Windpark Bretzfeld-Obersulm: Punktlandung bei Erzeugung von Ökostrom
Die Bilanz nach einem Jahr Bürgerwindpark an der Enzwiese fällt positiv aus: 35,5 Millionen Kilowattstunden haben die drei Windräder erbracht, obwohl 2022 ein "schwaches Windjahr" war. Die Stimme-Redaktion ordnet die Werte aus dem Bürgerwindpark Bretzfeld-Obersulm ein.

Schwere Sturmböen von 90 bis 100 Kilometer pro Stunde fegten am Dienstag vor einer Woche über die Löwensteiner Berge. Obwohl sie vom Wind leben, war diese Stärke dann doch zu viel für die drei Anlagen bei der Enzwiese an der B39. Die Schwingungssensoren reagierten, so dass die Windräder automatisch abgeschaltet wurden. "Das haben wir drei bis vier Mal im Jahr, wenn überhaupt", sagt Benjamin Friedle.
Nach einem Jahr Windpark Bretzfeld-Obersulm fällt seine Bilanz positiv aus. Der Geschäftsführer des Bürgerwindparks Hohenlohe hat die Zahlen von Februar 2022 bis Februar 2023 analysiert. "Beim Prognose-Ertrag hatten wir fast eine Punktlandung", freut sich der Betreiber.
35,9 Millionen Kilowattstunden sollten die drei Windräder pro Jahr erbringen
Der Standort in der Höhenlage der Obersulmer und Bretzfelder Gemarkung sei absolut der richtige, antwortet Friedle auf die entsprechende Frage. 35,9 Millionen Kilowattstunden, so die Berechnung, sollten die drei Windräder pro Jahr erbringen. Das Ergebnis: 35,5 Millionen Kilowattstunden, was dem Strombedarf von etwa 9300 Haushalten jährlich entspricht. "Und das, obwohl 2022 ein schlechteres Windjahr war als im Durchschnitt."
98 Prozent Verfügbarkeit bezeichnet Friedle als einen relativ hohen Wert für das erste Jahr. Kinderkrankheiten gab es fast keine. Der Antrieb der Rotorblätter benötigte Updates und neue Platinen - "das scheint ein Serienproblem zu sein" - und das bei der Montage beschädigte Rotorblatt des Obersulmer Windrads wurde im Juni zwei Wochen lang in 120 Metern Höhe repariert.
900 Stunden volle Leistung
6390 Stunden - das Jahr hat 8760 Stunden - drehten sich die "Schwingen" der drei Riesen, die mit den beiden Löwensteiner Windrädern auf dem benachbarten Horkenberg die Silhouette, vom Weinsberger Tal aus gesehen, seit vergangenen Februar prägen. 2000 bis 2500 Stunden Stillstand pro Jahr, weil der Wind zu schwach ist und unter zehn Kilometer pro Stunde liegt, sind für Friedle ebenfalls ein normaler Wert.
Aber bei einem ragen die Neuen heraus: Sie haben es auf 900 Stunden volle Leistung von 4500 Kilowatt gebracht. "Bretzfeld-Obersulm ist momentan unser bester Standort, was den Wind angeht", freut sich Friedle. Bei den anderen Windrädern des Unternehmens sind es 600 bis 700 Stunden volle Leistung - also zehn Prozent der Gesamtlaufzeit, was in Deutschland normal sei.
Ökostrom fließt ins Umspannwerk nach Affaltrach und zu den Stadtwerken Schwäbisch Hall
Wohin fließt der erzeugte Ökostrom? Der Ertrag zweier Windräder gelangt durch eine acht Kilometer lange Leitung ins Umspannwerk nach Affaltrach, wo er in die Hauptstromleitung Affaltrach-Weinsberg eingespeist wird. Der Strom des dritten Windrads wird in 1,8 Kilometer Entfernung beim Wüstenroter Chausseehaus ins Netz der Stadtwerke Schwäbisch Hall eingespeist. Vor Ort speichern, das werde noch lange nicht möglich sein, meint Friedle.
Aber er mahnt: "Wenn wir noch mehr erneuerbare Energie erzeugen, kommt unser Stromnetz nicht mehr mit." Das sei auf große Erzeuger - Kohle- oder Kernkraftwerke - ausgerichtet und die Feinverästelung in die Orte. Die Leitungen hätten zu geringe Kapazitäten. "Wir stehen quasi an einer Kreisstraße", zieht Friedle einen Vergleich. "Wir speisen in zwei Kreisstraßen ein. Wir bräuchten aber eine Bundesstraße."
7,5 Cent Einspeisevergütung bekommt der Bürgerwindpark Bretzfeld-Obersulm. Eine geringe Summe angesichts der explodierten Preise am Markt. Im Sommer 2022 habe eine Kilowattstunde mehr als 40 Cent gekostet, jetzt seien es acht bis zwölf Cent, sagt Friedle. Die EEG-Vergütung habe nichts mit den Preisen der Strombörsen zu tun. Die nutzte der Bürgerwindpark jedoch zur Direktvermarktung, so dass 2022 ein Sonderjahr mit Sondereinnahmen gewesen sei, das sich so nicht wiederholen werde.
"Bretzfeld und Obersulm dürfen sich über Gewerbesteuereinnahmen freuen", weist Friedle darauf hin, dass sich nicht nur für die 92 Bürger sowie die sechs Energiegenossenschaften und die Stadtwerke Schwäbisch Hall das Projekt lohnt. Die Verzinsung der Einlagen sei nach wie vor deutlich höher als bei einer Bank. "Und das bleibt auch so", sagt Friedle.
Keine Schlagopfer oder Beschwerden
Zu den Genehmigungsauflagen gehören die Fledermausabschaltung nachts im Sommer bei sehr niedrigen Windgeschwindigkeiten und die Schallreduktion nachts bei viel Wind wegen des Pflegeheims in Stangenbach. Auch bei Schattenwurf auf den Forstlichen Hauptstützpunkt Stollenhof müssen die Windräder still stehen. Es braucht Nistkästen sowie 19 Ersatzgewässer für Gelbbauchunken. Gab es schon Schlagopfer? "Null", sagt Bürgerwindpark-Geschäftsführer Benjamin Friedle. Er weiß von ein paar Eichelbergern und Bärenbronnern, die sich daran störten, dass sie die Windräder hörten.
Beschwerden seien weder bei ihm noch den Kommunen oder den Landratsämtern Heilbronn und Hohenlohe eingegangen. Die Ausgleichsmaßnahmen seien erledigt: die Umwandlung von Acker zu Wald auf 1,6 Hektar und zwei Hektar Aufforstung im Bernbacher Tal. Im April beginnt Forst BW mit der Aufforstung von zwei der 3,2 Hektar gerodeter Waldfläche.
23 Windräder betreibt der Bürgerwindpark Hohenlohe. Sieben weitere Projekte seien in Planung. Wunsch sei ein vierter Riese an der Enzwiese auf Obersulmer Gemarkung.