenden Besuchern einen heißen, aber fröhlichen und familiären Abend mit Mike Tramp, Suzi Quatro und Ronan Keating.
Direkt nach Einlass steuern die ersten zielstrebig die erste Reihe vor der Bühne an. Eva Waschka und ihre Tochter Nikita sind darunter, sie sind aus Langenburg hergefahren. „Wir wollen einfach gute Sicht haben“, verrät die Mutter. Ihre Tochter möchte unbedingt einmal das Würth-Open-Air sehen. Die 30-Jährige Tochter gibt aber zu, dass „die Musik gestern vielleicht eher was gewesen wäre“: Der Freitagabend gehört jüngeren Künstlern, die auch ein entsprechendes Publikum ansprechen.
Was Besucher über Stimmung und Organisation des Würth-Open-Airs sagen
Dieses Mal waren das Lena, Leony und Nico Santos. Eva Waschka ist wegen Suzi Quatro hier, der 74-jährigen Rockmusikerin aus Detroit, die ihre ersten Hits von 50 Jahren hatte. Sie ist ein absoluter Fan: „Sie war damals die Rockröhre schlechthin – und mein Mann hat immer gesagt: ,Das war meine Freundin.‘“
Wenn sie geahnt hätten, dass Mike Tramp von der Hardrock-Formation White Lion als erster auftritt, hätten sie sich vielleicht am Eingang Ohrstöpsel besorgt wie einige andere auch, denn was der dänische Metal-Meister, der in den 80ern in der Band White Lion gespielt hat, auf die Bühne bringt, ist zum Reinfinden relativ laut.
Bernd Hudelmaier aus Rudersberg hat sich strategisch günstiger positioniert: Er sitzt in der Mitte des Geländes auf einer der zahlreichen Bierbänke, die von Verpflegungszelten eingerahmt werden. Da ist die Sicht nach wie vor super, die Lautstärke aber etwas gedämpft – und er hat, ein passendes Getränk in der Hand, bereits neue Freunde gefunden.
Von Location bis Essen: Bei Festival-Besuchern kommt das Würth-Open-Air gut weg
Hier lässt es sich gut aushalten, wie überhaupt auf dem Festival: „Es ist echt chillig hier“, gibt er zu, und lobt die Location: „Ich bin angenehm überrascht vom Ambiente. Es ist außergewöhnlich, wie freundlich hier alle sind, von den Helfern am Einlass bis zur Essensausgabe. Alle sind extrem guter Laune, und alles funktioniert reibungslos.“ Das Essen vom konzerneigenen Caterer lobt er als „abwechslungsreich und reichhaltig“.
Balsam für die Seele, denn der Rudersberger hat das Hochwasser Anfang des Monats miterlebt und ist auch deshalb hier, „dass wir mal wieder was anderes sehen“.
Suzi Quatro beim Würth-Open-Air: Besucher berichten von Festival-Erfahrung
Zwei „Eppinger Mädels“ sitzen auf der gleichen Bank. Sie hat vor allem der "saumäßige Durst" bei dieser Hitze hier hergetrieben. Manuela Burzynski reist Suzi Quatro hinterher, hat sie bereits vor Jahren beim Blacksheep-Festival in Bad Rappenau erlebt. Dass Quatro in der vergangenen Zeit öfter in der Gegend aufgetreten ist, stört sie nicht, im Gegenteil.
Trotzdem drängt sich der Eindruck auf: Die ganz großen Stars, die auch aktuell noch angesagt sind, zieht es nicht mehr in dieser Masse zu Würth wie früher. Der Rudersberger Bernd Hudelmaier, der Festival-erfahren und wegen Ronan Keating hier ist, mutmaßt: Seitdem nach Corona die Gagen für die Größen der Musikszene rapide steigen, treten viele nur noch auf den ganz großen Festivals auf und nicht mehr in der mittleren Größenordnung wie bei Würth.
Am gleichen Abend spielt Deutschland im EM-Achtelfinale: Ist das ein Problem für die Gäste?
So sieht man zwar das eine oder andere Rammstein- oder Bon-Jovi-Shirt über Festgelände flanieren, aber diese Künstler sind heuer eben nicht hier. Ebenfalls ins Auge stechen die zahlreichen Deutschland-Shirts – an diesem Abend steht das EM-Achtelfinale gegen Dänemark an. Während der gebürtige Däne Mike Tramp die Bühne betritt und sich drei Stunden vor dem Anpfiff die eine oder andere Frotzelei nicht verkneifen kann, beginnen an den Biertischen Fußball-Fachgespräche.
Trikot-Träger Jonas Feldmann gibt unumwunden zu, dass ihn das Spiel ebenso interessiert, aber er sagt: „Wir sind zum Konzert hier. Man kann ja trotzdem Fan sein.“ Vor Jahren habe es beim Würth-Open-Air schonmal eine ähnliche Terminüberschneidung gegeben. Bei einem Public Viewing bekomme man auch nicht immer alles mit, „danach muss man trotzdem die Highlights nochmal anschauen“.
Der Tag war heiß und schwül, doch pünktlich zu Beginn zieht der Himmel zu, es ist leicht bedeckt, und eine sanfte Brise weht über den Hügel unterhalb von Forum und Museum 2. Auf einen Bilderbuch-Sonnenuntergang wartet man vergeblich, dafür lässt es sich trotz der Hitze gut aushalten hier. Die zahlreichen Kunstwerke auf dem Gelände bieten ergonomische Gelegenheiten zum Sitzen oder Anlehnen, und auf der Bank neben dem in Stein gemeißelten Gastgeber Reinhold Würth verkehrt man quasi in bester Gesellschaft.
Mike Tramp grüßt die "alten Leute": Was sagt das junge Publikum dazu?
Heißmacher Mike Tramp sorgt dafür, dass keiner auskühlt: Er erzählt anhand seiner Songs seine Lebensgeschichte, und die ist nicht gerade kurz, führt zu Aufnahmen in Offenbach statt auf den Bahamas. Er adressiert in korrektem Denglisch direkt das Hauptpublikum des Abends: „There must be some alte Leute here, who still have got Rock 'n' Roll in their heart“. Das stimmt: Mindestens die Hälfte der Gäste gehören zur Generation 50 plus, doch die jüngeren im Publikum fühlen sich dadurch nicht angesprochen.
Adrian Difflipp gehört dazu, er hat sich ganz oben vor dem Eingang zum Forum auf den gepflasterten Boden gesetzt: „Da tun die Ohren nicht so weh“, denn „Hardrock ist nicht ganz so meins.“ Die Zahl an Sitzgelegenheiten ist trotz der Bierbänke beschränkt, doch dank des von der Bühne her stetig ansteigenden Geländes hat man selbst von den hintersten Plätzen eine gute Sicht wie im Kino – überall hat man den Eindruck, als ob die Bühnendarsteller einen direkt ansehen.
Zu Difflipps Generation gehört auch Andrea Keltonik aus Crailsheim. „Ich warte auf Ronan Keating“, erklärt sie. Der war früher Frontmann der Boyband Boyzone, und daher spreche er auch jüngere an: „Wenn er mal in die Gegend kommt, will ich ihn sehen.“
Nach Auftritt von Suzi Quatro bei Würth-Open-Air – Besucher warten auf Ronan Keating
So manche wartet auf Ronan Keating, der zum Schluss auftritt, die meisten sehnen sich nach Suzi Quatro – auf Mike Tramp hat offenbar niemand gewartet. Das Publikum rückt auf, als der Däne die Bühne verlässt. Nun wird es eng um die Familie Scheper, die sich zu acht auf dem Rasen räkelt: vier Erwachsene, vier Kinder. Von Schloss Stetten sind sie mit der Großfamilie hergekommen, die genießt, wie großräumig hier alles angelegt ist und dass dank der Auswahl alle Kinder etwas anderes essen konnten.
Tochter Kathie war am Vortag schon da und fand Leony „krass und mega“, doch beim elfjährigen Matti hat nun erstmal Mike Tramp Eindruck hinterlassen, der von ihm „zehn von zehn Punkten“ bekommt. Trotzdem gehen sie an diesem Abend vielleicht früher – die jüngeren Kinder müssen ins Bett, und die älteren wollen Fußball sehen.
Was Ronan Keating echt "umgehauen" hat
Dann ist es soweit: Suzi Quatro betritt die Bühne und schwärmt vom „wonderful weather“. Spätestens jetzt sind alle Sorgen vor Sturmgefahren hinweggeblasen. Zu „48 Crash“ wird geklatscht, zu „The devil in me“ getanzt und zu „If you can’t give me love“ gehen die Hände zum Himmel. Toppen kann das nur noch Ronan Keating, für den schon zum Auftakt bei „Words“ die Hände hoch gehen und schließlich hunderte leuchtende Smartphones den schwarzen Nachthimmel erleuchten: „Umgehauen“ habe ihn diese Atmosphäre – das sei eines seiner deutschen Lieblingsworte, seitdem der Ire Coach in der TV-Casting-Show „The Voice of Germany“ war.
Wenn die Smartphones nicht gerade dazu dienen, den Zwischenstand beim Fußball zu checken, denn mittlerweile wird gekickt. Und dank deutschem Sieg und Keatings emotionaler Show ist es am Ende ein doppelter Jubel, in dem das zweitägige Festival endet.