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Weichenstellung für Reaktivierung der Kochertalbahn steht bevor

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Der Kreistag entscheidet demnächst über die weitere Vorplanung. Die drei Anlieger-Kommunen werden offiziell wohl erst danach informiert. Welche Fragen sind noch offen - und wie könnten Lösungen aussehen?

von Christian Nick
Wird eine Stadtbahn künftig bis nach Künzelsau fahren? Was per Bildmontage ganz einfach ist, bringt in der Realität noch viel Klärungsbedarf mit sich. Doch der Kreis wird wohl bald in weitere Schritte zur Reaktivierung einsteigen.
Wird eine Stadtbahn künftig bis nach Künzelsau fahren? Was per Bildmontage ganz einfach ist, bringt in der Realität noch viel Klärungsbedarf mit sich. Doch der Kreis wird wohl bald in weitere Schritte zur Reaktivierung einsteigen.  Foto: Montage

Vieles ist schon gesagt und geschrieben worden zur Reaktivierung der Kochertalbahn: Über 130 Seiten lang ist etwa die von den Kreisen Hohenlohe und Schwäbisch Hall in Auftrag gegebene und im März vorgelegte Machbarkeitsstudie, die zu einem positiven Ergebnis kam, was die Wirtschaftlichkeit betrifft.

Deshalb könnte das Projekt auch gefördert werden. Nach der aktuellen Kostenschätzung von 274,1 Millionen Euro für die Tunnel-Lösung würde der Bund 217,1 Millionen Euro, das Land 32,8 Millionen sowie der Kreis und die drei Kommunen 24,2 Millionen Euro zahlen.


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Zwischen Kupferzell und Gaisbach würde eine neue Trasse entstehen. Sie führt bis zum Neubaugebiet Haselhöhe in Sichtweite von Würth. An diesem Punkt begänne die Tunnel-Variante oder die längere Strecke durchs Künsbachtal.
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Die Entscheidung in Sachen Kochertalbahn-Reaktivierung muss rasch fallen


Debatte schon Ende Juni?

Doch viele Fragen sind noch ungeklärt. Aktuell die wichtigste: Geht der Kreis nun den nächsten Schritt - und beschließt die verpflichtende Vorplanung, welche später in die entscheidende Standardisierte Bewertung mündet? Erstere kostet bis zu drei Millionen Euro, zweitere dann nur noch 150 000 Euro.

Nach Stimme-Informationen soll die Debatte samt Votum wohl noch vor der Sommerpause stattfinden. Konkret: bei der Kreistags-Sitzung am 26. Juni. Kreis-Sprecherin Madleen Federolf möchte das auf Anfrage allerdings nicht dezidiert bestätigen: Die Entscheidung werde "in einer der kommenden Sitzungen erfolgen", heißt es vage.

Sollte es tatsächlich der 26. Juni sein, wäre folgender Fakt bemerkenswert: Die Kommunen Künzelsau, Kupferzell und Waldenburg, die wegen der direkten Kostenbeteiligung am stärksten betroffen wären, würden offiziell erst danach informiert. Denn: Just einen Tag später - am 27. Juni - soll es in der Künzelsauer Stadthalle einen nicht-öffentlichen Termin geben, bei dem Gespräche zwischen Kreisvertretern, Verwaltungschefs sowie den Mitgliedern aller drei Gemeinderäte stattfinden werden. Das würde bedeuten: Die kommunalen Gremien und auch deren Kreisräte bekämen erst ex post Informationen und Stimmungsbilder, welche sie doch eigentlich für jene Entscheidung benötigen, die ein Großprojekt weiter auf die Schiene setzt und auf Jahrzehnte hinaus Weichen der Verkehrs-Infrastruktur im Kreis stellt.

Auch wenn es sich nur um eine weitere Vorplanung und nicht um den Baubeschluss handelt, gibt es Unmut an der Basis: "Ich finde das nicht gut", sagt der Kupferzeller Kreisrat Peter Lemke. "Das müsste eigentlich andersrum laufen." Er fühle sich als Kreisrat bislang keineswegs ausreichend informiert.

Auch Waldenburgs Rathauschef Bernd Herzog bedauert: "Gut wäre anders." Seine Stadtverwaltung habe jedenfalls auf ein vor der Kreistags-Sitzung terminiertes Gespräch gedrängt. Aber: Dies sei offenbar aus terminlichen Gründen nicht möglich gewesen, so der Bürgermeister. Es sei jedoch gut, dass jetzt überhaupt einmal "ordentlich informiert" werde. Herzog zeigt sich weiterhin "grundsätzlich skeptisch", betont aber: In Waldenburg sei man bereit, sich mit den Reaktivierungs-Plänen ergebnisoffen zu beschäftigen - obgleich seine Stadt "wohl den geringsten Nutzen davon und am wenigsten Emotion dafür" habe.

BI-Vorsitzender strotzt vor Zuversicht

Eine wiederbelebte Kochertalbahn würde für Waldenburg auch bedeuten, dass dort ein Umsteigeknoten entsteht: "Man wird zwar ohne Umstieg von Künzelsau nach Öhringen fahren können, muss aber von Künzelsau nach Hall dort umsteigen", erklärt Christian von Stetten, CDU-Kreisrat und Vorsitzender der Bürgerinitiative für die Kochertalbahn. Das sei doch für die Waldenburger eine tolle Sache: "Jede deutsche Stadt ringt gerade darum, dass bei ihr zugestiegen wird." So müssten die Einwohner selbst nicht mehr umsteigen, argumentiert er.

Doch wenn dann Hunderte oder gar Tausende Menschen zusätzlich den Waldenburger Bahnhof frequentieren - die Machbarkeitsstudie prognostiziert bei einer Kochertalbahn-Reaktivierung täglich insgesamt zwischen 1600 und 2200 Fahrgäste mehr - , bräuchte es dort nicht nur mehr Gleise, sondern wohl auch mehr räumliche Kapazität in jenem Gebäude, das aktuell auch der Unterbringung Geflüchteter und als Sitz der Kulturkneipe Gleis 1 dient.

Es sei jedenfalls "nicht auszuschließen, dass man dann mehr Platz schaffen muss", so der Waldenburger Bürgermeister, der angesichts der hohen gemeindlichen Mitfinanzierung immer noch am "Mehrwert des Projekts für Gemeinden und Gesellschaft" zweifelt. Von Stetten stellt den zwei kleinen Kommunen hier eine Lösung in Aussicht: Es könne sein, sagt er, dass sich die Stadt Künzelsau bereiterkläre, einen höheren Kostenanteil zu tragen.

Eine andere Sorge an der Basis ist das Parallelbedienungsverbot: In Kupferzell etwa fürchtet man, dass Teilorte wie Füßbach vom Busverkehr abgehängt werden könnten. Von Stetten zeigt sich hier pragmatisch. Man könne "politisch" Lösungen finden: "Wenn der Bus ein, zwei Kilometer parallel fährt, um etwa Außenhöfe anzubinden, gibt es da durchaus Spielräume."

Spielraum soll unterdessen auch noch bei der möglichen Streckenführung existieren: "Es gibt unterschiedlichste Planungen, die da in der Schublade liegen." Nach Stimme-Informationen könnte die Verkürzung des geplanten Tunnels zwischen Gaisbach und Künzelsau eine Option sein. Von Stettens Optimismus jedenfalls ist ungebremst: "Wir bauen das Ding!" Denn gerade fielen "alle positiven Faktoren dafür zusammen", sagt er unter Verweis auf die hohen Fördersummen. 

 
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