Warum es in Kupferzell Unmut über das Verhalten des Bürgermeisters gibt
500.000 Euro mehr - ohne Kenntnis des Kommunalparlaments: Rathauschef Christoph Spieles informierte die Gemeinderäte erst Monate später über die hohen Mehrausgaben bei der Neugestaltung des Schulgeländes.

Das Ergebnis ist schön, die Umstände eher weniger: So lautete das Fazit der Gemeinderäte, als bei der jüngsten Ratssitzung die Kostenaufstellung des achtjährigen Umbaus samt Generalsanierung der Johann-Friedrich-Mayer-Schule öffentlich präsentiert wurde. Der neue Schulcampus ist wohlgeraten - und ein Bildungs-Leuchtturm mit Strahlkraft weit über Kupferzell hinaus.
Insgesamt 19,7 Millionen Euro - der Eigenanteil der Kommune liegt bei 17,07 Millionen - haben die Sanierung von Haus A, Neubau der Mensa, Umbau der Bibliothek und der Bau des Kleinen Lernhauses sowie neuer Außenanlagen gekostet.
Seit Wochen gärt es
Über die Jahre war es immer teurer geworden: Höhere Preise für Material und Handwerker - und 2019 hatte der Rat beschlossen, angesichts steigender Schülerzahlen zusätzliche 900.000 Euro zu investieren. Insgesamt fielen seit 2014 rund 1,23 Millionen Euro an Mehrkosten an, die nicht im ursprünglichen Budget eingeplant waren. Die Preisexplosion wurde seit 2019 nur nicht-öffentlich im Gremium beraten.
Die Verteuerung an sich - für die Räte nachvollziehbar und logisch. Großen Unmut gab und gibt es im Kupferzeller Gemeinderat indessen über die Informationspolitik der Verwaltung. Denn: Im Dezember 2020 wurde die neue Außengestaltung des Schulhofs mit Spielgeräten fertiggestellt - und erst ein Jahr später erfuhren die örtlichen Kommunalpolitiker dann, dass hierbei die Planansätze um exakt 561.000 Euro überschritten worden waren.

Die Verwaltung hatte Arbeiten ausführen lassen, ohne sich dafür im Vorfeld die Zustimmung der Räte zu holen oder diese wenigstens zeitnah über die Verteuerung zu informieren. Pikant auch: Nach Informationen der Hohenloher Zeitung kam der - verspätete - Hinweis hierzu an die Räte nicht von Bürgermeister Christoph Spieles, sondern aus den Reihen der Kämmerei. Erst im Winter 2021 erfuhren sie von der massiven Preissteigerung. Seit Wochen gibt es diesbezüglich Unruhe im Gremium.
Wie konnte es zu dieser fatalen Informationspolitik kommen? Im Vorfeld sei vieles nicht erkennbar gewesen, sagt Bürgermeister Christoph Spieles auf Nachfrage der Hohenloher Zeitung: "Es war etwa nicht absehbar, dass der Boden des Hangs, auf dem die Außenanlagen liegen, komplett ausgetauscht werden musste."
Dass der Gemeinderat dabei übergangen wurde? Dies sei ein "Fehler" gewesen, konzediert Spieles: Man habe schlicht "versäumt", den Beschluss einzuholen. Er postuliert jedoch, der Rat sei "zumindest über Teile informiert" gewesen.
Nachdem die Wogen ob des Verhaltens des Rathauschefs bereits unter Ausschluss der Öffentlichkeit mehrfach hochkochten, war bei der öffentlichen Sitzung vonseiten der SPD- und FWV-Fraktion nun das Bemühen sichtbar, grundsätzlich den Schulterschluss mit der Verwaltung zu demonstrieren. Dennoch: Deutliche Kritik gab es auch aus diesen Reihen. "Unglücklich" sei die Sache gelaufen, so etwa Volker Baumann (FWV). "Das hätte transparenter sein können." Auch SPD-Rätin Anke Weiß beklagte "Kommunikationsschwierigkeiten". Wichtig sei, dass daraus "gelernt" werde. Sie hoffe, dass "jetzt Ruhe einkehrt".
"Wurden an der Nase herumgeführt"
Deutlich expliziter fällt hingegen die öffentliche Kritik vonseiten der UWG-Fraktion aus: "Mir gefällt nicht, wie wir hier an der Nase herumgeführt wurden", so Peter Lemke zur HZ. Und sein Kollege Jürgen Häckel sagt: "Aus meiner Sicht liegt hier ein Verstoß gegen die Gemeindeordnung sehr nahe." Ist das so?

Nachfrage bei Arne Pautsch, Professor für Öffentliches Recht und Kommunalwissenschaften an der Hochschule für Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg: "Es dürfte jedenfalls ein Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht des Bürgermeisters gegenüber dem Gemeinderat nach Paragraf 43 Absatz 5 der Gemeindeordnung vorliegen", so der Experte. Und: "Auch haushaltsrechtlich dürfte angesichts der Summe mit Blick auf Paragraf 84 Gemeindeordnung ein Problem bestehen." Denn solch eine außerplanmäßige Aufwendung sei wohl kaum mehr durch die Voraussetzungen der Norm gedeckt.
Spieles sagt zur Einschätzung des Verwaltungsrechtlers: Durch die nun - mit reichlich Verspätung und sieben Enthaltungen - vollzogene Zustimmung des Rats zur Verteuerung sei die Sache aus seiner Sicht rechtlich "geheilt". Eine "teilweise" Missachtung der Informationspflicht bestreite er jedoch nicht.


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