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Wie geht es weiter bei der Kochertalbahn?

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In Sachen geplanter Reaktivierung der Kochertalbahn sind nun Kreis und Kommunen am Zug: Die genaue Trassenführung und Kostenanteile müssen zügig festgelegt werden. Denn: Im Rennen um Zuschüsse hat man keine Zeit zu verlieren.

von Tamara Ludwig und Christian Nick
 Foto: Ralf Reichert

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und andere Regionen, die um Fördergelder für eine Reaktivierung einst stillgelegter Bahnstrecken buhlen. Denn nur für eine Länge von 100 Kilometern hat das Land bisher zugesichert, die Betriebskosten dauerhaft zu finanzieren. Und rund 30 Projekte mit einer Gesamtlänge von 460 Kilometer wollen dabei zum Zug kommen. Viele offene Fragen sollen laut Kreis in noch nicht terminierten Gesprächen erörtert werden. Offen ist etwa immer noch, wie sich Künzelsau, Kupferzell und Waldenburg an den Kosten beteiligen werden.

Klar ist nur: Die nun folgende und vom Kreistag am 26. Juli beschlossene Infrastrukturplanung kostet drei Millionen Euro, wovon der Hohenlohekreis die Hälfte bezahlt. Für die darauf aufbauende Standardisierte Bewertung, die am Ende den Ausschlag gibt über die Frage der Wirtschaftlichkeit, kommen noch einmal 150 000 bis 200 000 Euro hinzu. Die drei Anliegerkommunen müssen somit insgesamt 1,6 Millionen Euro für diese Planungskosten investieren.

Kritik an Informationspolitik

Ist man dort nun zufriedener mit der Informationspolitik, die vor der Kreistagssitzung vom 26. Juli öffentlich kritisiert worden war? Und: Wurde den Kommunalverwaltungen Näheres zum Zeitplan und den nächsten Schritten mitgeteilt? Dies wollte die HZ wissen. Als Antwort gibt es eine gemeinsame Pressemitteilung von Künzelsau, Waldenburg, Kupferzell - und dem Landratsamt. "In den vergangenen Wochen" habe man sich, so heißt es dort, auf ein "gemeinsames weiteres Vorgehen einigen" können.

Unmittelbar vor besagter Kreistagssitzung wurden die Gemeinderäte und Verwaltungen der drei Kommunen informiert. Allerdings dauerte dieses Treffen in der Künzelsauer Stadthalle nur anderthalb Stunden. Dennoch, so wird mitgeteilt, habe man nun "Antworten auf grundsätzliche Fragestellungen". Der weitere Prozess solle in "enger Abstimmung" gestaltet werden. Wie aber sieht dieser konkret aus?

Dazu teilt das Landratsamt mit: In den nächsten Wochen würden sich Vertreter der Kreisverwaltung, der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) und des Verkehrsministeriums zunächst abstimmen, welche Trassenvariante - mit oder ohne Tunnel - überhaupt weiterverfolgt werde und damit in der Standardisierten Bewertung intensiver geprüft werden soll. Zudem sollen "beispielsweise die Förderbedingungen" mit den beteiligten Akteuren besprochen werden. Die Ausschreibung jener Standardisierten Bewertung sowie weitere Planungen würden "erst stattfinden, wenn sich alle drei Gemeinderäte mit der Thematik befasst haben".

Zweifel an Berechnungen

Menschen schlendern auf dem Fuß- und Radweg in Richtung des Künzelsauer Bahnhofs. Hier könnte die Kochertalbahn im Fall einer Reaktivierung irgendwann wie einst wieder unter der Stuttgarter Straße (B19) hindurchfahren.
Foto: Tamara Ludwig
Menschen schlendern auf dem Fuß- und Radweg in Richtung des Künzelsauer Bahnhofs. Hier könnte die Kochertalbahn im Fall einer Reaktivierung irgendwann wie einst wieder unter der Stuttgarter Straße (B19) hindurchfahren. Foto: Tamara Ludwig  Foto: Ludwig, Tamara

Was sagen die gewählten Vertreter dort? "Ich fühle mich als Gemeinderat überhaupt nicht gut mitgenommen", so Rolf-Dieter Kempis, der im Waldenburger Rat sitzt und aus vielerlei Gründen an der Reaktivierung Kritik übt - insbesondere bezüglich der Berechnung der CO2-Einsparung. Er bestätigt: Es sei noch nicht gewiss, welche der drei Kommunen welchen Anteil an den restlichen Planungskosten übernimmt. "Wir gehen davon aus, dass Künzelsau den Löwenanteil davon trägt. Aber das ist noch nicht geklärt." Die Stimmung in der Waldenburger Bevölkerung bezüglich der Reaktivierung sei gespalten.

In Kupferzell ist laut Gemeinde- und Kreisrat Peter Lemke die große Mehrheit der Bürger gegen das Projekt. Die Info-Veranstaltung vor der Kreistagssitzung am 26. Juli kommentiert er so: "Das war ein Witz." Es habe in so kurzer Zeit gar nicht rückgefragt oder diskutiert werden können. "Das war von vornherein so angelegt." Nach seiner Kenntnis solle die Standardisierte Bewertung rund drei Jahre dauern. "Das ist nicht gut gelaufen", sagt Lemke zum bisherigen Prozess: "Man hätte zuerst das Einvernehmen unter den Kommunen herstellen müssen."

Einigkeit in Künzelsau

Einvernehmen über die Reaktivierung herrscht dagegen allem Anschein nach sowohl in der Künzelsauer Stadtverwaltung wie auch im Gemeinderat. Bürgermeister Stefan Neumann ist sicher, dass man sich in Sachen Finanzierung einig wird. Vorstellbar sei, die Kochertalbahn über den Gewerbepark abzuwickeln. Immerhin seien dort alle drei Anliegerkommunen schon in einem Zweckverband vereint. Künzelsau ist mit 40 Prozent beteiligt, Kupferzell und Waldenburg mit je 30 Prozent. Dies auf die Kosten an einer Reaktivierung zu übertragen, sei ein denkbares Szenario, so Neumann. In absoluten Zahlen wären das für die Standardisierte Bewertung inklusive Infrastrukturplanung je 480.000 Euro für Waldenburg und Kupferzell; für Künzelsau 640.000 Euro. Einen wohl etwas größeren Batzen müsste Künzelsau berappen, wenn man nach Strecken-Kilometern abrechnet, die die Bahn auf der jeweiligen Gemarkung fährt: rund 50 Prozent - je nach Variante etwas mehr. Waldenburg hätte in diesem Szenario den geringsten Anteil.

Verkehrsministerum skizziert die weiteren Schritte

Die Infrastrukturplanung umfasst in der Regel vier Stufen. Wie das Landesverkehrsministerium auf HZ-Anfrage mitteilt, werde üblicherweise erst nach einer ersten "Grundlagenermittlung" und der folgenden "Vorplanung" (Schritte eins und zwei) über die Trassenvariante entschieden. Es sei jedoch auch möglich, dies vorher zu tun, um den Planungsaufwand zu verringern. Sinnvoll sei aber, das Verkehrsministerium in diese kommunale Entscheidung einzubeziehen. Genau das wollen Kreis und Kommunen in den nächsten Wochen beherzigen. In den Stufen drei und vier der Infrastrukturplanung folgen die "Entwurfs- und Genehmigungsplanung", parallel geht es in die Standardisierte Bewertung. Diese dauere zwölf bis 36 Monate.

 
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