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Von Künzelsau nach Mergentheim: Regiobus als Bahnzubringer nur selten genutzt

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Eine Testfahrt mit der Regiobuslinie 19 offenbart Mängel: etwa beim WLAN und beim Bezahlen. Die absoluten Fahrgastzahlen sind okay, aber der Hauptzweck eher verfehlt, Künzelsau so verlässlich ans Schienennetz anzudocken, dass Bürger dies auch nutzen.

Andi Schickner hat den erweiterten Regiobus 19 auch am 2. Oktober sicher und pünktlich von Künzelsau (links) an den Bahnhof in Bad Mergentheim gesteuert. Nur das WLAN funktionierte nicht.
Fotos: Ralf Reichert
Andi Schickner hat den erweiterten Regiobus 19 auch am 2. Oktober sicher und pünktlich von Künzelsau (links) an den Bahnhof in Bad Mergentheim gesteuert. Nur das WLAN funktionierte nicht. Fotos: Ralf Reichert  Foto: Reichert, Ralf

Künzelsau hat keinen Schienenanschluss. Stark erweiterte und eng getaktete Regiobuslinien erledigen seit geraumer Zeit das, was Züge hier nicht leisten können: das Mittelzentrum verlässlich von früh morgens bis spät abends mit der Tauberbahn in Bad Mergentheim und der Hohenlohebahn in Waldenburg zu verbinden. Unter der Woche ebenso wie am Wochenende. Im Stundentakt geht es voran. Mindestens.

Doch wie kommt das Angebot an? Und wird der Hauptzweck erfüllt? Vor vier Jahren machte die HZ die Probe aufs Exempel und fuhr mit im Bus vom Kochertal ins Taubertal. Nun folgte die nächste Testfahrt: am Montag, 2. Oktober. Abfahrt: 18.20 Uhr in Künzelsau. Ankunft: 19.17 Uhr am Bahnhof Bad Mergentheim.


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Regiobus als Bahnzubringer: Das ist der erste Eindruck

Die Linie 19 ist pünktlich, die Sitze sind bequem, die Klimaanlage kühlt angenehm, Rollstuhlfahrer könnten problemlos einsteigen. Nur das WLAN funktioniert nicht. Wie damals, bei der Tour im September 2019. Schnell, komfortabel und behindertengerecht sollen sie sein, die aufgestockten Regiobuslinien. Das passt. Und so zuverlässig, dass die Anschlusszüge in den Bahnhöfen stets erreicht werden können.

Auch das klappt an diesem 2. Oktober: Um 19.22 Uhr geht es weiter Richtung Crailsheim, um 19.36 Uhr Richtung Lauda. Doch nur ein Fahrgast, der in Künzelsau eingestiegen ist, fährt mit dem Zug weiter. Und das mit dem kostenlosen WLAN ist wohl ein Versprechen, das auch nach gut sieben Jahren nicht immer eingelöst wird, wie Fahrgäste bestätigen.

Probleme beim Bezahlen des Einzeltickets

Wer kein Dauerticket hat und die Einzelfahrt bar bezahlen möchte, sollte zudem genügend Kleingeld dabei haben. Beim Einstieg in Künzelsau zückt der HZ-Tester einen 50-Euroschein. Kleiner hat er es nicht. Der Fahrer winkt ab. Kann man stattdessen mit EC-Karte zahlen? Nein. Also einigt man sich darauf, den Geldschein am Bahnhof in Bad Mergentheim zu wechseln, dort hat der Bus 20 Minuten Pause.

Student aus Tauberbischofsheim nutzt Angebot rege

Pravin Kantharasa wohnt in Tauberbischofsheim und studiert seit März 2023 an der Reinhold-Würth-Hochschule. Jeden Morgen fährt er mit der Tauberbahn in die Kurstadt und von dort aus mit dem Regiobus 19 nach Künzelsau. Abends geht es zunächst per Bus und dann mit der Bahn zurück in die Heimat.

Das mobile Kombi-Angebot kam für den 19-Jährigen wie gerufen, nachdem er in Würzburg nicht Wirtschaftsingenieurwesen studieren konnte und stattdessen in Künzelsau fündig wurde. Verspätungen seien sehr selten. "Aber das WLAN funktioniert seit dem Semesterstart nicht." Davor war alles okay. Um Vorlesungen oder Seminare vorzubereiten oder weiter zu lernen, möchte er während der Fahrt schon online sein.

Die meisten Fahrgäste nutzen wohl nicht die Bus-Bahn-Kombi

Das Land fördert die erweiterten Buslinien nach Kräften, auch der Hohenlohekreis trägt einen Teil der Mehrkosten. Das Hauptziel ist, Künzelsau auf diesem Weg so verlässlich wie möglich an das nächstgelegene Schienennetz anzudocken. Pravin Kantharasa weiß dies zu schätzen. Aber er glaubt nicht, dass viele andere es ihm gleichtun.

 Foto: Reichert, Ralf

Bei der jüngsten Testfahrt steigen 15 Personen in Künzelsau ein und acht in Krautheim aus, in Dörzbach sind noch fünf an Bord, am Bahnhof in Mergentheim noch drei, wovon nur der Student mit dem Zug weiterfährt. Bei der HZ-Tour 2019 war das ähnlich. Auch bei späteren Nachfragen verfestigt sich dieses Bild. Eine Anfrage beim Kreis ergibt, dass gar nicht erhoben wird, wer ab Mergentheim oder Waldenburg die Schiene nutzt oder von der Bahn in den Bus nach Künzelsau steigt.

Schüler, Berufspendler und Freizeitnutzer dominieren

Klar ist nur, dass die meisten Nutzer zwischen Künzelsau und Bad Mergentheim Schüler und Berufspendler sind, gefolgt von Fahrgästen, die in der Freizeit zwischen Taubertal, Jagsttal und Kochertal pendeln und die gute Taktung vom Morgengrauen bis Mitternacht nutzen, um zu shoppen, Feste zu besuchen oder Natur oder Kultur zu genießen.

Befragungen des Kreises legen dies nahe. Andi Schickner, der den Bus am 2. Oktober steuert, weiß nicht, wer und wie viele Fahrgäste auf die Bahn umsteigen oder umgekehrt. "Das steht ja nicht auf ihren Stirnen. Die meisten sind ohnehin sprachfaul." So erfahre er auch nie, wenn das WLAN streike.

15 Gäste pro Fahrt, das ist ganz ordentlich

Dafür könne er sagen, dass sich die aufgestockte Regiobuslinie 19 bewährt habe - gemessen an den reinen Nutzerzahlen. Über tausendmal sei er die Strecke schon gefahren. Egal ob morgens, mittags oder spät abends, an Werktagen oder am Wochenende: "Zwischen fünf und 25 Leute sind immer drin, manchmal ist der Bus auch voll."

Das entspricht den erhobenen Zahlen von 2022, als montags bis freitags pro Fahrt im Schnitt 15 Gäste, samstags zwölf und sonn- und feiertags sechs gezählt wurden. Die Busse haben 45 Plätze und sind damit übers ganze Jahr gerechnet zu etwa einem Drittel ausgelastet.

Land und Kreis teilen sich die Mehrkosten

Seit 12. Dezember 2016 fährt die Regiobuslinie 19 nach dem erweiterten Schema. Das Land erstattet pro Jahr die Hälfte der Mehrkosten, der Hohenlohekreis die restlichen 50 Prozent zuzüglich 100 000 Euro. Allerdings sind die Fahrgastzahlen seit Corona gesunken und hatten 2022 noch nicht das Niveau von 2019 erreicht. Damals wurden 382 512 Nutzer ermittelt, letztes Jahr waren es 240 423 - nach 149 605 im Jahr 2020 und 170 904 im Jahr 2021.

 
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