Seit Jahrzehnten laufen die Mitglieder der Taubenschrauber auf dem Mulfinger Umzug mit. Vor etwa 25 Jahren haben sie sich aber erst den Namen gegeben. „Wir sind die einzige Gruppe mit eigener Fahne“, sagt Markus Beck – die müsse vor den flinken Händen der anderen Gruppen geschützt werden.
Einblick in eine Wagenbauer-Werkstatt in Mulfingen
Die Taubenschrauber sind schon dutzende Male beim Mulfinger Umzug mitgelaufen. Derzeit arbeiten sie an ihrem Wagen für dieses Jahr. Ein Besuch bei den Wagenbauern.

Es ist ein gut gehütetes Geheimnis: Wenn vor dem Umzug herauskäme, welches Thema der diesjährige Wagen der Taubenschrauber hat, drohten dem Verantwortlichen empfindliche Strafen. Zum Beispiel, den Vorrat an „Taubenbräu“ wieder aufzustocken, das eine Brauerei aus der Nähe extra für den Mulfinger Tauben- und Geflügelmarkt etikettiert. Deshalb wird auch der HZ-Redakteur gleich zu Beginn seines Besuchs zur Verschwiegenheit verpflichtet. An diesem Abend trudeln fünf Frauen und drei Männer in einer Garage am Hang oberhalb Mulfingens ein. Hier steht der Wagen, mit dem sie sich am 1. Februar ab 12 Uhr in den Festumzug des Taubenmarkts einreihen werden. Auf der Ladefläche ist bereits das zentrale Gestell des diesjährigen Mottos installiert: Eine Wand, die sich um die Längsachse drehen kann.
Es ist verhältnismäßig warm. „Wir haben auch schon bei minus zehn Grad gearbeitet“, sagt Andreas Tussetschläger. In der Vergangenheit haben die Taubenschrauber immer wieder den Ort ihrer Werkstatt gewechselt, arbeiteten auch schon in zugigen Scheunen. Im Vergleich ist die geschlossene Garage ein luxuriöser Ort.
Altes Material wird wiederverwertet
Tussetschläger und Andreas Beck nehmen sich ein Stücks Holz vor – eine Tür, die von einem alten Fernsehschrank stammt. „Das Material sammeln wir uns zusammen. Manchmal fragen wir auch bei einem Schreiner an, der gibt uns dann Bretter und Latten“, erklärt Thomas Schneider. Er zeigt auf ein großes Regal mit Holzverschnitt. „Wir haben auch viel Material aus den Vorjahren.“ Eine Handkreissäge röhrt, kurzerhand haben Beck und Tussetschläger die Tür diagonal in zwei Dreiecke zerteilt. Die schrauben sie als Pulte auf eine hölzerne Reling auf dem Wagen.

Das Thema für den Wagen legen die Taubenschrauber bereits am Ende jedes Jahres fest. Wie es umgesetzt wird, dafür kommen die Ideen erst mit den Arbeiten. „Manchmal läuft’s, dann bauen wir viel. Manchmal sitzt man nur ’rum und überlegt“, sagt Schneider. „Nach zwei, drei, vier Mal sieht man, was aus dem Wagen wird. Und dann geht es ganz schnell.“ Das Grundgerüst ist immer dasselbe. Gezogen wird er von einem Geländefahrzeug.
Eigene „Designerin“ kümmert sich um die Malereien
Während Beck und Tussetschläger schrauben, messen Schneider, seine Frau Brigitte und Silke Haag die Spruchbänder ab, die an die Seiten des Wagens kommen. Haag ist die „Designerin“ der Gruppe, wie Thomas Schneider sie bezeichnet. In der Garage hat die Gruppe zwei ihrer Kunstwerke ausgestellt: Ein Schild mit „Karl dem Käfer“, dem letztjährigen Motto, und ein Plakat von den „Mulfinger Nachtwächtern“ aus dem Jahr 2019. Das haben die Arbeiter als Platzhalter an die hölzerne Reling gehängt.
20 bis 25 Leute werden am 1. Februar für die Taubenschrauber auflaufen, sagt Beck. Normalerweise wissen sie schon Wochen vorher eine genaue Zahl – dann, wenn die Kostüme genäht werden. Dieses Jahr sind diese jedoch gekauft. „2024 waren wir als Käfer verkleidet, das Kostüm gibt es gar nicht zu kaufen“, erzählt Heike Burkert-Beck. In so einem Fall sitzen die Frauen zusammen und nähen. Bei den komplexen Käfern wurden das Kostüm in Abschnitte auf die Schneiderinnen aufgeteilt „Das geht dann wie am Fließband“, sagt Haag lachend.
Thema muss für Publikum erklärt werden
„Wir müssen noch überlegen, was auf die Seite kommt“, fordert Haag die anderen auf. Dann zücken sie die Unterlagen: Beck hat bereits Sprüche gedichtet, die Gruppe kann aus den Vollen schöpfen. Außerdem klären die Frauen, was die Taubenschrauber an das Publikum verteilen – es soll etwas sein, das zum Thema passt.
Die Gruppe geht davon aus, dass viele den Hintergrund des diesjährigen Themas nicht kennen. Es müsse erklärt werden, sind sich die acht Schrauber einig. Die Frage ist, wie: „Wir können Flyer verteilen“, schlägt Burkert-Beck vor. „Oder wir machen einen griffiger Spruch an den Ranger“, das Zugfahrzeug. Kurzerhand geht die Gruppe nach draußen und misst den Geländewagen ab, damit Haag die Schilder in der richtigen Größe bemalen kann.

Nach einiger Zeit sind die Schraub- und Messarbeiten getan. Die Kronkorken einiger Flaschen „Taubenbräu“ knallen. Brigitte Schneider öffnet die Musik-App – es geht an die Liedauswahl für die Choreografie. „Die studieren wir meistens erst am Samstag ein“, sagt sie. Dann ist auch das Thema des Wagens kein Geheimnis mehr.