Warum der Zebrastreifen durch eine Fußgängerampel ausgetauscht wird
Seit Jahren kämpfen die Schöntaler für Tempo-50-Schilder auf diversen Straßen. Vor allem auf der Brückenstraße in Westernhausen, wo viele Kinder entlang gehen. Nun ist klar: Das wird nicht funktionieren, statt dessen fällt sogar ein Fußgängerüberweg weg.

"Einen größeren Schildbürgerstreich kann ich mir nicht vorstellen." Die Worte von Ratsmitglied Bernd Haidt fasst die Stimmung bei der jüngsten Sitzung des Schöntaler Gemeinderats zusammen. Denn Vertreter des Landratsamtes hatten zuvor darüber aufgeklärt, weshalb die seit Jahren gewünschten Geschwindigkeitsbegrenzungen in diversen Schöntaler Teilorten nicht möglich sind.
Doch vor allem für die Westernhäuser Bürger gab es an diesem Abend eine ärgerliche Nachricht: Statt der gewünschten Temporeduktion auf der Brückenstraße wird hier der Fußgängerüberweg auf der Jagsttalstraße wegfallen - dieser ist nicht zulässig.
Dicker Ordner zur Brückenstraße
"Der Ordner, den wir hier mittlerweile haben, ist zehn Zentimeter dick", weißt Heike Schmidt vom Straßenverkehrsamt des Kreises auf die zahlreichen Anträge alleine zur Brückenstraße in Westernhausen hin. Denn seit Jahrzehnten fordern Schöntals Bürger hier Tempo-50- oder Tempo-70-Schilder. Auf dem kurzen Stück zwischen dem Ortsschild am Ende von Westernhausen und der Einmündung in die Jagsttalstraße ist nämlich genau genommen Tempo 100 erlaubt. Doch sei es das Engagement vieler Bürger oder eine Unterschriftenaktion, bisher scheiterte jeder Versuch, hier eine Temporeduzierung zu bekommen.
"Es geht aus rechtlichen Gründen nicht", erklärt Schmidt. "Die Brücke verbindet zwar zwei Siedlungen, aber trennt diese auch." Das Problem sei, dass es keine Erschließung gibt. Patrick-Götz Hauser vom Dezernat für Verkehr ergänzt, dass eine besondere Gefährdungslage noch eine Möglichkeit gewesen wäre. Aber: "Ich war schon mehrfach vor Ort, um zu schauen, wie sich die Verkehrsteilnehmer verhalten." Doch seiner Erkenntnis nach seien "die Leute immer sehr angepasst gefahren, es waren keine übertrieben hohen Geschwindigkeiten dabei."
Plädoyer an Eigenverantwortung
Zudem plädieren die beiden Landratsamtvertreter an die Eigenverantwortung: "Es ist Pflicht, langsamer zu fahren, wenn man etwa Kinder sieht", so Hauser. Ein "Schilderwald", so erklärt Schmidt, würde zudem nicht mehr die Wirkung entfalten und eher ignoriert werden. Da jedoch hier sowohl der Sportplatz als auch der Schulweg und eine Bushaltestelle seien, gebe es seit vergangenem Jahr "Schulweg kreuzt"-Schilder, welche die Fahrer zur Vorsicht animieren sollen, so Schmitt.
Verständnis ernten die beiden jedoch kaum. "Da laufen Kinder in den Kindergarten, dort ist das Sportgelände und es sind viele Räder unterwegs, dort sollte man keine 100 fahren", so Ratsmitglied Herbert Göker. Es folgt eine lange Diskussion über Polizeistatistiken, 40er-Umwelt-Zonen und andere Kommunen, in denen Geschwindigkeitsreduzierungen erlaubt seien.
Fußgängerüberweg an Jagsttalstraße fällt weg

Schockiertes Schweigen herrscht, als Schmidt die noch schlechtere Nachricht formuliert: "Das Regierungspräsidium war draußen auf der Brückenstraße und der Fußgängerüberweg an der Landesstraße ist nicht rechtens, das ist außerorts nicht zulässig, der wird wegkommen." Das seien "wirklich schlechte Nachrichten", befindet Bürgermeister Joachim Scholz. "Das ist eine Katastrophe", erklärt Ratsmitglied Rüdiger Volk. "Man fühlt sich ohnmächtig und wütend als Bürger", so Irmgard Retzbach. "Es gibt überhaupt keine Chance, etwas zu ändern. Vielleicht haben sich die zweimal als sie da waren, alle korrekt verhalten, aber so ist das normalerweise nicht."
Der Rückbau des Fußgängerüberweges wird Geld kosten, "das zieht einen riesigen Rattenschwanz nach sich", so Heike Schmidt. "Das heißt, auch das Tempo 50 kommt weg." Stattdessen wird hier eine "Bedarfsampel" entstehen.
Auch keine Tempo-Reduzierung in anderen Teilorten
Auch für die anderen Teilorte erklären die beiden Landratsamtvertreter, weshalb die geforderten Geschwindigkeits-Reduzierungen nicht möglich sind. Die Begründungen ähneln sich: Eine Ortstafelverschiebung, also Tempo 50, geht nur bei geschlossener Bebauung mit Zufahrten zu angrenzenden Grundstücken, oder bei Unfallhäufung. Was jedoch kommen wird, sind die Tempo-30-Zonen, die beantragt wurden, etwa in Marlach (wir berichteten.) Derzeit fährt das Landratsamt die betreffenden Teilorte ab, erklärt Schmidt am Ende.
Zum Schmunzeln im Rat führt der Hinweis auf illegale Schilder in Oberkessach. "Die haben die falsche Größe, ich weiß nicht, wer sich das überlegt hat", so Schmidt. "Jetzt sah ich mich schon mit einem Bein im Gefängnis", kommentiert der Bürgermeister lachend. "Aber da war ich noch gar nicht im Amt."